Meinung

Deutschland als beleidigte Leberwurst: Eine schlechte Rolle gegenüber China

Den Besuch von Außenminister Wadephul abzusagen, war ein Fehler. Selbstbewusstes Auftreten gegenüber Peking und neue Kontakte zu anderen Staaten sind wichtig, meint unser Autor Carsten Heil.

In einem Tagebau in China werden Seltene Erden gefördert. Deutschland ist von diesem Rohstoff schwer abhängig. | © dpa

Carsten Heil
29.10.2025 | 29.10.2025, 16:27

Pack schlägt sich – Pack verträgt sich. So hieß es einst nach einer Schulhofkeilerei. Das sollte heißen, dass man sich nach einer Prügelei auch schnell wieder vertrage. Nun ist mit den Methoden von US-Präsident Trump das System Schulhofprügelei in die Weltpolitik eingezogen. Der Stärkere gewinnt und wenn es doch zu doll wehtut, hört man eben auf. Um am nächsten Tag wieder zu beginnen. Aktuell hauen sich die USA und China gegenseitig auf die Nase.

Rückst du deine Seltenen Erden nicht raus, erhöhe ich die Zölle ins Unermessliche. Oder umgekehrt. Die Zeit der internationalen Regeln und geltenden Verträge ist vorbei. Europa und Deutschland schauen verschüchtert vom Rand zu, wie die Absage des China-Besuches von Außenminister Johann Wadephul in der vergangenen Woche zeigt.

Kanzler Friedrich Merz war noch gar nicht zum Antrittsbesuch in Peking. Und das, obwohl auch die deutsche Wirtschaft extrem abhängig ist von den Seltenen Erden, die weltweit derzeit fast ausschließlich aus China kommen. Europa ist auf ein zumindest ausgeglichenes Verhältnis zu den Chinesen dringend angewiesen. Doch die wissen genau um ihr Droh- und Schmerzpotenzial mit den Rohstoffen, ohne die in der digitalen Welt derzeit gar nichts läuft. In der Halbleiterindustrie sieht es zwar etwas besser aus, aber ähnlich. Das beweist der Zwist zwischen China und den Niederlanden um den Produzenten Nexperia. Auch davon ist die deutsche Industrie direkt betroffen.

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China und die USA haben ein Interesse an Europa

Angela Merkel war als Kanzlerin nirgendwo so häufig wie in Peking. Sie wusste um die Bedeutung dieses Verhältnisses und hatte stets eine große Wirtschaftsdelegation im Gepäck. Es ist nicht klug, die beleidigte Leberwurst (wegen zu weniger angebotener Termine für den deutschen Außenminister) zu spielen, wenn man einen Leberhaken einstecken musste. Das muss auch der Bundesregierung klar sein.

Spannende Diplomatie: Außenminister Johann Wadephul sagte kurzfristig seine Chinareise ab

Nehmerqualitäten gehören in der Diplomatie wie auf dem Schulhof dazu. Es geht nicht um klein beigeben. Es geht darum, Abhängigkeiten zu vermeiden, abzubauen und Kontakte zu differenzieren. Auf diesem Weg war übrigens Olaf Scholz als Bundeskanzler, der Indien, Indonesien, afrikanische und südamerikanische Länder umwarb.

US-Präsident Donald Trump (l) trifft sich 2019 mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping am Rande des G-20-Gipfels in Osaka. - © Susan Walsh/AP/dpa
US-Präsident Donald Trump (l) trifft sich 2019 mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping am Rande des G-20-Gipfels in Osaka. | © Susan Walsh/AP/dpa

Neue Kontakte zu anderen Staaten sind wichtig

Neue Allianzen gilt es zu schmieden, weil das Abhängigkeiten verringert. Ohne die USA und China vor den Kopf zu stoßen. Das wird die Aufgabe Europas und Deutschlands in den kommenden Jahren sein. Denn letztlich haben beide ein Interesse an Kontakten zum großen europäischen Markt.

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Nach dem bevorstehenden Treffen der Oberraufbolde Trump und Jinping werden sich beide als Gewinner präsentieren und in die Welt posaunen: „Seht her, geht doch.“ Auch wenn die Rauferei kurz darauf weitergeht. Da wäre es besonders klug gewesen, in Peking vorher schon mal einen Fuß in die Tür zu stellen.