
Berlin. Frank Plasbergs Entscheidung sorgt für eine kontroverse Debatte unter den Talkshow-Moderatoren: Er will AfD-Chef Alexander Gauland künftig nicht mehr in seine Sendung "Hart aber fair" einladen. Ganz soweit wollen Plasbergs Kolleginnen Anne Will, Sandra Maischberger und Maybrit Illner nicht gehen. Auch ihnen sind die Aussagen von Gauland ein Dorn im Auge. Doch ihre Konsequenzen sind weniger radikal.
Plasberg hatte angekündigt auf Gauland als Gast zu verzichten, weil dieser beim Bundeskongress der AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative gesagt hatte: „Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte."
Pflicht zur angemessenen Berichterstattung über alle gesellschaftlichen Kräfte
„Das Spiel, das die AfD spielt, um die Grenze des bisher Sagbaren auszudehnen, ist nicht neu", teilte ARD-Talkerin Will auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. „Neu ist, dass die Talkshow-Redaktionen diese Grenze nun definieren sollen und ein gewähltes Mitglied des Deutschen Bundestages, das zudem Partei- und Fraktionsvorsitzender der größten Oppositionspartei ist, öffentlich „ausschließen" sollen."
Das gehe am eigentlichen Problem meilenweit vorbei. Will betonte, als Redaktion eines ARD-Talkformats habe man eine staatsvertraglich festgeschriebene Pflicht zur angemessen Berichterstattung über alle gesellschaftlichen Kräfte. Sie fügte hinzu, sie persönlich habe allerdings an Gauland nach dessen "verachtungswürdiger Relativierung des Holocausts" zur Zeit keine Fragen.
ZDF entscheidet bei AfD-Politikern "sorgfältig" und "überlegt"
ARD-Kollegin Sandra Maischberger will ebenfalls nicht so weit wie Plasberg gehen. Man entscheide über eine Einladung nach der Frage, was der oder die Betreffende zum aktuellen Thema inhaltlich beitragen könne, sagte sie. Und das gelte unabhängig von Parteizugehörigkeit, Religion oder Herkunft.
ZDF-Moderatorin Maybrit Illner verwies darauf, dass im Jahr 2017 Politiker der AfD insgesamt zwei Mal zu Gast in ihrem Talk gewesen seien und in den ersten fünf Monaten des Jahres 2018 ein Mal. „Das verdeutlicht vielleicht, dass wir bei der Einladung von AfD-Vertretern sorgfältig und überlegt entscheiden", so Illner.
Grünen-Politiker sieht Plasberg als Vorbild an
Gauland sagte am Montag, er habe die Verbrechen des Nationalsozialismus nicht bagatellisieren,sondern vielmehr seine Verachtung zum Ausdruck bringen wollen. Die AfD-Fraktion teilte mit, dass Plasbergs Boykott jeglicher Grundlage entbehre.
Die Petitions-Plattform Change.org startete im Netz eine Unterschriftenaktion, die sich für das Fernbleiben Gaulands aus Polittalks einsetzt. Bis zum Mittwochnachmittag hatten etwa 30.000 Menschen unterschrieben. „Plasberg macht das richtig", twitterte Grünen-Politiker Reinhard Bütikofer. „Andere Talk-Shows sollten folgen. Dieser Herr Gauland hat sich so weit in's Abseits gestellt, dass man ihn dort stehen lassen sollte."