Meinung

Bei der Wehrpflicht ist ein Anfang gemacht – mehr nicht

Die Koalitionsspitzen haben sich auf die Wiedereinführung der Wehrpflicht geeinigt. Doch es ist offen, ob die auch so kommt. Das ist ein Anfang.

Soldaten der Bundeswehr bei einer Schießübung: Der genaue Weg zur Wiedereinführung der Wehrpflicht ist noch unklar. | © Federico Gambarini/dpa

Carsten Heil
13.11.2025 | 13.11.2025, 16:16

So ist es nun mal. Die Dinge und Bedingungen ändern sich. Das gilt besonders für die Bundeswehr mit ihren krass veränderten Aufgaben im Laufe der vergangenen 70 Jahre seit ihrer Gründung.

Nach Jahrzehnten der Einsätze in Mali, Afghanistan, auf dem Balkan und sonst wo, steht nun wieder die direkte Landes- und Bündnisverteidigung im Tagesbefehl. Das hat Folgen für Ausstattung mit Menschen und Gerät sowie für die Struktur der Truppe. Die Bundeswehr soll und muss größer werden. Wegen der neuen Bedrohung durch Russland und der gewachsenen Aufgaben in der Nato aufgrund der neuen unsicheren Rolle der USA im Bündnis.

Da sich allen Erwartungen nach nicht genug freiwillige Männer und Frauen für den Dienst an der Waffe melden werden, muss eine wie auch immer geartete Wehrpflicht her. Und auf ein Modell hat sich die schwarz-rote Koalition nun geeinigt. Dass es eine langwierige Debatte darum gegeben hat, ist gut. Denn einen möglichen Pflichtdienst mit Eingriff in die persönliche Freiheit junger Menschen beschließt kein Demokrat auf Kommando. Es war ein berechtigtes Ringen um die beste Wehrpflicht-Lösung. Freilich mit kommunikativen und strategischen Fehlern. Sei es drum.

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Droht im Bundestag noch Widerstand?

Und noch ist der Beschluss der Spitzen-Koalitionäre nicht durch den Bundestag. Was, wenn, wie bei der Rente, plötzlich eine Gruppe junger Abgeordneter sagt: Nicht mit uns. Wiederholt sind zuletzt Abgeordnete vor allem der Union bei schon gefassten Einigungen ausgeschert. Auch in der SPD rumort es (Bürgergeld). Also abwarten.

Mehr zum Thema: Was Sie zum neuen Wehrdienst wissen müssen – alle Fragen und Antworten

Inhaltlich ist immerhin ein Anfang gemacht. Die jungen Männer werden zunächst lediglich verpflichtet, sich auf ihre Wehrtauglichkeit prüfen zu lassen. So bekommt die Bundeswehr wenigstens eine Übersicht über das, was mit wem möglich ist. Das mögliche Losverfahren, wenn sich von den Tauglichen nicht genug freiwillig melden, um die „Mannstärke“ von rund 260.000 Soldaten und Soldatinnen zu erreichen, bleibt ein Wackelspiel. Allerdings musste das Thema Wehrgerechtigkeit irgendwie gelöst werden. Nicht ausgeschlossen, dass darüber noch das Bundesverfassungsgericht wird entscheiden müssen.

Ein ungedeckter Scheck auf die Zukunft

Nicht optimal gelöst ist, was im vom Bundestag zu beschließenden Spannungs- oder Verteidigungsfall zu tun ist. Dann soll erneut der Bundestag entscheiden. Das kann im Ernstfall zu unakzeptablen Verzögerungen oder auch Druck für die Abgeordneten führen. Und niemand weiß, welche politischen Mehrheiten dann herrschen. Das sieht nach einem ungedeckten Scheck auf die Zukunft aus. Aber wir gesagt: Die Dinge und Bedingungen ändern sich.

Die Belastung für die junge Männergeneration ist jedenfalls zumutbar. Das haben andere Generationen auch schon geschafft.