Das überraschende Aus in der Vorrunde, zum zweiten Mal in Folge bei einem Weltmeisterschaftsturnier, ist kein Ausrutscher, sondern ein Trend. Verantwortung für diesen sportlichen Niedergang will aber so schnell niemand übernehmen. Der Bundestrainer nicht und der Team-Manager erst recht nicht. Hansi Flick und Oliver Bierhoff wollen nichts falsch gemacht haben und ihre Funktionen bis zur anstehenden Heim-EM 2024 behalten. Darüber wird noch zu reden sein.
Denn der Deutsche Fußball-Bund (DFB) mit seinem neuen Präsidenten Bernd Neuendorf wird um eine knallharte Analyse nicht herumkommen. Der deutsche Fußball ist endgültig im Mittelmaß angekommen, arrogante Spieler und Funktionäre wähnen sich dagegen in einer Sphäre, die der Realität weit entrückt ist. Und sind dabei ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Vieles liegt im Argen, haben wir zu lange auf Verschleiß gefahren. Klimaschutz, Bahn- und Straßeninfrastruktur, Gesundheitswesen, Sicherheitspolitik etc. Unter Angela Merkel hat das Bundeskanzleramt 16 Jahre lang viel verwaltet, aber wenig zukunftsorientiert entwickelt. Mittelmaß halt. Jetzt ist der Nachholbedarf immens und wird zur großen Herausforderung für die nächsten Generationen – unsere Kinder und Enkelkinder.
Es geht dabei um Verantwortung. Verantwortung der Amtsträger natürlich, aber auch Verantwortung eines jeden einzelnen. Es ist leicht, moralische und nicht selten auch ideologische Vorstellungen zu artikulieren und von Deutschland aus in die Welt zu tragen. Es ist nicht so leicht, seine eigenen Interessen hinter die einer gemeinsamen Idee zu stellen.
Staat ist kein Goldesel
Dabei tappen wir schnell in die Falle, die Schuld immer bei anderen zu suchen und selbst in kleineren Notlagen gesamtgesellschaftliche Hilfe zu fordern. Den Staat als dauerhaften Goldesel für alle und nicht nur die Bedürftigen zu nutzen, wird nicht funktionieren.
Was wir brauchen ist Mut und Entschlossenheit, Dinge zu bewegen, zu ändern. Eine Zeitenwende, die Bundeskanzler Olaf Scholz schon in ganz anderen Zusammenhängen skizziert hat. Dann hat Deutschland durchaus eine Chance auf eine prosperierende Zukunft in einer sich verkomplizierenden Welt. Nicht nur im Fußball.