
Eins vorweg: Wer auf den geheimnisvollen Killer in Öljacke, der junge Erwachsene mit einem Fischerhaken jagt, hofft, wird enttäuscht. Denn anders als im 1997 erschienenen Horrorfilm mit Stars wie Jennifer Love Hewitt, Sarah Michelle Gellar, Freddie Prinze junior und Ryan Philippe ist ein Killer in den ersten vier Folgen der neuen Amazon-Prime-Serie „I know what you did last summer” nicht explizit zu sehen. Blutig wird’s trotzdem.
Die Serie, geschrieben und mitproduziert von Sara Goodman, basiert lose auf dem Buch „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast” von Lois Duncan. Darum geht’s: Nach einer ausgelassenen Abschluss-Party mit jeder Menge Alkohol und Drogen überfährt eine Gruppe Jugendlicher eine Person auf der Straße. Letztlich entschließen sie sich dazu, den Tod zu vertuschen und lassen die Leiche verschwinden. Ein Jahr später taucht die mysteriöse Botschaft „I know what you did last summer” (Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast) auf, Morde geschehen und die Jugendlichen müssen um ihr Leben fürchten.
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Was auffällt: Die Produzenten haben sich darum bemüht, den Nerv der heutigen Generation zu treffen. Diversität ist das Stichwort. Die zeigt sich nicht nur an dem Mix an Schauspielern unterschiedlicher Herkunft. Natürlich gibt es auch homosexuelle Liebeleien. Wie sollte es in einer Horror-Thriller-Drama-Serie für junge Erwachsene auch anders sein?
Für Augenrollen sorgen die Charaktere – zumindest am Anfang. Typische Rollen werden besetzt: Es gibt den Good-Guy Dylan (Ezekiel Goodman), Drogendealerin und Underdog Riley (Ashley Moore), die oberflächliche Social-Media-Queen Margot (Brianne Tju) und Quarterback Johnny (Sebastian Amoruso), der eine Art Kumpel-Typ ist. Allen voran gibt es noch die Zwillinge Lennon und Allison (Madison Iseman). Während Lennon eine beliebte, wilde und manipulative junge Frau ist, ist Allison das genaue Gegenteil. Sie ist in sich gekehrt, Jungfrau, spießig und ohne Freunde. Zwischen den Schwestern sorgt das für jede Menge Ärger, vor allem als Lennon Allisons Schwarm ins Bett bekommt.
Dranbleiben lohnt sich
Anfangs plätschert die Serie etwas dahin, Spannung will nicht direkt aufkommen. Die Charaktere reagieren auf die erste Nachricht "I know what you did last summer”, die zusammen mit einem abgetrennten Ziegenkopf daherkommt, noch zu verhalten. Sie werden von dem Ganzen einfach zu wenig erschüttert. Das Gefühl von ernsthafter Panik oder Verzweiflung spürt der Zuschauer deshalb nicht.
Dranbleiben lohnt sich aber. Denn: Spätestens als der erste Kopf einer der Freunde rollt (im wahrsten Sinne des Wortes) und die anderen ein brutales Video zugespielt bekommen, kippt die Stimmung. Die Schauspieler zeigen mehr Emotionen, stecken nicht immer nur oberflächlich in einer ihnen anfangs zugedachten Rolle.
Produzenten verschenken Potenzial
Der Wunsch, weiterzugucken, wird jeweils am Ende der Folge geweckt, wenn ein neues Opfer des Killers tot aufgefunden wird. Eine Frage schwirrt dann im Kopf umher: Warum wurde derjenige getötet? Um den Zuschauer noch mehr zum Grübeln zu bringen und die Frage „Wer ist der Killer?” in den Fokus zu rücken, hätten die Schreiber der Serie stärker Verdachtsmomente und Verdächtige ins Spiel bringen können. Hier verschenken sie deutlich das Potenzial, die Spannungskurve von Anfang an deutlich höher zu legen. Das kann in den letzten vier Episoden aber noch kommen. Ebenso steht und fällt eine Slasher-Serie natürlich auch immer mit der Auflösung, wer der Killer oder die Killerin ist und welches Motiv er oder sie denn hat.
Welcher Eindruck bleibt nach den ersten vier Folgen? "I know what you did last summer” ist kein absolutes Must-see für die breite Masse und sicherlich auch kein Meisterwerk. Horror-Fans müssen sich von dem Gedanken verabschieden, einen 1:1-Abklatsch des Slasher-Films aus den 90ern zu sehen. Es wird eine komplett eigenständige Geschichte für eine junge Generation (18 bis 25+) von Horror-Thriller-Drama-Fans erzählt. Kurzweilige Unterhaltung für Bingewatcher – kein Highlight, aber auch kein Totalausfall.
Die ersten vier Folgen von "I know what you did last summer” sind ab dem 15. Oktober bei Amazon Prime Video zu sehen. Danach wird jeweils wöchentlich freitags eine weitere Folge veröffentlicht.