Scharmedes Karnevalspräsident: „Das Karnevalsfieber hat bis heute angehalten“

50 Jahre Karnevalsverein in Scharmede ist schon eine lange Zeit. Wann sind Sie zum ersten Mal mit dem Karneval in Berührung gekommen? Raimund Schlüter: Wenn man in Scharmede geboren ist, kommt man zwangsläufig mit dem Karneval in Berührung. Wir waren schon immer eine Karnevalsfamilie und ich bin schon als Kind bei einer Fußgruppe im Umzug mitgegangen. Das Karnevalsfieber hat bis heute angehalten. Markus Baurichter: Ich wohne erst seit 2009 in Scharmede, bin in Paderborn aufgewachsen, wo leider nicht so viel mit Karneval lief. Ich habe mich aber immer gerne verkleidet. Meine Frau war aber im Delbrücker Karneval sehr rege aktiv, sie war auch im Frauen-Elferrat. Ich fand das Karnevalistische schon immer gut und als wir nach Scharmede gezogen sind, sind wir auch gleich dem Karnevalsverein beigetreten. Beschreiben Sie bitte den Karneval in Scharmede mit drei prägnanten Worten. Schlüter: Eigentlich reichen drei Worte nicht aus. Auf jeden Fall familiär, bunt, humorvoll und dörflich.Baurichter: Ich finde es schon außerordentlich, dass so ein Dorf wie Scharmede mit knapp 2.700 Einwohner so etwas auf die Beine stellt. Wir haben die Jeck’sche Nacht, wir haben Kinderkarneval, den Frauenkarneval, Karneval Klassik und den Umzug mit Party.Schlüter: Es hängt aber auch vieles an unserer Schützenhalle, auch wenn sie in die Jahre gekommen ist. Wenn man so eine Halle zur Verfügung hat, ist so einiges möglich. Mit einem Zelt wäre das schon schwieriger. &bdquo;Wir sind eigentlich das ganze Jahr mit Karneval beschäftigt“ Was sind für Sie die Höhepunkte des Karnevals? Eher die Partys und Sitzungen oder der Umzug? Schlüter: Höhepunkt ist definitiv der Umzug. So ist ja der Karneval in Scharmede entstanden. Karneval feiern möchten (fast) alle gerne. Aber es steckt auch viel Arbeit des Vorstandes dahinter. Wann beginnen die Planungen und Vorbereitungen? Schlüter: Als ich vor 30 Jahren in den Vorstand gekommen bin, da ist man im Herbst angefangen mit den Planungen für den Umzug – das war es. Mittlerweile, da nehme ich die Sommerferien mal raus, sind wir eigentlich das ganze Jahr durchweg mit dem Karneval beschäftigt. Als Vorstand treffen wir uns alle vier Wochen. Baurichter: In Stunden kann man das gar nicht beziffern. Allein, wie viel Arbeit wir in den neuen Komiteewagen gesteckt haben. Zusätzlich hat man auch sehr viele Telefonate zu führen. Da gehen so manche Abende und Wochenenden drauf. Um Veranstaltungen zu planen und zu organisieren, benötigt man ein großes Team. Wie sehen Sie die Zukunft des Karnevals, gibt es genug Nachwuchsjecken, die bereit sind, Vorstandsarbeit zu machen? Baurichter: Im Moment gibt es eine kleine Trendwende. Es sind einige Jüngere, die Interesse zeigen. Die Posten der Vorstandsmitglieder, die 2022 aufgehört haben, konnten wir jedenfalls neu besetzen. Schlüter: Wir haben den Vorstand in den letzten Jahren auch durch ein paar jüngere Damen verstärken können, sie sind eine tolle Bereicherung. Aber zukünftig wird es immer schwieriger, die Führungsposten, wie Präsident oder Vorsitzender, zu besetzen. Sie sind beide schon länger dabei. Wie hat sich der Karneval in den letzten Jahren oder Jahrzehnten verändert? Schlüter: Die Veränderung kam, als Scharmede mehr Zulauf hatte. Früher gab es keine Absperrungen im Ort, da fuhren ein paar