Drei Kneipen prägten lange das Dorfleben in diesem Salzkottener Ortsteil

Salzkotten-Upsprunge. Nach der Arbeit noch in die Kneipe, sich mit Freunden auf ein Bier treffen, Kegelabende, meist nach dem Hochamt zum Frühschoppen, gemütliche Thekengespräche und nach dem Fußball zusammensitzen und über die wichtigste Nebensache der Welt plaudern – das gibt es auf den meisten Dörfern immer weniger und manche haben gar keine Gaststätte mehr. So wie im 2.000-Einwohner-Dorf Upsprunge. Einst waren es drei Gaststätten: Rincheval und Kirsch an der Hederbornstraße und die Hederquelle an der Kirchstraße. &bdquo;Die klassische Kneipe ist vielerorts gestorben“, sagt Norbert Schulte. Der kürzlich ausgeschiedene Ortsheimatpfleger aus Upsprunge hat die Geschichte und auch die Geschichten der drei Kneipen recherchiert – sozusagen Erlebnisgastronomie für die Nachwelt. &bdquo;Es geht vielen Dörfern so. In Verne gab es zum Beispiel mal neun Kneipen, nur noch eine ist übrig geblieben. Aber auch den Städten geht es ähnlich“, weiß Schulte. In Salzkotten seien von ehemals 19 Gastwirtschaften im Jahr 1967 nur noch drei übrig geblieben. &bdquo;Dabei waren Dorfwirtshäuser wichtige Treffpunkte und Orte lokaler Kommunikation und dienten den Bedürfnissen Reisender. In ihnen fanden die Sitzungen des Gemeinderates und der Vereinsvorstände statt und auch manche behördliche Termine. Bis in die 2000er-Jahre waren sie das Dorfzentrum“, so Schulte. In den 1980er-Jahren zeichnet sich der Umschwung bei Landkneipen ab Der 80-Jährige nennt auch Gründe für die Schließung der Kneipen: Ab den 1980er-Jahren seien immer mehr Vereinsaktivitäten in vereinseigene Räume verlegt worden und auch der günstige Flaschenbierverzehr zu Hause habe letztendlich das Verschwinden der Gasthöfe in den Dörfern bewirkt. Gelegentlich habe es aber auch keine Nachfolger in den Gastwirtsfamilien gegeben. Gastwirtschaft Rincheval Der Ursprung dieser Gaststätte liegt weit zurück, wie Schulte recherchierte. Der aus Frankreich emigrierte angehende Priester Touissant Rincheval heiratete 1808 Barbara Schlicker, die Tochter des von Fürstenbergischen Rentmeisters Adolph Schlicker aus Upsprunge. Er eröffnete mit ihr in Salzkotten am Kirchplatz ein Laden-Geschäft mit Schänke, später Uedings-Lohmann. Ihr Sohn Clemens Ludovici, genannt Louis, übernahm um 1830 den Hof in Upsprunge vom Onkel Clemens Schlicker und etablierte dort um 1850 eine Gastwirtschaft. &bdquo;Louis war ein aktiver Gastwirt und Kaufmann. Er veranstaltete öfter Garten-Konzerte mit bekannten Musikern“, weiß Schulte. Unter anderem trat 1862 eine Opernsängerin des Hoftheaters Wien bei ihm auf. Kundschaft brachte lange auch die Viehwaage, die bis 1962 auf dem Hof stand. Diese Waagen seien oft in der Nähe der Gasthöfe gewesen, weil dort fast immer jemand anwesend war und man anschließend in der Schankstube bei Bier und Korn mit dem Viehhändler über den Preis verhandeln konnte, so der langjährige Ortsheimatpfleger. Es gab drei Bier für eine Mark Bei Rincheval gab es auch eine Kolonialwarenhandlung, die um 1930 aufgegeben wurde. Auch vier Fremdenschlafzimmer standen zur Verfügung. 1951 wurde ein Saal angebaut, in dem lange auch das Schützenfest gefeiert wurde. 1968 kamen auch zwei Kegelbahnen hinzu. Im Ausschank sei Jahrzehnte lang das in Holzfässern angelieferte Weißenburger Bier aus Lippstadt gewesen. &bdquo;Ein Bier kostete 1960 35 Pfennig und drei Bier gab es für eine Mark“, weiß Norbert Schulte zu berichten. Lange blieb es ein Familienbetrieb und wurde immer von den jeweiligen Söhnen weitergeführt. Als Anton Rincheval 1979 starb, führte seine Frau Martha den Betrieb nur bis März 1980 weiter - sie verkaufte das Anwesen an den Getränkegroßhändler Bernhard Grewe aus Salzkotten. &bdquo;Es folgten mehrere Pächter, bei denen es mal gut, mal schlecht lief“, so Schulte. 