Ergebnisse der Landtagswahlen

Grüne siegen klar in Baden-Württemberg - SPD in Rheinland-Pfalz vorn

Bei den Landtagswahlen hält sich in Baden-Württemberg Regierungschef Kretschmann als "Evergreen", in Rheinland-Pfalz dürfte Malu Dreyer an der Macht bleiben. Die CDU erleidet bittere Niederlagen.

SPD-Spitzenkandidatin Malu Dreyer äußert sich nach den ersten Prognosen zum Ergebnis. | © AFP

15.03.2021 | 15.03.2021, 06:40

Mainz/Stuttgart (dpa). Souveräne Siege für die Amtsinhaber, krachende Niederlage für die CDU: Bei den Landtagswahlen zum Auftakt des Superwahljahrs haben sich die Grünen in Baden-Württemberg und die SPD in Rheinland-Pfalz klar als stärkste Kraft behauptet. Sechs Monate vor der Bundestagswahl stürzte die CDU mit ihrem neuen Parteichef Armin Laschet auf historisch schlechte Ergebnisse ab. In beiden Ländern könnten SPD, FDP und Grüne nun laut den vorläufigen Ergebnissen ein Ampel-Bündnis schmieden - und die CDU als je zweitstärkste Kraft außen vor lassen.

Bei beiden Wahlen waren nach Analysen von Wahlforschern die populären Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und Malu Dreyer Garanten für den Erfolg. Zugleich wurden demnach die CDU-Spitzenkandidaten als farblos und ihre Landesverbände als wenig kompetent wahrgenommen.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble sieht in den Ergebnissen kein Signal für die Bundestagswahl im Herbst. "Das war eine Wahl der Persönlichkeiten", sagte der CDU-Politiker in der ARD. Die Persönlichkeiten der beiden Regierungschefs hätten "mit weitem Abstand" den Ausschlag gegeben. "Für die CDU ist es kein schöner Abend", räumte Schäuble ein. "Aber das war vorhersehbar." Es gehe jetzt darum, Stabilität sicherzustellen in beiden Bundesländern.

Grüne: Rekord in Baden-Württemberg und bundesweit

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) gibt bei der Wahl in Baden-Württemberg seine Stimme ab. Gewählt wurde auch in Rheinland-Pfalz. - © picture alliance/dpa
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) gibt bei der Wahl in Baden-Württemberg seine Stimme ab. Gewählt wurde auch in Rheinland-Pfalz. | © picture alliance/dpa

Mit dem 72-jährigen Kretschmann, seit zehn Jahren erster und einziger Ministerpräsident der Grünen, gewann die Öko-Partei in Baden-Württemberg dem vorläufigen Ergebnis zufolge 32,6 Prozent und 58 Sitze - ein Rekord sowohl im Land als auch bundesweit. Die CDU mit Kultusministerin Susanne Eisenmann an der Spitze schaffte nur 24,1 Prozent (42 Sitze) - ein historisch schlechtes Wahlergebnis in der einstigen CDU-Hochburg Baden-Württemberg.

Die Sozialdemokraten kamen auf 11,0 Prozent (19 Sitze), die Freidemokraten auf 10,5 Prozent (18 Sitze). Wahlsieger Kretschmann könnte nun seine Koalition mit der CDU als Juniorpartner fortsetzen oder aber auf ein Bündnis mit SPD und FDP umschwenken. Er kündigte an, mit allen Parteien außer der AfD über mögliche Bündnisse zu sprechen.

Kretschmann sagte weiter, nicht nur die Corona-Krise erfordere nun Kreativität, Besonnenheit und Entschlossenheit. Es gelte auch, den Klimawandel zu begrenzen, den Strukturwandel der Wirtschaft zu meistern und die liberale Demokratie zu verteidigen.

Eisenmann will nun die Verantwortung für den Absturz der CDU übernehmen und strebt keine führende Rolle in der Partei mehr an, wie die bisherige Kultusministerin am Abend sagte. Es sei ein "enttäuschendes und desaströses Wahlergebnis".

Die Parteispitze der Grünen reagierte hocherfreut auf die Wahlerfolge. "Es ist ein super Start ins Superwahljahr", sagte Parteichef Robert Habeck. "Weitsicht und Pragmatismus" seien nun der Auftrag an die Grünen als gesamte Bundespartei aus diesem Wahlabend.

Dreyer: "Glücklicher Abend"

In Rheinland-Pfalz kommt die SPD mit der 60-jährigen Dreyer an der Spitze laut vorläufigem Ergebnis auf 35,7 Prozent und 39 Sitze. Die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Christian Baldauf rutscht dagegen auf 27,7 Prozent (31 Sitze) ab - das schlechteste Ergebnis für die Christdemokraten in dem Bundesland. Der 53-Jährige hatte es im Wahlkampf unter massiven Corona-Beschränkungen schwer, gegen die parteiübergreifend beliebte Dreyer zu punkten. Die Grünen konnten mit 9,3 Prozent und 10 Sitzen ihr Ergebnis von 2016 erheblich verbessern. Die FDP kam auf 5,5 Prozent (6 Sitze). Neu in den Landtag einziehen werden die Freien Wähler mit ebenfalls 6 Sitzen. Sie lagen bei 5,4 Prozent.

