Vorab-Kritik

Tatort in der ARD: Odenthal und Stern gegen den "bösen König"

Ein Kioskbetreiber liegt tot in seinem Laden. Er ist an ein paar Centmünzen erstickt. Die Ludwigshafener Ermittlerinnen steigen tief ein in die Psyche der Verdächtigen. Lohnt sich das Einschalten?

Lena Odenthal (Ulrike Folkerts, links) und Johanna Stern (Lisa Bitter) verfolgen einen Tatverdächtigen. | © SWR/Benoit Linder

Jemima Wittig
11.04.2021 | 12.04.2021, 07:09

Es ist Sommer in Ludwigshafen. Kriminalhauptkommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) macht einen nächtlichen Spaziergang, als Polizeiwagen mit Blaulicht ihren Weg kreuzen. Sie folgt ihnen und landet in einem Kiosk. In einer Blutlache liegt der Betreiber. Scheinbar erschlagen. War es Raubmord? So einfach die Tat im neuen Tatort "Der böse König" (Sonntag, 11. April, 20.15 Uhr, ARD) zunächst erscheint, Odenthal und ihr kleines Team werden tief in ein psychologisches Spiel verwickelt.

Die Handlung

Sandro Esposito betreibt den Kiosk noch nicht lange. In einer Nacht wird er von drei Kunden tot hinter seiner Kasse aufgefunden. Er liegt in einer Blutlache. Erschlagen aus Habgier, so die erste Vermutung. Doch in seiner Kehle werden schnell ein paar Münzen gefunden, an denen er erstickt ist. Odenthal und ihre Kollegin Johanna Stern (Lisa Bitter) vermuten daher doch ein persönliches Motiv. Am Tatort befinden sich drei Zeugen, von denen zwei als Verdächtige in Frage kommen. Da ist der charmante Anton Maler (Christopher Schärf), der sich rührend um seine kranke Ex-Freundin kümmert, und Jannik Berg (Pit Bukowski), der mit der Tatwaffe gesehen wurde. Die Verdächtigen lügen und beschönigen und verdächtigen sich gegenseitig. Die Ermittlerinnen merken bald, dass sie in die Psyche des Täters eindringen müssen, um den Fall zu lösen.

Die Umsetzung

Wer manipuliert hier wen? Die Ermittlerinnen ihre Tatverdächtigen, um Geständnisse zu bekommen, oder diese die beiden, um ihre Motive zu verstecken? In gut 90 Minuten zeigt Regisseur Martin Eigler ein sommerliches Ludwigshafen in warmen Farben und mit Vogelgezwitscher im Hintergrund. Die Kulisse zeigt: Hier stimmt etwas nicht. Der schöne Schein trügt. Die Ermittlerinnen haben es mit einem narzisstischen Täter zu tun, der manipuliert, beschuldigt und lügt. Sich nach außen hin aber als Gutmensch gibt, dem Regeln und Werte wichtig sind. Besonders spannend wird es, als Ermittlerin Stern mehr Aufmerksamkeit von einem der Verdächtigen bekommt, als ihr lieb ist. Es geht so weit, dass schließlich sogar ihre Familie mit hineingezogen wird.

Fazit

Bis auf den Täter wird niemand gewalttätig. Es geht in diesem Fall darum, die Psyche des Täters zu verstehen. Warum wurde der Kioskbetreiber umgebracht? Warum wurden ihm ein paar Cent in die Kehle gestopft? Dass er als Person für die Tat im Grunde unwichtig ist, merkt man schon daran, dass sein Name selten genannt wird. Das Opfer ist zweitrangig. Jeder kann zum Opfer werden. Denn der Täter ist ein unberechenbarer Narzisst. Er kann jederzeit austicken. Im Laufe der Zeit wird klar, wie sehr er sein Umfeld manipuliert und wie er reagiert, wenn jemand gegen seine Wertvorstellungen verstößt oder hinter seine Fassade blickt. Das kann dann tödlich enden und wird auch für Stern zum Verhängnis.

Hobbypsychologen unter den Zuschauern kommen in diesem Tatort voll auf ihre Kosten. Weil nicht gleich klar wird, wer der Täter ist, gibt es rund um die Tat so viel zu beobachten, dass man gut miträtseln kann. Was hat Berg mit dem Mann zu tun, der den Kiosk vor dem Opfer betrieben hat, und wieso ist Malers Bekannte so krank? Der Fall wird erst nach einer guten Stunde klarer. Also: einschalten. Auch, weil man nur in einer Szene merkt, dass die Folge während der Pandemie gedreht wurde. Ansonsten ist der Tatort coronafrei.