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Wiki Paderborn: Wie der Vietnamkrieg an den Paderborner Fürstenweg kam

Vor 50 Jahren: In der Pädagogischen Hochschule diskutieren mehr als 1.000 Studierende

Leser fragen, die NW erklärt. | © NW

11.12.2017 | 11.12.2017, 10:56

Paderborn. Spätestens ab dem Jahreswechsel werden deutschlandweit Erinnerungen an das geschichtsträchtige Jahr 1968 mit seinen Studentenprotesten wach werden. Auch in Paderborn haben die zwölf Monate, die die Bundesrepublik nachhaltig verändern sollten, Spuren hinterlassen.

Einen Vorgeschmack lieferte bereits der 11. Dezember 1967. An diesem Montag strömten mehr als 1.000 Studentinnen und Studenten der Pädagogischen Hochschule (PH) und der Theologischen Fakultät in die Aula der PH. Dort diskutierte unter anderen der Kölner Asta-Vorsitzende Klaus Laepple als eingetragener Christdemokrat mit Karl Dietrich (KD) Wolff. Der gebürtige Marburger war damals erster Vorsitzender des wahrlich linken Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS).

Mehr als zwei Stunden lang wurde auf dem Podium über die gegenwärtige Situation und die Zukunft der Hochschulen gestritten. Auch das Publikum mischte sich immer wieder ein. "Vorlesungen, bei denen nur das aus Büchern Bekannte vorgelesen wird, sind säkularisierte Predigten", prangerte ein PH-Student den Alltag am Fürstenweg an. Ein anderer junger Paderborner wurde politisch: "Wir Studenten brauchen nur einen Rasen zu betreten, dessen Betreten verboten ist, um nachhaltiges Grauen hervorzurufen. Aber wenn wir das Grauenhafte des Vietnamkriegs schildern, dann rührt das die wenigsten", sagte er. "Es gab frenetischen Beifall. Von rechts, von links und aus der Mitte", schrieb die Neue Westfälische in einem Bericht, der das Ende des Dornröschenschlafs an den Paderborner Hochschulen vorhersagte.

Tatsächlich war an der Pädagogischen Hochschule vier Jahre zuvor die Gründung einer sozialdemokratischen Hochschulgruppe noch gescheitert. Denn die Professorenschaft der damals noch konfessionell katholisch ausgerichteten Lehrerausbildungsstätte hatte diese Vereinigung in einem Konferenzgespräch kurzerhand nicht anerkannt. Als wenig später der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) in Paderborn gegründet wurde, gab es jedoch kein Veto von oben. Als die PH im Jahr 1972 in der neu gegründeten Gesamthochschule aufging, kamen die Jusos aber zum Zuge und dominierten in den Jahren von 1975 bis 1986 Asta und Studentenparlament.

Laepple, der bereits 1966 nach Demonstrationen gegen die Fahrpreiserhöhungen der Kölner Verkehrs-Betriebe aufgrund der Sitzblockaden als Rädelsführer wegen "geistiger Nötigung" verurteilt worden war, machte später in der Tourismusbranche Karriere. Wolff gründete die Verlage Roter Stern sowie Stroemfeld und macht sich immer noch um die Gesamtausgaben der Werke von Hölderlin, Kafka und Kleist verdient.