Kunststreit im Kreis Paderborn: Künstler soll Tausende Euro Entschädigung bekommen

Paderborn/Borchen/Bielefeld. Kurz sieht es so aus, als wenn der anberaumte Gerichtstermin vorbei ist, bevor er überhaupt begonnen hat. Der Paderborner Künstler Wilfried Hagebölling verklagt die Gemeinde Borchen, weil Kunstwerke von ihm spurlos verschwunden sind. Als juristischen Beistand hat sich der 84-Jährige einen Experten auf dem Gebiet geholt: Rechtsanwalt Peter Raue reist an diesem Freitagmorgen extra aus Berlin an – und betritt den Gerichtssaal wegen Zugausfall erst mit ein paar Minuten Verspätung. Verhandelt wird am Bielefelder Landgericht, das in Urheberrechtsstreitigkeiten zuständig ist. Juristisch sei der Fall eindeutig, meint der Vorsitzende Richter Matthias Windmann. &bdquo;Kunstwerke einfach verschwinden zu lassen – das geht nicht.“ Bildhauer Hagebölling hatte 1972 für die damalige Borchener Hauptschule – heute Sekundarschule – mehrere große Werke erschaffen. Zu sehen ist heute nur noch die 7,50 Meter hohe Stahlskulptur im Eingangsbereich. Eine 3,60 Meter hohe Stahlplastik: nicht mehr auffindbar. Weitere Kunst unter anderem im Treppenhaus: übermalt. Hagebölling sieht sein Urheberrecht verletzt, da einzelne Werke vernichtet und das Gesamtkunstwerk verändert worden seien. Erfolglose Suche nach dem verschwundenen Hagebölling-Kunstwerk Am Ort der Stahlplastik sei vor einiger Zeit ein zusätzlicher Kunstraum entstanden, erklärt Rechtsanwalt Christian Waltemate, der die Gemeinde Borchen vertritt. &bdquo;Man wollte sich nicht wirtschaftlich bereichern, sondern hatte ehrenwerte Motive.“ Nämlich den Bau eines Raums, in dem Schülerinnen und Schüler selbst kreativ werden. Hageböllings Kunstwerk wurde abgebaut. Wohin es kam – unklar. &bdquo;Wir haben versucht, es wieder aufzufinden, bis zum jetzigen Zeitpunkt“, sagt Waltemate. Es existiere jedoch keine Aktenlage zum Verbleib. Zudem habe es aus Brandschutzgründen Auflagen gegeben, die Farbe im Treppenhaus zu entfernen. Dass Hagebölling über diese Schritte nicht informiert wurde, kritisiert Raue. Ein Punkt, dem der Richter zustimmt: Seitens der Gemeinde wäre es das Mindeste gewesen, den Künstler zu kontaktieren, so Windmann. Landgericht schlägt 20.000 Euro Entschädigung für Wilfried Hagebölling vor Dem Termin am Bielefelder Landgericht ging ein längerer Schriftverkehr zwischen den beiden Anwälten voraus. Waltemate etwa merkte in der Vergangenheit an, dass es unklar sei, ob die Gemeinde haftbar gemacht werden könne. Denn der vor fünf Jahrzehnten vereinbarte Werkvertrag sei zwischen dem längst nicht mehr existierenden Schulverband Borchen und Hagebölling geschlossen worden. Zudem seien Teile des Vertrags geschwärzt. Lesen Sie auch: Weitere Hintergründe zur Klage gegen die Gemeinde Borchen Aus Sicht des Richters ist die &bdquo;Lage für die Gemeinde Borchen unglücklich“. Dass es keine Informationen über den Verbleib des Kunstwerks gibt, mache es der Kammer &bdquo;relativ einfach“. Windmann lenkt die Diskussion daher schnell darauf, ob sich die Parteien über eine Entschädigungshöhe einigen wollen. &bdquo;Oder wollen Sie das in unsere eher kunstbanausigen Hände legen?“, fragt der Richter im Namen der Kammer. Anders als bei Unfällen gebe es für Kunstwerke keine Schmerzensgeldtabellen. Letztlich schlägt Matthias Windmann 20.000 Euro vor. Hagebölling selbst hatte zuvor an 30.000 Euro gedacht, nimmt nach kurzer Beratung mit seinem Anwalt Raue aber die vom Richter eingebrachte Summe an. Zugleich bringt Raue ins Spiel, dass die Gegenseite sämtliche Prozesskosten zahlen soll. Davon rät Windmann jedoch ab. Es wird sich darauf geeinigt, dass die Beklagten zwei Drittel der Prozesskosten tragen und Hagebölling ein Drittel. Mehr zu Hagebölling: Nach Kritik des Künstlers wird in Paderborn eine Werbetafel versetzt Borchens Anwalt will noch mit der Versicherung sprechen In trockenen Tüchern ist der Vergleich aber noch nicht. Bis zum 5. Dezember gilt eine Widerrufsfrist. Borchens Anwalt Waltemate will bis dahin klären, ob die Versicherung der Gemeinde mit den 20.000 Euro einverstanden ist. &bdquo;Heute hätten wir nichts annehmen dürfen, da wir sonst den Versicherungsschutz gefährdet hätten“, sagt Waltemate. Positiv sei, dass die Kammer ein Vorschlag mache. Falls der Vergleich doch nicht umgesetzt werden sollte, ginge es am 23. Dezember vor Gericht weiter. Wilfried Hagebölling und seine Begleiter – neben Anwalt Raue sind auch Familienmitglieder und Freunde vor Ort am Landgericht – gehen aber fest davon aus, dass der Vergleich Bestand haben wird. Über die Höhe von 20.000 Euro sagt Hagebölling: &bdquo;Das ist okay.“ 📲 News direkt aufs Smartphone? Hier gehts zum kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW Paderborn

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