Zwangsprostitution in Paderborn: Zeuge schildert filmreife Befreiung

Paderborn. Es ist vor allem der schwere Vorwurf der Zwangsprostitution, dem sich ein Brüderpaar vor der 8. Großen Strafkammer des Paderborner Landgerichts stellen muss. Ahmed und Kamir L. (alle Namen geändert) sollen eine junge Frau unter Vorspiegelung einer Liebesbeziehung nach Paderborn gelockt haben - mit dem Ziel, diese in einem Hotel anschaffen zu schicken. Nicht einmal ihr Zimmer habe Liana P. verlassen dürfen, sodass ihr nur dank der Hilfe eines Mannes nach rund zehn Tagen die Flucht gelingen konnte, hat Staatsanwalt Kai Uwe Waschkies notiert. Nachdem an einem ersten Verhandlungstag lediglich die Anklageschrift verlesen und ein Polizeibeamter als Zeuge gehört wurde, steht am nächsten Termin die Befragung von Liana P. im Mittelpunkt - allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ihre Anwältin ist der Ansicht, dass bei der Befragung der jungen Frau, die möglicherweise Opfer einer sogenannten Loverboy-Masche geworden ist, zu viele persönliche Details - auch mit sexuellem Hintergrund - zu Sprache kommen könnten. Außerdem sei ihre mittlerweile 22 Jahre alte Mandantin traumatisiert, sagt die Nebenklagevertreterin, und habe große Angst vor der Familie der Angeklagten. Nach kurzer Beratung folgt die Kammer diesem Ansinnen, sie mag der Argumentation der beiden Verteidiger Georg Schulze und Martin Mauntel, dass das öffentliche Interesse überwiege, weil die Öffentlichkeit ein Recht habe, zu erfahren, was in Gerichtssälen passiert, nicht folgen. Die Vorgeschichte: Prostitution statt Liebe: Zwei Paderborner sollen junge Frau ausgenutzt haben Opfer verlässt Paderborner Gerichtssaal unter Tränen Tatsächlich scheint die Vernehmung von Liana P. sehr komplexer Natur zu sein. Zwei Stunden gehen ins Land, bevor sich die Türen des Gerichtssaals erstmals öffnen und die junge Frau weinend den Saal an der Seite ihrer Anwältin verlässt - um sich nach zehn Minuten der weiteren Befragung zu stellen. Und die dauert dann bis weit in den Nachmittag an. Zwei Zeugen, die seit dem späten Vormittag warten und von der Vorsitzenden Anne Zacharias auf die frühen Nachmittagsstunden vertröstet wurden, harren weiter geduldig aus. Einer von ihnen ist der Mann, der am 3. März 2024 aus ihrer misslichen Lage befreit hatte. Der 36-Jährige darf um 15 Uhr endlich zusammen mit Zuhörern den Gerichtssaal betreten und erzählen, was er mit dem Fall zu tun hat. Der Paderborner erstattet einen Bericht, der Stoff für einen Film liefern könnte. Da ist die Rede von seiner Ex-Freundin, die, wie er den Eindruck hatte, für gefährliche Leute als Sexarbeiterin tätig gewesen sei und ihn erpresst habe - auch über das Ende der Beziehung hinaus. Der 36-Jährige erzählt von seinen Recherchen, mit deren Hilfe er seiner Ex, aber auch der sie umgebenden mutmaßlichen Tätergruppe auf der Spur blieb. Und schließlich vom 3. März 2024. Zufällige Begegnung in einem Paderborner Hotel An jenem Tag war der Paderborner zu einem Hotel an der Detmolder Straße gefahren, um sich mit seiner Ex-Freundin auszusprechen. Er hatte nämlich - immer noch für weitere Recherchen auf einschlägigen Seiten unterwegs - ein Inserat entdeckt, das ihn glauben ließ, seine Verflossene gehe dort ihrer Tätigkeit nach. Doch in dem Etablissement öffnete die ihm völlig unbekannte Liana P. die Tür des Hotelzimmers. Diese sei in Tränen ausgebrochen, als er ihr von seiner ehemaligen Freundin erzählt habe, erinnert sich der Zeuge. Sie habe berichtet, gleichfalls zur Prostitution gezwungen zu werden. Dem 36-Jährigen gelang es zusammen mit einer Freundin, die vor dem Hotel gewartet hatte, Liana P. aus dem Hotel zu schmuggeln und schließlich nach einigen Stunden des Beratschlagens zur Polizei zu bringen - mithilfe einer komplexe über einen Nachrichtendienst aufrechterhaltene Scharade erweckten sie den Eindruck, die 22-Jährige halte sich nach wie vor in dem Hotelzimmer auf. Jetzt, mehr als ein Jahr später, sind dem Zeugen möglicherweise Zweifel gekommen. &bdquo;Ich weiß nicht, ob Zwang im Spiel war“, sagt er heute. In einem Brief, den er im März an Verteidiger Schulze schrieb, ist die Rede davon, dass er, beeinflusst von Wut und Hass über die gescheiterte Beziehung, möglicherweise Bilder und Nachrichten falsch interpretiert und andere Personen zu Unrecht beschuldigt habe. Was das alles für das Verfahren bedeutet, wird sich an drei weiteren Verhandlungstagen zeigen. Der Prozess wird am Montag, 26. Mai, fortgesetzt. Immer informiert bleiben: Hier gelangen Sie direkt zum Whatsapp-Kanal der NW Paderborn.

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