Putins Rocker: "Nachtwölfe" gründen offenbar Ableger in Deutschland

Bielefeld. Der russische Rocker-Club "Nachtwölfe" hat sich offenbar in Deutschland gegründet. Entsprechende Recherchen dieser Redaktion bestätigte ein Sprecher des deutschen Ablegers. Doch was hat es genau damit auf sich? Der Motorradclub mit Nähe zum Kreml stammt aus Russland. Der Chef der "Nachtwölfe" gilt als Vertrauter des Präsidenten Wladimir Putin, die Rocker kämpften beispielsweise auf der Krim für Russland. Jahr für Jahr pilgert der Rocker-Club nach Berlin, um im Mai den Tag der Befreiung zur Erinnerung an das Kriegsende 1945 zu feiern. In diesem Jahr schaffen es die russischen Rocker aber nicht in die Hauptstadt. Der Grund: Die Mitglieder dürfen nicht in die EU reisen. Dennoch sind "Nachtwölfe" aktuell auf den deutschen Straßen unterwegs. Dabei handelt es sich offenbar um einen neu gegründeten Ableger der Rocker in Deutschland und mit deutschen Mitgliedern, wie Recherchen dieser Redaktion ergaben. Offenbar Mitglieder zu Gast bei Rechtsextremen in OWL Erst vor wenigen Wochen waren Mitglieder der deutschen "Nachtwölfe" offenbar auch in der Region Ostwestfalen-Lippe unterwegs. Sie besuchten demnach im April eine Party des rechtsextremen Youtubers und Chef des Motorradclubs "Brothers Guard" Tim K. in Horn-Bad Meinberg. K. und seine Rocker bedankten sich später in sozialen Medien beim "Nachtwölfe MC Germany" für den Besuch. Auf mehreren Bildern sind Männer in dunklen Rocker-Kutten mit kyrillischer Aufschrift zu sehen. Dieser Redaktion ist es gelungen, Mitglieder des mutmaßlichen "Nachtwölfe"-Ablegers aus Deutschland ausfindig zu machen und zu kontaktieren. Ein Sprecher bestätigte dieser Redaktion: "Wir sind tatsächlich ein deutscher Ableger der 'Nachtwölfe'." Demnach werde die deutsche Organisation in zwei Untergruppen unterteilt: Nord und Süd. "Womöglich folgen künftig weitere Unterteilungen", so der Sprecher. Gegründet habe man sich zu Beginn des Jahres 2023, man gelte hierzulande noch als Prospect-Chapter, also Anwärter. "Nachtwölfe" kaum mit Hells Angels und Co. vergleichbar Der Sprecher, der nach eigenen Angaben aus Süddeutschland kommt und anonym bleiben möchte, berichtet, dass er bereits seit 2015 Mitglied der "Nachtwölfe" sei. Zuvor sei er in einem Chapter mit Mitgliedern aus Europa (zwischen Russland und Deutschland) organisiert gewesen. "Also aus denjenigen, die die jährlichen Fahrten am 9. Mai organisierten", sagt der Sprecher. Das Chapter habe keinen festen Sitz gehabt, nannte sich übersetzt "Straße des Sieges". Aus den deutschen Mitgliedern sei größtenteils nun der Ableger in Deutschland entstanden. Deutsche Behörden sehen in den "Nachtwölfen" keine klassische Rocker-Gruppe, wie beispielsweise die Hells Angels und die Bandidos, die auch in der organisierten Kriminalität aktiv sind. "Vielmehr handelt es sich um eine politisch aktive, russische und kremltreue Organisation mit einem bis auf wenige Ausnahmen auf Russland beschränkten Agitationsbereich", sagt ein Sprecher des NRW-Innenministeriums. Über Straftaten von "Nachtwölfen" in NRW habe man keine Erkenntnisse. Wissen Behörden von Gründung? Der Sprecher des deutschen "Nachtwölfe"-Ablegers distanziert sich im Gespräch ausdrücklich von Krieg in jeglicher Form – nennt den russischen Angriff auf die Ukraine aber "Spezialoperation". Ein Ausdruck, der von der russischen Propaganda verbreitet wird, um den Angriff zu rechtfertigen. Eine Distanzierung von Putin oder seiner Ideologie bleibt aus. Dass sich ein Ableger der "Nachtwölfe" in Deutschland gegründet hat, ist offenbar selbst den Behörden neu. Das Bundeskriminalamt wollte sich vor einigen Tagen nicht zu einem möglichen Chapter hierzulande äußern. Den Sicherheitsbehörden in NRW (Verfassungsschutz und Landeskriminalamt) sei ein Ableger nicht bekannt. Unterstützer schon länger in Deutschland und NRW Bekannt ist aber die Organisation "Russkie Motocyklisti International" (RMI, "Russische Motorradfahrer International"), die in der jüngsten Vergangenheit immer wieder aufgefallen ist. Dabei handelt es sich laut Behörden um eine Unterstützergruppe, die ihr Logo und die Erscheinungsform den "Nachtwölfen" angelehnt haben. Der Sprecher des deutschen Ablegers bestätigt das. Ein Sprecher des NRW-Innenministeriums betont mit Blick auf die "Nachtwölfe": "Angesichts des Selbstverständnisses der RMI als Supporterorganisation ist davon auszugehen, dass Kennverhältnisse zwischen den Mitgliedern beider Organisationen bestehen." Einzelne Mitglieder der RMI kommen aus NRW, die sich generell als loser Zusammenschluss organisieren. Die Behörden sehen auch in dieser Gruppe keine klassischen Rocker-Strukturen, sondern eher eine Organisation mit politischem Charakter. Ein Sprecher des NRW-Innenministeriums: "Die Ausrichtung der Gruppierung ist folgerichtig russisch-nationalistisch; die Gruppierung kann nach hiesigen Erkenntnissen eindeutig dem 'Pro-Putin'-Lager zugerechnet werden. Durch veröffentlichte Meinungen auf Social Media, entsprechenden Versammlungen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg sowie weiterem Informationsaufkommen wurde eine zunehmende Vernetzung der Anhänger der RMI mit rechtspopulistischen oder -extremistischen Agitatoren bis hin zu gemeinsamen Kundgebungen offenbar."

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