Meinung

Corona und Fußball-EM: harte Einreiseregeln - jetzt!

Auch deutsche Politiker kritisieren die hohen Zuschauerzahlen. Doch nur Reden reicht jetzt bei weitem nicht aus, findet unsere Autorin.

Dicht an dicht: Abstandslos und maskenlos feierten die Zuschauer im Wembley-Stadion - hier beim Sieg von England über Dänemark. | © picture alliance / SvenSimon | Frank Hoermann

Anneke Quasdorf
09.07.2021 | 09.07.2021, 10:43

Das Virus kennt keine Landesgrenzen. Dieser Satz hängt einem, wie eigentlich jedes Corona-Thema, zum Hals heraus. Er bekommt aber gerade nochmal wesentlich mehr Gewicht angesichts der krassen Lockerungskampagne und der fahrlässig hohen Zuschauerzahlen bei den EM-Spielen in England.

Es ist verlockend, aber müßig, in kalte Wut zu verfallen angesichts dessen, was Politiker und UEFA auf der Insel praktizieren. Erstens ist der Schaden angerichtet, die Corona-Zahlen steigen. Zweitens war immer klar, dass bei dem unterschiedlichen Impftempo in Europa auch die Lockerungen nicht zur selben Zeit kommen werden.

Die Wut, die sich angesichts der Zögerlichkeit von deutscher Seite aus entzündet, ist nicht so leicht zu ignorieren. Statt sofort wieder strengste Reiseregeln einzuführen, wie Bundeskanzlerin Merkel sie beim EU-Gipfel vor zwei Wochen vergeblich einforderte, schimpfte man auf die UEFA – und lockerte die Einreiseregeln dann sogar noch. Seit Mittwoch ist Großbritannien kein Virusvariantengebiet mehr. Heißt: Einreise nach Deutschland ist wieder für alle Personengruppen möglich, Geimpfte und Genesene brauchen nicht in Quarantäne, für alle anderen verkürzt sie sich.

Letzter Lockdown steckt in den Knochen

Diese Unfähigkeit macht um so sprachloser, als wir den vergangenen Sommer genauso beendet haben: steigende Coronazahlen durch Reiserückkehrer und eine neue Mutante. Wir wissen, wie das weitergegangen ist, der hammerharte Corona-Herbst und -Winter mit all den Entbehrungen, der Einsamkeit und den wirtschaftlichen Verlusten, stecken uns allen noch in den Knochen.

Für alle Menschen, die sich zurückgenommen, eingeschränkt, hart gearbeitet haben, um das Virus einzudämmen, ist die EM ein Schlag ins Gesicht. Sie zeigt: Was wirklich zählt, sind nicht Bevölkerungsschutz oder die Qualität unseres Lebens. Sondern Geld. Für vier Wochen werden in sieben Monaten hart erkämpfte Inzidenzen und Freiheiten einfach aufs Spiel gesetzt.

Wenn Bund und Länder jetzt nicht härter durchgreifen, auch bei den Lockerungen für Großveranstaltungen, wird sich das alles wiederholen. Vielleicht dank Impfungen nicht mit schwersten Verläufen. Aber mit Sicherheit wieder mit massiven Beschränkungen im Schul-, Kultur- und Gastrobetrieb.

Anders als im vergangenen Jahr wird es nach dieser EM dann aber keine Akzeptanz und Kooperation mehr in der Bevölkerung geben. Allerdings, und das mag auch Teil des Problems sein, ist der nächste Herbst-Lockdown auch nicht mehr das Problem der jetzigen Regierung.

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