Berlin

Renate Künast glaubt an abschreckende Wirkung nach Gerichtsentscheid wegen Hasspostings

In 6 von 22 Fällen sei anders als in einem Beschluss vom September 2019 nun eine Beleidigung gesehen worden.

Unbekannte hatten Renate Künast online unter anderem als „Stück Scheiße" und „Geisteskranke" bezeichnete. | © picture alliance/Christoph Soeder/dpa

21.01.2020 | 21.01.2020, 18:23

Berlin (dpa/epd). Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Renate Künast hat mit einer Beschwerde gegen einen Gerichtsbeschluss zu Beschimpfungen auf Facebook einen Teilerfolg erreicht. Das Berliner Landgericht teilte am Dienstag mit, dass die Kommentare zu einem Post der Politikerin im Lichte höchstrichterlicher und verfassungsrechtlicher Rechtsprechung zur Meinungsfreiheit nochmals geprüft worden seien. In 6 von 22 Fällen sei anders als in einem Beschluss vom September 2019 nun eine Beleidigung gesehen worden. Damit bekam die Politikerin in diesen Fällen Recht. Der neue „Abhilfebeschluss" ist noch nicht rechtskräftig.

„Das Landgericht Berlin brauchte extrem lange, um zu einer Entscheidung in dieser Sache zu kommen", sagte Künast am Dienstag. Das grenzte an „Rechtsverweigerung".

Künast will gegen Beschimpfungen zivilrechtlich vorgehen

Die Grünen-Politikerin will, dass die personenbezogenen Daten der 22 Nutzer herausgegeben werden dürfen, um gegen sie zivilrechtlich vorgehen zu können. In sechs Fällen hat sie dies nun erreicht. „Jetzt muss Facebook die Daten der betroffenen Nutzer aber auch tatsächlich rausgeben", sagte die Grünen-Politikerin. Das erwarte sie umgehend. „Als demokratische Gesellschaft dürfen wir einen solchen Umgangston nicht akzeptieren", hatte Künast betont.

Nach dem Gerichtsbeschluss von September waren alle Kommentare keine Diffamierung der Person und damit keine Beleidigung. Unbekannte hatten Künast unter anderem als „Stück Scheiße" und „Geisteskranke" bezeichnet und noch drastischere und auch sexistische Beiträge geschrieben. Die Entscheidung war auf Unverständnis gestoßen.

Auslöser der Kommentare war ein Facebook-Post zu einer Äußerung Künasts aus dem Jahr 1986 im Berliner Abgeordnetenhaus zum Thema Sex mit Kindern. Wie das Berliner Landgericht mitteilte, hatte die Politikerin im Beschwerdeverfahren nun erstmals den Ausgangspost vollständig vorgelegt.

Beschluss ist noch nicht rechtskräftig

Die sechs Nutzer-Äußerungen, die jetzt als Beleidigung gesehen werden, hätten einen „ehrherabsetzenden Inhalt", der nicht mit der Meinungsfreiheit zu rechtfertigen sei, hieß es vom Gericht weiter. Bei den anderen 16 Kommentaren sah das Gericht noch keine Straftat der Beleidigung.

Künast selbst zeigte sich in einer ersten Reaktion teilweise zufrieden. Sie nannte es allerdings „komisch", dass das Gericht manche Begriffe für nicht zulässig halte und andere für zulässig: „Drecksau ist Drecksau; da kann man nicht anfangen, mit Sachzusammenhängen zu argumentieren." Grundsätzlich sei sie aber „froh, dass damit ein Signal gesetzt wird, weil viele Menschen von solchen Formulierungen betroffen sind. Das schafft ein klein bisschen mehr Rechtsklarheit." Sie werde Facebook jetzt auffordern, ihr Informationen zu jenen sechs Personen zu geben, um gegen diese weiter vorgehen zu können.