Die Argumentation der Jecken ist ja eine reichlich unfröhliche: Wer Karneval nicht mag, der hat den Spaß nie geliebt. Ganz so einfach ist die Rechnung nicht. Nur weil ein Teil der Republik meint, er müsse ganze Städte für mehrere Tage in den Klammergriff des gezwungenen Frohsinns nehmen, heißt das noch lange nicht, dass jeder Bützverweigerer ein griesgrämiger Tränensackverwalter ist.
In meinem Fall geht die Rechnung so: Wenn eine dreimal schief trötende Fanfare den Nebel meines Suffs vertreiben muss, damit ich den Lacheinsatz bei der Büttenrede nicht verpasse, dann fällt mir ein ganzer Kamellesack besserer Möglichkeiten ein, mich zu amüsieren. Zum Beispiel Gurkensaft trinken.
Hinzu kommt: Ich verabscheue Gedankenlosigkeit. Ganz recht, ich bin der, der an Neujahr durch die Stadt läuft und sich fragt, wie viele Jahrhunderte es wohl dauern mag, bis sich der ganze weggeworfene Plastikmüll von selbst aufgelöst hat, nur weil wir zu faul (oder zu voll) waren, ihn vernünftig zu entsorgen. Ich bin also auch der, der sich fragt, wieviel es den Steuerzahler wohl kostet, den ganzen Papier, Plastik und Kippe gewordenen Frohsinn von den Straßen holen zu lassen. Oder die Volkswirtschaft, die ganzen Alkoholkranken zu versorgen. Nur weil wir einmal im Jahr mit Anlauf auf alles scheißen wollen. „Komm ey, dat is Tradition!" Da kann ich denen, die vom Karnevalsjeföhl reden, nur sagen: Ihr föhlt ganz offensichtlich gar nichts mehr!
Mir ist schon klar, dass das langweilig sachliche Gründe sind, die mich beim Karneval den Kopf schütteln lassen. Und aufrichtiger Spaß ist etwas viel zu Schönes, um es so sehr auf Kosten anderer auszuleben, wie ich das Karnevalisten unterstelle. Nicht, dass Sie mich falsch verstehen. Ich will dem Spaß nicht auch noch einen Nutzen aufzwingen, das ist nun wirklich nicht seine Aufgabe. Aber vielleicht könnten die Jecken versuchen, den Kollateralschaden an allem, woran wir auch künftig noch Spaß haben wollen, so gering wie möglich zu halten.