Wagen und ein paar verkleidete Jecken sind durch das Dorf gezogen. Je mehr Publikum kam, desto mehr Herausforderungen gab es. In den letzten 15 Jahren ist es schon extremer geworden, weil man einen Sicherheitsdienst haben muss, es gibt viele Auflagen – man muss sehr engagiert sein, um diese ganzen Anforderungen zu erfüllen. Das Feiern hat sich auch verändert, es ist einfach eine andere Zeit. Baurichter: Es herrscht ein anderer Zeitgeist. Der traditionelle Karneval rückt immer mehr in den Hintergrund, die Partyfraktion mit Ballermann-Hits kommt immer mehr nach vorne. Aber wir haben auch den Karneval Klassik am Karnevalssamstag in der Schützenhalle. Das war früher als Altennachmittag verschrien. Da gibt es aber eine Kehrtwende. Immer mehr erkennen, dass es Karneval für alle ist, wo auch die traditionellen und kölschen Karnevalslieder gespielt werden. Aber bei den Umzügen, auch in Delbrück oder Paderborn, da spielen die jungen Leute ihre Partymusik – wer spielt denn da noch &bdquo;Mer losse de Dom in Kölle“? Aber Leben ist Veränderung. Jede Generation hat ihren eigenen Stil und das ist ja auch gut so. Im Vorstand tragen Sie ja Uniform. Was wäre denn das passende Kostüm für Ihren Kollegen und warum? Baurichter: Raimund könnte als Schlagerstar der 70er gehen, denn er singt gerne.Schlüter: Markus ist ja eher der lockere Typ, ihn könnte ich mir vielleicht als Hippie mit langen Haaren vorstellen. Baurichter: (lacht) Ich wüsste für mich ganz viele Kostüme. Ein bisschen ärgert es mich schon, dass ich immer diese Uniform tragen muss. Wie sehen Sie generell die Diskussion über Kostüme wie z. B. Indianer? Gibt es beim Karneval in Scharmede ein No Go? Baurichter: Ich finde ein No Go beim Karneval sehr schwierig. Es kommt zum Beispiel bei der Thematik mit indigenen Völker darauf an, wie man es macht. Man sollte sie nicht ins Lächerliche ziehen oder diskriminieren. Aber ein &bdquo;Mohrenkostüm“ mit Bastrock, das es früher im Karneval oft gab, ist heute aus meiner Sicht inakzeptabel. Aber wenn Kinder sich als Indianer verkleiden, dann sehe ich da keine Diskriminierung. Winnetou ist ja der Held, mutig, stark, unerschrocken und naturverbunden. Ich finde es eher schwierig, wenn in Kriegszeiten Leute mit einem Air-Force-Anzug ankommen. Gibt es beim Jubiläumsumzug etwas Besonderes? Wie viele nehmen teil? Schlüter: Wir haben es diesmal geschafft, genau 50 Wagen und Gruppen für den Umzug, passend zum Jubiläum, zu bekommen. Letztes Jahr waren wir knapp darunter, da waren es 48. Und wir haben einen wunderschönen neuen Präsidentenwagen. Baurichter: Wir erwarten wieder etwa 10.000 Besucher. Leider haben wir aufgrund des Wetters und der aufgeweichten Wiesen deutlich weniger Parkplätze zur Verfügung. Daher bitten wir die Besucher, möglichst mit dem Bus oder der Bahn anzureisen – es gibt ja auch das 1-Euro-Ticket im Salzkottener Stadtgebiet. Beim Paderborner Umzug stand im Raum, dass auch Trecker, die zuletzt bei den Protestdemos unterwegs waren, mitmachen. Wäre das auch in Scharmede möglich? Baurichter: Nein, ein kategorisches Nein. Wer politisch werden möchte, dann bitte auf die satirische Art. Schlüter: Bei uns werden auch keine einzelnen Trecker zugelassen. Zudem muss jeder Zugteilnehmer uns vorher sein Motto mitteilen. Und es gibt noch immer die Wagenabnahme. Aber es gab auch keinerlei Anfragen aus dieser Richtung.

Meistgelesen