1990 war die Zeit des Gasthauses Rincheval zu Ende. &bdquo;Die Gebäude stehen seitdem leer. Sobald das neue Feuerwehrgerätehaus nördlich des Grundstücks erbaut ist, wird es abgerissen und auf der Fläche entstehen Wohngebäude“, weiß Norbert Schulte. Gaststätte Kirsch Rincheval gegenüber existierte eine zweite Gaststätte, heute noch bekannt als &bdquo;Gaststätte Kirsch“, wie es im Putz des Eck-Ziergiebels zu lesen ist. Hier wurde schon seit 1835 Bier ausgeschenkt. Neben der Landwirtschaft betrieb die Familie Kirsch die Gaststätte, seit 1884 die Poststelle und seit 1878 einen Kolonialwarenladen. Alle drei Betriebszweige sind mit dem Namen Ferdinand Kirsch verbunden. 1912 riss Heinrich Kirsch das alte Haus ab und baute neu und viel größer. Die hohe Nachfrage nach Fremdenzimmern sei der Grund gewesen, erinnerte sich Annemarie Kirsch noch im März 2023, wie Schulte berichtet. Während der Nacht seien die Pferde in den Stall gekommen. Seit den 1950er-Jahren kam der Hotelbetrieb aber völlig zum Erliegen. Noch 1962 tagte der Gemeinderat im Wechsel auch bei Kirsch im Saal. Aber im Laufe der Jahrzehnte wirkte sich die Konkurrenz durch Rincheval stark aus. Ein historisches Stück hat das Ende der Kneipe überlebt Nach dem Tod von &bdquo;Onkel Ferdinand“, wie der Wirt von allen genannt wurde, am 14. Januar 1965 endete die Ära der Gaststätte. Aber etwas hat überlebt: Der Schrank aus dem Lebensmittelgeschäft mit den ausziehbaren Fächern kommt immer noch bei historischen Märkten unter dem Titel &bdquo;Tante-Emma-Laden Kirsch“ zum Einsatz. Mit der Schließung der Poststelle bei Kirsch ging im Februar 1994 auch eine fast 125-jährige Familientradition zu Ende. Seit 2024 steht das ortsbildprägende Gebäude leer. Gaststätte Bergschneider 53 Jahre existierte die Gaststätte Hederquelle, wie sie eigentlich hieß. Hermann und Marianne Bergschneider führten sie von 1962 bis 1991. Danach gab es einige Pächterwechsel und am 31. Dezember 2015 war auch diese Kneipe in Upsprunge Geschichte. &bdquo;Es war die letzte Gaststätte in Upsprunge, wo man sich zwanglos treffen konnte, daher war dieser Verlust für die Dorfgemeinschaft besonders hart“, erinnert sich Schulte genau. Die Räume standen nach der Schließung lange leer. 2022 wurden dann zwei Wohnungen dort eingebaut. Bevor das Haus in den Besitz der Familie Bergschneider kam, war dort von 1814 an ein Schulraum und eine Wohnung für den Lehrer untergebracht. Nach mehreren Eigentümerwechseln kaufte es 1921 Malermeister Franz Bergschneider aus Salzkotten. Dort eröffnete die Familie ein Lebensmittelgeschäft. Dieses führte der Sohn Hermann mit seiner Ehefrau Marianne weiter - zusammen mit der Kneipe. Zwei Kegelbahnen kamen 1983 hinzu. Gemeinderatssitzungen fanden im Stübchen statt Die Gaststätte bestand aus dem Schankraum mit Theke. Im sogenannten Stübchen, einem abgetrennten Raum, fanden auch Sitzungen des Gemeinderates, von Vereinsvorständen und kleinere Geburtstagsfeiern statt. Warsteiner Bier war im Ausschank. &bdquo;Der Betrieb lief gut“, weiß Schulte, &bdquo;es gab Sparklubs und Stammtische, die sich regelmäßig dort trafen. Hermann versorgte die Gäste mit Getränken, Marianne bereitete die Speisen zu.“

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