
Etwas Gutes lässt sich im Hinblick auf die gravierenden Kürzungen bei der Förderung von Integration und Sprache finden: Sie sind als Teil der vorläufigen Haushaltsführung nicht in Stein gemeißelt. Die künftige Bundesregierung kann die Streichungen auch wieder zurücknehmen.
Fest steht eins: Tut sie es nicht, wird aus dem Vorwurf, Deutschland versage bei der Integration, endgültig eine unbestreitbare Tatsache. Zum anderen spielt die Maßnahme Rechtspopulisten massiv in die Karten, die Signalwirkung ist verheerend.
Das Bildungsangebot, das dann bestehen bleibt, ist in keiner Weise dazu geeignet, Menschen unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlichen Alters und Geschlechts und mit unterschiedlichstem Bildungsstand abzuholen und sie auf ihrem Weg in die Mitte dieser Gesellschaft zu begleiten. Dabei ist das der grundlegende Anspruch auch unseres eigenen Schul- und Bildungssystems.
Kürzungen verfestigen Unterdrückungen und Patriarchat
Schon jetzt erklären Experten die hohe Abbruchquote bei Integrationskursen auch damit, dass die Gruppen zu heterogen sind, die Teilnehmer in ihrem Intellekt, Bildungsstand und ihrer schulischen Vorerfahrung viel zu weit voneinander entfernt sind, um effektiv lernen zu können. Künftig aber wird zum Beispiel bei den Sprachkursen das geringste elementare Level A1 ebenso wegfallen wie die Fortgeschrittenen-Level C1 und C2.
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Mit dem dann verfügbaren Angebot an Integrations- und Sprachkursen werden die gängigen Ansprüche und Erwartungen an Migranten vollständig konterkariert. Wem diese Menschen bereits jetzt noch nicht schnell genug sprechfähig und erwerbstätig sind, kann von ihnen keine Verbesserung erwarten bei einer Bildungslandschaft, die künftig mit der Hälfte ihres ursprünglichen Budgets klarkommen muss.
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Obendrein werden mit den Kürzungen genau jene Gesellschaftsordnungen, Normen und Werte verfestigt, für die viele Migranten in der Kritik stehen, allen voran das Patriarchat. Eigene Kurse sind für die Frauen dieser Kulturen ein wichtiger geschützter Raum, in dem sie für sich und ihre Kinder ausgebildet, ermächtigt und gestärkt werden können. Doch auch dieses Angebot gehört der Vergangenheit an.
Unsere Gesellschaft steht an einem Scheideweg. Was sie jetzt vor allem braucht, ist eine Regierung, die kompromisslos für die demokratischen Werte einsteht und sie verteidigt. Dazu gehört auch das klare, unbeirrbare Bekenntnis zu einer Migrationspolitik, die auf Bildung und Teilhabezielen fußt – und nicht auf populistischen AfD-light-Parolen und -beschlüssen, um Wähler bei der Stange zu halten.