Damit ist die von Dreyer angestrebte Fortsetzung der Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen machbar. Es ist das einzige derartige Bündnis in Deutschland und nach Dreyers Ansicht ein Modell auch für den Bund. Dreyer kündigte baldige Gespräche zur Neuauflage der Ampel-Koalition an. Seit 30 Jahren stellen die Sozialdemokraten nun schon die Regierungschefs in dem von Helmut Kohl und Bernhard Vogel geprägten Land - so lange wie in keinem anderen westlichen Flächenbundesland.

"Sie können sich denken: Für uns, für mich ist ein glücklicher Abend heute Abend", sagte Dreyer am Sonntag in Mainz. Das Ergebnis sei "eine Bestätigung dafür, dass die SPD eine gut aufgestellte Partei ist und wir mit allen unseren Kollegen in der Partei gekämpft haben. Und deswegen ist es einfach nur so schön, dass wir so klar an der Spitze stehen und das Ziel erreicht haben, mit Abstand die stärkste Partei zu sein und einen klaren Regierungsauftrag erreicht haben."

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Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sieht im Wahlerfolg von Malu Dreyer "ein ganz großes Vorzeichen" für die Bundestagswahl im September. "Das ist tatsächlich ein Auftakt nach Maß in das Superwahljahr 2021, was wir heute erleben dürfen", sagte Esken Sonntagabend in Berlin. "Die SPD hat heute gezeigt, wie man Wahlen gewinnt." Esken sagte, das Motto von Dreyer und der rheinland-pfälzischen SPD "wir mit ihr" sei nun das Motto für Kanzlerkandidat Olaf Scholz. "Ab morgen gilt, 'wir mit ihm'".

Wahlschlappen für die CDU

Die beiden Wahlschlappen für die CDU sind teils hausgemacht; die Union hatte auf Bundesebene zuletzt keine gute Figur gemacht. So stehen mehrere bisherige Bundestagsabgeordnete unter Korruptionsverdacht, weil sie bei Geschäften mit Masken hunderttausende Euro als Provision verdient haben oder Zuwendungen aus dem autokratischen Öl-Staat Aserbaidschan angenommen haben sollen. Zudem gab es viel Kritik an den CDU-Bundesministern Jens Spahn und Peter Altmaier wegen schleppender Corona-Impfungen, verschobener Massentestungen sowie verzögerter Nothilfezahlungen an Firmen und Selbstständige. Dazu kommt die ungelöste Machtfrage, wer am 26. September als Kanzlerkandidat in die Bundestagswahl zieht: der erst seit wenigen Wochen amtierende CDU-Chef Armin Laschet oder doch CSU-Chef Markus Söder? Kanzlerin Angela Merkel, dienstälteste Regierungschefin in der EU, hatte bereits 2018 erklärt, nach vier Amtszeiten nicht mehr antreten zu wollen.

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak begründete das schlechte Abschneiden seiner Partei mit der Lage in den Ländern und der Maskenaffäre der Union. Es habe in beiden Ländern keine Wechselstimmung gegeben, in der Krise vertrauten die Menschen den Regierungschefs.

AfD hinter den Ergebnissen von 2016

Für die AfD war es in beiden Bundesländern erst die zweite Landtagswahl, sie blieb jeweils deutlich hinter den Ergebnissen von 2016 zurück, die politisch stark unter dem Eindruck der Flüchtlingskrise standen. In Baden-Württemberg erreichte die AfD 9,7 Prozent (17 Sitze/2016: 15,1 Prozent), in Rheinland-Pfalz 8,3 Prozent (9 Sitze/2016: 12,6 Prozent). AfD-Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel sagte, ihrer Partei sei "rechtswidrig der Verfassungsschutz auf den Hals gehetzt worden". Zudem habe es "Repressalien auch gegen unsere Wahlkämpfer" gegeben.

Die Linke verpasste mit 3,6 Prozent in Baden-Württemberg und 2,5 Prozent in Rheinland-Pfalz den Einzug in beide Landtage. Sie war auch in beiden Ländern noch nie im Parlament vertreten.

Wahlkampf online oder übers Fernsehen

Wegen der Corona-Pandemie liefen die Wahlkämpfe im Wesentlichen online oder übers Fernsehen und Interviews. Große Kundgebungen, Straßenwahlkampf und Hausbesuche waren kaum möglich. Nach Einschätzung von Wahlforschern begünstigte dies zusätzlich die Amtsinhaber gegenüber ihren Herausforderern. Die Wahlbeteiligung sank im Vergleich zu den Wahlen vor fünf Jahren. In Baden-Württemberg lag sie bei 63,8 Prozent, in Rheinland-Pfalz bei 64,4 Prozent (2016: jeweils 70,4 Prozent).

In Baden-Württemberg waren rund 7,7 Millionen Menschen aufgerufen, ihre Stimme abzugeben, in Rheinland-Pfalz waren es 3,1 Millionen. Es wurde angesichts der Corona-Pandemie mit einem hohen Anteil von Briefwählern gerechnet. Dies dürfte nach Ansicht von Wahlforschern auch die Auswirkungen der Maskenaffäre auf das CDU-Ergebnis begrenzen, weil viele Bürger schon vor Bekanntwerden der dubiosen Deals gewählt haben. In Baden-Württemberg wurden die Wahlbenachrichtigungen seit Anfang Februar verschickt, auch die Kommunen in Rheinland-Pfalz begannen zu dem Zeitpunkt mit der Ausgabe.

Die nächsten Landtagswahlen sind Anfang Juni in Sachsen-Anhalt, anschließend folgen am 26. September die Bundestagswahlen und gleichzeitig die Landtagswahlen in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen.