Paderborner Künstler Hagebölling verklagt die Gemeinde Borchen

Borchen. Als 2022 bekannt wurde, dass große Teile seiner Kunstwerke an der Borchener Sekundarschule verschwunden waren, war Wilfried Hagebölling sauer, stinksauer sogar. Der Bildhauer hatte 1972 für die damalige Hauptschule mehrere große Kunstwerke erstellt. Geblieben ist nur die 7,50 Meter hohe Stahlskulptur im Eingangsbereich. Der Rest - unauffindbar oder übermalt. Hagebölling macht die Gemeinde Borchen dafür verantwortlich - auch wenn das Entfernen der Kunstwerke im Zuge der Erweiterung der Schule schon über zehn Jahre zurückliegt. Er habe lange mit sich gerungen, sich aber dann zu einer Klage gegen die Gemeinde entschieden. &bdquo;Es ärgert mich, dass sie mein Kunstwerk vernichtet haben. Ich fühle mich verpflichtet, mich dafür einzusetzen“, begründet der Paderborner Künstler seine Entscheidung. Am Freitag, 7. November, um 11 Uhr kommt es nun zur Verhandlung vor dem Landgericht Bielefeld. &bdquo;Ich finde es unverschämt, nicht mit mir darüber gesprochen zu haben. Hätte man damals den Kontakt gesucht, hätte man sicher eine Lösung gefunden und die Kunstwerke eventuell versetzen können“, sagt Hagebölling und fügt an: &bdquo;Als die Gemeinde etwas an der Schule verändern wollte, hätte sie auf den Künstler zugehen müssen“, beruft sich der 84-Jährige auf sein Urheberrecht. Zudem bedeute ihm das Werk an der Borchener Schule etwas. Es sei eine seiner frühen Arbeiten gewesen. &bdquo;Das war zu der Zeit eine sehr besondere, mustergültige Arbeit, eine ganz andere Betrachtung der Kunst im öffentlichen Raum. Und es war vor 50 Jahren auch eine mutige Entscheidung vom Borchener Rat“, blickt der Künstler zurück. Lesen Sie auch: Auf der Suche nach dem Kunstwerk an der Borchener Schule Schon 2022 erstattete Hagebölling Anzeige gegen Unbekannt Es war nicht nur die noch existierende große Stahlskulptur im Eingangsbereich, er hatte 1972 das gesamte Treppenhaus bemalt und optisch verändert, das setzte sich auf dem oberen Pausenhof fort, auf dem auch eine 3,60 Meter hohe Stahlplastik und Sitzblöcke platziert wurden. Und diese sind komplett verschwunden. Das entdeckte Monika Hoffmann, seit 40 Jahren Hageböllings Galeristin, bei Recherchen für eine Dokumentation. Bei der Gemeinde gibt es keine Aufzeichnungen, wo sie geblieben sein könnten. Hagebölling erstattete daher Anzeige gegen Unbekannt, das Strafverfahren wurde aber 2022 von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Nun der zweite Versuch, denn das Urheberrecht des Künstlers gilt weiterhin und darauf beruft sich Hagebölling. Eine außergerichtliche Einigung zwischen der Gemeinde und ihm sei gescheitert, wie er berichtet. &bdquo;Dabei hätte ich mir das gewünscht, nun gehen wir den anderen Weg. Die Rechtslage spricht für uns“, betont der gebürtige Berliner, der auch von einem Fachanwalt aus der Hauptstadt, Peter Raue, vertreten wird. Dieser hat sich schon mehrfach schriftlich mit dem Paderborner Rechtsanwalt Christian Waltemate, der die Gemeinde vertritt, ausgetauscht - ein gut gefüllter Aktenordner zeugt davon. Unter anderem betont Raue in einem Schreiben den Inhalt des vor über 50 Jahren geschlossenen Werkvertrags. &bdquo;Die dem Künstler übertragenen Leistungen sind als einheitliches geistiges Werk anzusehen, der Auftraggeber kann sie daher ohne Zustimmung des Künstlers weder ganz noch teilweise an Dritte übertragen“, heißt es unter anderem darin. Raue wirft der Gemeinde vor, in das Urheber- und Urheberpersönlichkeitsrecht eingegriffen und es verletzt zu haben. Die Vernichtung des Gesamtkunstwerkes nennt der Berliner Anwalt &bdquo;einen barbarischen Akt“. Auch interessant: Nach Kritik durch Künstler Hagebölling: Werbetafel in Paderborn wird versetzt Hagebölling hatte schon mal Erfolg vor Gericht mit bundesweiter Aufmerksamkeit Laut Christian Waltemate sei es allerdings gar nicht klar, dass die Gemeinde haftbar gemacht werden könne. Nach seinen Recherchen sei eine &bdquo;Rechtsnachfolge der Gemeinde Borchen bislang nicht ersichtlich.“ 1971 habe es einen Vertrag zwischen dem Schulverband Borchen und dem Künstler gegeben. Damals existierten zwei Verbände (Realschulzweckverband Lichtenau/Atteln und der Hauptschulverband Atteln/Haaren), die Mitte beziehungsweise Ende der 1970er-Jahre aufgelöst wurden. Zudem sei in dem Vertrag weder das Werk noch das Honorar geregelt, daher sei dieser Vertrag aus Sicht von Waltemate &bdquo;äußerst ungewöhnlich“. Waltemate empfiehlt in einem weiteren Schreiben, &bdquo;die behaupteten Entschädigungsansprüche bei der Haftpflichtversicherung der Gemeinde geltend zu machen“. Das wiederum bezeichnet Hageböllings Anwalt als &bdquo;geradezu grotesk“. In Bielefeld werden die Juristen nun erstmals aufeinandertreffen. Wilfried Hagebölling geht allerdings mit einem guten Gefühl in die Verhandlung. Schließlich hatte er bereits schon einmal vor Gericht Erfolg, der bundesweit Aufmerksamkeit bekam. 2001 ging es um das sogenannte vier Meter hohe &bdquo;Keilstück“ von Hagebölling, das seit 1987 auf dem Martinikirchhof in Minden steht. Die Stadt wollte später das Stahl-Kunstwerk wieder entfernen lassen. Der Künstler klagte, das Landgericht Bielefeld entschied aber zugunsten der Stadt. Hagebölling ging in Berufung, obwohl es für ihn hätte sehr teuer werden können. &bdquo;Ich wollte kein Geld, ich wollte ein Urteil, um zu zeigen, dass das Urheberrecht durchaus in der Lage ist, das Eigentumsrecht zu stechen.“ Er bekam recht. Das Oberlandesgericht Hamm entschied, dass ohne Einwilligung des Künstlers das Kunstwerk an keinem anderen Ort aufgestellt oder eingelagert werden darf. &bdquo;Es war ein Präzedenzfall“, so der 84-jährige Künstler. Ob es das Landgericht auch so sieht, wird sich am 7. November zeigen.

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