
Regierung und Opposition pflegen sich im politischen Streit nichts zu schenken. Das taten der SPD-Kanzler, sein CDU-Herausforderer, der Grünen-Vizekanzler und der FDP-Ex-Minister auch nicht bei der Debatte zur Vertrauensfrage von Olaf Scholz. Gleichwohl macht der Ton die Musik – und der gab mit einem lauten dissonanten Crescendo ein Gefühl dafür, dass es sehr heftig wird im demokratischen Zentrum der Republik. Gut eine Woche vor Weihnachten konnte einem zum Friedensfest 2024 angst und bange werden.
Den Auftakt zu einem der heftigsten Rede-Duelle lieferte der Regierungschef. Olaf Scholz warf seinem Ex-Koalitionspartner Christian Lindner eine „wochenlange Sabotage“ und fehlende „sittliche Reife“ für ein Ministeramt vor. Eine Attacke, die Friedrich Merz als „blanke Unverschämtheit“ bezeichnete und durch den Vorwurf ergänzte, Scholz blamiere Deutschland. Der gescholtene Lindner nannte Scholz wiederum einen „Prinz Karneval“, die Union sei „von gestern“ lautete der Vorhalt des Vize-Kanzlers Robert Habeck in Richtung Merz.
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Das alles ist weit entfernt von jener Fairness und jenem Respekt, die sich alle Parteien der demokratischen Mitte versprochen haben. Es lässt zugleich nicht erkennen, wie aus dieser Mitte heraus eine auf Zukunft gerichtete Lösung der Herausforderungen durch Wirtschaftskrise, Ukraine-Krieg, Migration und Machtwechsel in den USA gemeinsam formuliert werden könnte. Dies aber wird erforderlich werden, wenn das Wahlergebnis am 23. Februar feststeht. Für eine Alleinregierung wird es nicht reichen.
Scholz und Merz machen ihre Themen deutlich
Klar erkennbar machte Scholz, dass er den Lager- oder Richtungswahlkampf im Wesentlichen über die Themen stabile Renten, Erhöhung des Mindestlohns und das Nein zur Lieferung der Marschflugkörper Taurus in die Ukraine führen will. Merz hält mit einer Kürzung des Bürgergelds, längere Arbeitszeiten für alle und einer Rentenreform dagegen, muss aber einen Plan für Rentenkürzungen dementieren. Es ist ein Programm, zu dem Habeck darauf hinwies, dass es nach wenigen Tagen als nicht finanzierbar entlarvt sei.
Bemerkenswert bleibt, dass Scholz die Vertrauensfrage, die er nur dem Bundestag stellen kann, ausdrücklich als Vertrauensfrage ans Volk formulierte. Eine Strategie, die offenbar seinen Herausforderer beschäftigt. Der rechnet inzwischen mit steigenden Werten für die SPD auf mehr als 20 Prozent. Dass es spannend werden wird, ist erwartbar und nicht weiter überraschend; dass es also hart und scharf im Wahlkampf um die Macht wird, auch nicht.
Fairness und Respekt allerdings dürfen darüber nicht verloren gehen. Darauf sollte sich das demokratische Zentrum in der Weihnachtswoche noch einmal neu besinnen.