Der Freitag ist ein für junge wie alte Menschen höchst bedeutsamer Tag. Das Parlament debattiert zunächst über das Gesetz zum neuen Wehrdienst und stimmt danach darüber ab. Zwei Stunden später folgen Debatte und Abstimmung über das Rentenpaket. Dabei wird die Wehrdienst-Debatte nach dem Willen der Organisatoren von einem bundesweiten Schulstreik begleitet. Am Freitag zeigt sich das Problem namens Generationengerechtigkeit damit in einer ungeahnten Schärfe.
Der Argwohn gegenüber dem neuen Wehrdienst ist zunächst ein Indiz für die Schwierigkeit, Antworten auf die Bedrohung zu finden, die Russland seit dem Angriff auf die Ukraine für den gesamten Westen bedeutet. Deutschland hatte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges eine enorme Distanz zu allem Militärischen entwickelt. Seit der Vereinigung 1990 hatte sich die Aufgabe der Landesverteidigung nicht mehr gestellt. Dort, wo sie sich noch stellte, hatte man sie ausgelagert an eine immer kleiner werdende Berufsarmee. Der Prozess war mit Aussetzung der Wehrpflicht 2011 abgeschlossen.
Der russische Präsident Wladimir Putin zwingt uns nun, einen langen Rückweg anzutreten. Das ist schwer und treibt auch andere Länder um. So sagte der französische Generalstabschef Fabien Mandon allen Ernstes: „Wenn unser Land schwächelt, weil es nicht bereit ist zu akzeptieren, seine Kinder zu verlieren, dann sind wir in Gefahr.“
Der Unwille der jungen Leute ist nachvollziehbar
Zugleich gibt es einen absolut nachvollziehbaren Unwillen junger Leute, den Weg zurück zur Verteidigungsfähigkeit mehr oder weniger allein zu gehen. Hier kommt nicht bloß das Rententhema ins Spiel, sondern das Leiden an der Corona-Krise, der Klimawandel oder die Staatsverschuldung. Es ist kein Wunder, dass sich Teenager Zumutungen da vom Hals halten wollen, wo sie es noch können, statt sich von über 50-Jährigen, die 60 Prozent der Wählerschaft repräsentieren, vollends die Agenda diktieren zu lassen.
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Daraus ergibt sich eine kommunikative Aufgabe. Weil der Aufwuchs der Bundeswehr unvermeidlich ist, sollte die Bundesregierung zumindest deutlich machen, dass ihr die Zumutungen bewusst sind und sie die Jüngeren berücksichtigt. Hier ist auch auf dem Feld der Verteidigungspolitik beschämend wenig passiert. Außerdem darf man die Frage aufwerfen, warum Verteidigung lediglich die Jungen angehen soll. Der Vorschlag von Grünen-Chefin Franziska Brantner für ein freiwilliges Wehrdienst-Register, in das sich Ältere ebenfalls eintragen könnten, könnte ein Teil der Antwort sein.
Eine auf die Wahrnehmung von Partikularinteressen geeichte Gesellschaft muss einen gegenläufigen Ausgleich organisieren, auch militärisch. Nichts ist jedenfalls abwegiger als die Vorstellung, dass die Jungen fröhlich eine alternde Republik verteidigen, die ihnen als Dank wenig Chancen auf Zukunft lässt. Deshalb passt der Schulstreik absolut ins Bild.