
In all dem Getöse, voller gegenseitiger Beschimpfungen und Schuldzuweisungen, mit Koalitionszusagen hier und -absagen dort, sind manchmal einzelne Worte wichtig. Sie können ein Zeichen sein, dass etwas in Bewegung ist.
Zwei Wochen vor der Wahl hat die FDP solche Worte in ihren Wahlaufruf geschrieben. Sie trete nur in eine Regierung ein, die die Schuldenbremse nicht beschädige, steht dort. „Nicht beschädigt“ - das hat es in sich: Es ließe eine Lockerung der Schuldenbremse zu. Die bisherige Forderung nach einer „Einhaltung“ der Schuldenbremse ist wesentlich restriktiver.
Es ist eine späte Einsicht in die Notwendigkeit. Schließlich gibt es auch beim Lieblingskoalitionspartner Union Sympathien für einen flexibleren Umgang mit der Schuldenbremse. Steuersenkungen und mehr Geld für die Bundeswehr finanzieren sich nicht einfach so.
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Zerstörung des Vertrauens in die Einigungsfähigkeit demokratischer Parteien
Bitter wäre eine solche Wende dennoch, weil an der Schuldenbremse die Ampelkoalition zerschellt ist. Es würde bedeuten, dass ein solches vorzeitiges Ende hätte verhindert werden können. Statt dessen wurde das Vertrauen in die Einigungsfähigkeit demokratischer Parteien ein Stück weit zerstört.
Es lässt sich nicht behaupten, dass die FDP davon profitiert hat: Sie liegt in den Umfragen seit Monaten um die 4 Prozent, der Wiedereinzug in den Bundestag ist akut gefährdet.
Ganz offenkundig hat das Konzept der Kompromisslosigkeit, das Parteichef Christian Lindner in der Koalition verfolgte, nicht funktioniert. Es passte zu einer Oppositionspartei, die Beendigung der Jamaika-Sondierungsgespräche 2017 ließ sich bei der Bundestagswahl 2021 noch als Standhaftigkeit verkaufen. Die FDP-Werte schnellten nach oben.
FDP kann nicht mit Alleinregierung rechnen
In Regierungsverantwortung aber lässt sich so eine Radikalität kaum durchhalten, zumindest nicht in einer Koalition. Und mit einer Alleinregierung kann die FDP noch weniger rechnen als andere Parteien.
In den vergangenen Tagen haben die Liberalen einen neuen Ton ausprobiert: Sie boten sich als Vermittler im Streit um die Migrationspolitik an – ausgerechnet die FDP, die in der Ampelkoalition so leidenschaftlich mitgerauft hat. Manch kooperative Kräfte in der Fraktion haben bei der Listenaufstellung für die Bundestagswahl das Nachsehen gehabt. Das Motiv für den Ampel-Crashkurs wie für die Mediatorenidee ist offenkundig: die Suche nach Aufmerksamkeit. Ihr hat Lindner fast alles untergeordnet, im Schlechten wie in Guten.
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Nein zu einer Regierungszusammenarbeit mit den Grünen
Auch das Nein zu einer Regierungszusammenarbeit mit den Grünen, die Lindner nun den Wahlparteitag beschließen ließ, folgt dieser Logik. Die gerade behauptete Vermittlungs- und also Kompromissbereitschaft wird dadurch allerdings konterkariert.
Ohne allerdings wird es nicht gehen. Der Anspruch einer liberalen Partei sollte es nicht sein, sich als ewige Oppositionspartei zu verstehen, die diese Rolle auch in einer Regierung nicht ablegen kann. Gemeinsames Handeln lässt sich erklären, man muss es nur tun.