Überraschende Wendung: Zeugin verweigert im Prozess um Zwangsprostitution die Aussage

Paderborn. Es ist ein böser Vorwurf, dem sich zwei Brüder vor der 8. Großen Strafkammer des Landgerichts Paderborn stellen müssen. Laut Anklage sollen Ahmed und Kamir L. (Namen geändert) eine 20 Jahre alte Frau mit falschen Versprechungen nach Paderborn gelockt haben, um sie hier für sich als Prostituierte arbeiten zu lassen. Statt in einem Hotel als Servicekraft tätig zu sein, musste sie dort in einem Zimmer Freier empfangen und die Entlohnung an das Brüderpaar abgeben. Das jedenfalls hat Liana P. Anfang März 2024 der Polizei erzählt und so hat es auch Staatsanwalt Kai Uwe Waschkies in seiner Anklage notiert. Doch möglicherweise hat die junge Frau nicht die Wahrheit erzählt. Am vierten Tag entwickelte sich die Verhandlung in eine ganz andere Richtung. Für diesen Termin haben die Richter noch einmal Liana P. geladen. Denn anscheinend haben nicht nur die Verteidiger Georg Schulze und Martin Mauntel noch einigen Klärungsbedarf, nachdem die 20-Jährige bereits am zweiten Prozesstag etliche Stunden unter Ausschluss der Öffentlichkeit befragt wurde. Auch die Vorsitzende Richterin Anne Zacharias spricht von &bdquo;kritischen Nachfragen“. Prostitution statt Liebe: Zwei Paderborner sollen junge Frau ausgenutzt haben Mutmaßliches Opfer kommt zunächst bei ihrem Bruder unter Doch zunächst wird der ältere Bruder der Liana P. vernommen. Mit ihm wohnte sie im Februar 2024 für einige Zeit zusammen, nachdem sie ihre Wohnung verloren hatte. Zwei Wochen seien es gewesen, beteuert der Krefelder und erzählt sehr diskret und zurückhaltend, dass es da doch zu einigen Schwierigkeiten gekommen sei mit der drei Jahre jüngeren Schwester. Denn während er fleißig zur Arbeit ging, für einen gut gefüllten Kühlschrank sorgte und sogar ein kleines Taschengeld springen ließ, machte Liana P. anscheinend nichts – außer des Nachts um die Häuser zu ziehen. &bdquo;Ich wollte, dass sie ihr Leben wieder in den Griff bekommt“, sagt der Zeuge. Dass sich die 20-Jährige Ende Februar an einem Nachmittag von drei Männern und einer Frau abholen ließ, das habe ihn überrascht. Tatsächlich bot der junge Mann seiner Schwester noch in derselben Nacht via Messenger an, dass sie wieder bei ihm einziehen könne. Doch vergebens – erst als der 23-Jährige viele Monate später eine Vorladung der ermittelnden Polizeibeamten erhielt, kamen die Geschwister wieder in Kontakt. Mehr zu dem Fall: Sexarbeiterin soll vor Gericht Licht ins Dunkel bringen Verteidiger wollen mögliches Opfer wegen Falschaussage anzeigen Sämtliche Ausführungen des jungen Mannes verfolgen die Verteidiger mit besonderer Aufmerksamkeit – nicht nur dessen Beteuerung, dass keiner der beiden Angeklagten unter den Männern gewesen sei, die seine Schwester am 26. Februar abgeholt hatten. Vieles von dem, was dieser Zeuge beschrieben habe, stehe der Aussage der Liana P. &bdquo;diametral“ gegenüber, bilanziert schließlich Georg Schulze. Er ist der Meinung, dass der 23-Jährige vereidigt werden müsse, &bdquo;weil wir dem Zeugen glauben. Und auf seine Aussage kommt es entscheidend an.“ Zwangsprostitution in Paderborn: &bdquo;Wenn ich mit Nutten und Drogen mein Geld mache“ Dazu gebe es keine Veranlassung, sagt hingegen die Vorsitzende Richterin zum Thema &bdquo;Vereidigung“. Ebenso wenig will das Gericht im Protokoll vermerken lassen, dass Verteidiger Schulze beabsichtigt, Liana P. wegen uneidlicher Falschaussage anzuzeigen. Verteidiger werfen Ankläger Befangenheit vor Wenig später kochen die Wogen hoch, denn Ankläger Waschkies hat Martin Mauntels Frage, ob er denn zu diesem Thema einen Eingangsvermerk gefertigt habe, mit einem kurzen &bdquo;Nö“ beantwortet. Der Ankläger sei befangen, so die Ansicht der Verteidiger, die sodann nach fast halbstündiger Pause einen Antrag stellen. Ihr Mandant lehne diesen Staatsanwalt als Sitzungsvertreter ab, teilen sie darin dem Gericht mit. Deshalb solle die Vorsitzende beim Leitenden Oberstaatsanwalt als Dienstvorgesetzten darauf hinwirken, dass Kai Uwe Waschkies als Sitzungsvertreter durch einen Kollegen abgelöst werde. Vergebens, das Gericht folgt auch diesem Antrag nicht, denn es teilt nicht die Bedenken, dass der Staatsanwalt per se ausgeschlossen habe, ein entsprechendes Verfahren gegen Liana P. einzuleiten. Als diese dann für ihre Vernehmung den Saal betritt, wird erneut die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Befragt wird sie aber anscheinend nicht. Denn wie der Pressesprecher des Landgerichts auf Nachfrage dieser Zeitung mitteilt, macht Liana P. nach besonderer Belehrung durch die Vorsitzende Richterin von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Was das für den Ausgang der Verhandlung bedeutet, wird sich am Mittwoch, 25. Juni, zeigen. Im Prozess um Zwangsprostitution: Zeuge schildert vor Gericht filmreife Befreiung

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