Bielefeld. Die Nachfrage nach Betreuungsangeboten für Kinder im Alter bis drei Jahre nimmt in OWL zu. Zum Stichtag 1. März 2015 waren insgesamt 13.841 unter Dreijährige in OWL entweder in einer Kita oder bei einer Tagesmutter in Betreuung, so das Statistikamt IT NRW. Das waren 5,4 Prozent mehr als im Vorjahr.
Immer öfter werden Kinder im Alter unter einem Jahr in Betreuung gegeben. Der Zuwachs in diesem Bereich lag 2015 gegenüber dem Vorjahr bei 8,4 Prozent. Manche Kindergärten der Region bieten heute Plätze für Babys ab dem vierten Lebensmonat an. Der Grund dafür ist nicht nur die aktuelle demografische Situation, sondern auch der gezielte Ausbau des U-3-Bereichs.
Unsere Karte zeigt, wieviele Unter-Einjährige in Kitas und bei Tagesmüttern 2014 und 2015 in der Region verzeichnet wurden.
Große Nachfrage
In Bielefeld und in den Kreisen Paderborn und Minden-Lübbecke war der Jahresanstieg bei Babys in Betreuung besonders ausgeprägt und lag 2015 bei 17,5, 16,2 und 15,8 Prozent. Ingo Nürnberger ist Sozialdezernent in Bielefeld. Nach seinen Angaben hat die Zahl der Kinder im Alter unter sechs Jahren in der Stadt leicht zugenommen. „Das mag ein Grund für die Zunahme an Kindern in Tagesbetreuungsangeboten sein“, sagt er.„Daneben ist zu berücksichtigen, dass die gesellschaftliche Akzeptanz einer Kindertagesbetreuung sowie das Interesse der Eltern, ein solches Angebot zu nutzen – zum Beispiel aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit – zugenommen haben“, sagt Nürnberger. Übrigens: Der Zuwachs an U-1-Kindern in Betreuung von 17,5 Prozent sei absolut gesehen gering: 47 Kinder im Jahr 2015 gegenüber 40 Kindern im Jahr 2014.
Herford ist der einzige OWL-Kreis, in dem die Anzahl der Babys in Betreuung 2015 im Vergleich zum Vorjahr gesunken ist.
Paul Bischof ist Dezernent für Jugend und Familie des Kreises. „Gewisse Schwankungen im Kleinkindbereich gibt es immer“, sagt er. „Insofern dürfte man in Bezug auf die Kleinstkinder unter einem Jahr nicht von einem Trend sprechen.“
Schneller Wiedereinstieg
Per Gesetz wird jedem Arbeitnehmer hierzulande zwar ein Anspruch auf den Arbeitsplatz nach der Elternzeit garantiert, doch bei weitem nicht alle jungen Mütter kommen in den Genuss, den ihnen zustehenden Erziehungsurlaub in maximaler Länge auszukosten.Der Haken ist: Garantiert ist die Rückkehr auf eine Stelle mit der gleichen Arbeitszeit wie vor dem Babyurlaub. In der Praxis jedoch wollen viele Mütter in Teilzeit arbeiten. Aber solche Stellen sind in der Regel bei den Firmen begrenzt.
Gabriele Hiltl ist Beauftragte für Chancengleichheit bei der Agentur für Arbeit in Bielefeld. „Viele Frauen versuchen, die Betreuungssituation in der Familie so zu regeln, dass sie bereits ein Jahr nach der Geburt den beruflichen Wiedereinstieg schaffen“, weiß sie aus Erfahrung. „Tendenziell wollen Frauen mit einem höheren Ausbildungsniveau schneller zur Arbeit zurückkehren als andere Mütter.“
Positiv ist: Nach Einschätzungen von Hiltl öffnen sich immer mehr Firmen gegenüber den Bedürfnissen junger Eltern. „Bei Dr. Oetker liegt die durchschnittliche Elternzeit bei 1,3 Jahren“, berichtet Pressesprecherin Julia Ebbeler. Nach der Babypause könne man die Arbeitszeit umstrukturieren, zum Beispiel über Job-Sharing oder Heimarbeit. „Speziell für Mitarbeiter im Produktionsbereich wurde eine sogenannte Mittagsschicht eingeführt, die wiederkehrenden Müttern und Vätern in Teilzeit eine geregelte Arbeitszeit am Vormittag ermöglichen soll“, sagt Ebbeler.
Auch bei Miele wird die Elternzeit zunehmend von Vätern in Anspruch genommen. „2014 und 2015 hat knapp die Hälfte der Männer, die Eltern geworden sind, Elternzeit in Anspruch genommen“, teilt Pressesprecherin Reinhild Portmann mit. Mütter beantragen die Elternzeit für bis zu drei Jahre. Dabei kehren die Frauen häufig nach einem Jahr in Teilzeit zurück. Um junge Eltern zu unterstützen, bietet Miele ihnen unter anderem eine Art Nothilfe bei der Betreuung bei Dienstreisen oder kurzfristigem Ausfall der regulären Betreuung.
Tagesmütter
Eine Tagesmutter ist für viele Eltern eine gute Alternative zur Kita. Von 13.841 unter dreijährigen Kindern, die aktuell in OWL tagsüber außerhalb von zu Hause betreut werden, ist jedes vierte (3.398 Kinder) bei einer Tagesmutter untergebracht, so IT NRW. Da die Anzahl der betreuten Kinder bei einer Tagesmutter in der Regel geringer als in einer Kindergartengruppe ist, halten vor allem die Eltern jüngerer Kinder diese Art der Betreuung für besonders attraktiv.Gerhard Handermann leitet das Jugendamt im Kreis Höxter. Er sagt: „Neben dem Kita-Angebot verfügt unser Kreis über ein gut ausgebautes Netz von Tagesmüttern.“ „Das sorgt dafür, dass praktisch 100 Prozent der Eltern auf der Suche nach einem Betreuungsplatz für ihr Kind versorgt werden können.“
Rechtlich sind die Tagesmütter und die Kitas gleichgestellt. Der Kreis organisiert für sie regelmäßig Fortbildungen. Zurzeit sind im Kreis Höxter laut Handermann außerdem zwei Tagesväter tätig.
Väter in Elternzeit
Windeln zu wechseln ist Frauensache? Nix da! Immer mehr Väter in OWL gehen in Elternzeit, um ihre Babys zu betreuen. „Immer mehr junge Mütter und Väter gestalten ihre Rolle als Eltern gemeinsam“, sagt Gabriele Hiltl von der Agentur für Arbeit in Bielefeld.Nach Angaben des Bielefelder Sozialdezernenten Ingo Nürnberger liegt der Anteil der Elterngeld beziehenden Väter in Bielefeld bei etwa 27 Prozent. In der Elternzeit entfallen 11 Prozent der Bezugsmonate auf Väter. Auch Paul Bischof, Dezernent für Jugend und Familie des Kreises Herford, sagt: „Der Trend nimmt zu, Elternzeit ist aber immer noch deutlich frauendominiert.“