
Es könnte so schön sein für die CDU und ihren Vorsitzenden Friedrich Merz. Die Dreier-Koalition der Bundesregierung zerlegt sich selbst bei jeder Gelegenheit bis jeweils kurz vor den Koalitionsbruch. Da macht es sich gut Opposition. Mit Merz ist endlich ein Vorsitzender gewählt, der die Zeiten der Eierei von Annegret Kramp-Karrenbauer und Armin Laschet vergessen machen will. Die CDU ist dabei, sich unter der Leitung des Paderborner Wirtschaftspolitikers Carsten Linnemann, ein neues Grundsatzprogramm zu geben. Und das mit intensiver Einbindung der Mitglieder. Was will man mehr?
Doch dann das. Merz als selbst ernannter Halbierer der AfD muss erkennen, dass das mit ein paar rechtspopulistischen Sprüchen („Kleine Paschas“ über Jungs aus Zuwandererfamilien, „Sozialtouristen“ über ukrainische Flüchtlinge) nicht zu machen ist. Die AfD ist nach Umfragen so stark wie nie. Während die CDU bundesweit unter 30 Prozent stagniert.
Die Menschen wissen, dass die Partei unter Angela Merkel als Kanzlerin vieles hat liegenlassen. Die Partei ihrerseits weiß, dass sie 2002 mit Kanzlerkandidatin Angela Merkel und sehr liberalen Positionen in den Abgrund geblickt hat. Was tun zwischen konservativer und liberaler Kante? Bei drei Landtagswahlen 2024 im Osten ist der CDU-Machterhalt angesichts der AfD-Stärke in Sachsen und Sachsen-Anhalt nicht gesichert. Thüringen ist noch mal eine ganz andere Nummer. Und was macht Friedrich Merz? Er will verstärkt die Grünen angreifen, um die AfD zu schwächen. Das verstehe, wer will.
Gerangel über die Kanzlerkandidatur hat schon begonnen
Erst vergangene Woche hatte er den Grünen Vordenker Ralf Fücks zu zum CDU-Konvent auf die Bühne eingeladen. Sein Vize im CDU-Parteivorstand, Andreas Jung, ist ihm auch gleich in die Anti-Grünen-Parade gefahren. Schließlich gibt es durchaus gut arbeitende Koalitionen in den Ländern zwischen CDU und Grünen: Baden-Württemberg, NRW, Hessen, Schleswig-Holstein. Ohne die Grünen wird Regierungsbildung eben auch schwierig.
Und dann kommt noch dazu, dass zur Frühzeit ohne Not ein Gerangel über die Kanzlerkandidatur der Union ausgebrochen ist. Merz oder der jugendlich wirkende NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst? Oder doch noch der Bayer Markus Söder (CSU). Wüst schnitt jüngst bei einer Umfrage des „WDR“ als Ministerpräsident unterdurchschnittlich ab. Woher nimmt der die Chuzpe für seinen Vorstoß auf Merz vor zwei Wochen? Söder muss seine Landtagswahl im Oktober sehr gut überstehen, um für die K-Frage attraktiv zu werden.
Die Zeit der Eierei in der Union scheint doch nicht vorbei. Personell nicht und auch inhaltlich nicht. Die von CDU und CSU in München von den Präsidien der Schwesterparteien vorgestellte „Agenda für Deutschland“ blinkt deutlich konservativer und ist ein Abschied vom Merkel-Kurs. Das dürfte Präsidiumsmitglied und Merkel-Fan Wüst nicht gefallen.