Angeklagt wegen Raub: Richter gewähren jungem Straftäter aus Paderborn letzte Chance

Paderborn-Elsen. Eigentlich hatte Mark T. (Name geändert) von Anfang an keine Chance. Seine Mutter starb früh, zusammen mit seinem Bruder blieb der Paderborner bei seinem alkoholkranken Vater zurück – er geriet schon mit zwölf Jahren selbst an Drogen und wurde immer wieder straffällig. Möglicherweise wendet sich jetzt für den 29-Jährigen das Blatt – nach einer erneuten Verurteilung wegen Raubes vor der 8. Großen Strafkammer des Landgerichts Paderborn. Dass er am Abend des 12. September einen Kumpel in dessen eigenem Zuhause überfiel und zwei Teile von dessen DJ-Ausrüstung mitnahm, um diese zu Geld zu machen, hat Mark T. im Kern von Anfang an zugegeben. Schon am ersten Verhandlungstag hat er nicht nur die Tat detailliert beschrieben, sondern auch von der Flucht aus der Therapieeinrichtung erzählt, in der er nach einer Verurteilung gegen seine Drogensucht hatte angehen sollen. Genau deshalb sei ja sein Bekannter Fred N. für ihn als Drogenkurier unterwegs gewesen. &bdquo;Ich konnte mich ja in Paderborn nicht sehen lassen“, sagt Mark T. Als der Elsener dann nicht zu seiner Zufriedenheit agierte, griff der 29-Jährige zur Selbsthilfe, um Schulden in Höhe von 600 Euro mithilfe von Schlägen einzutreiben. Doch schon wenige Tage später klickten in der Wohnung einer Freundin, die ihm Unterschlupf gewährt hatte, die Handschellen. Mit 14 Jahren fällt der Angeklagte mit erster Straftat auf Eine letztlich gefährliche Ausgangslage für den 29-Jährigen. Denn er hat jede Menge auf dem Kerbholz, fiel er doch schon mit zarten 14 Jahren als Straftäter auf. Dann ging es in Zusammenhang mit sich steigerndem Konsum von Cannabis und Amphetaminen Schlag auf Schlag: 26 Monate Jugendstrafe wegen schweren Raubes, 31 Monate Haft für versuchte räuberische Erpressung, drei Jahre wegen 15-fachen Diebstahls. Lesen Sie auch: Diese Straftaten landen im Kreis Paderborn am häufigsten vor Gericht Bewährungschancen nutzte Mark T. nicht. Als das Landgericht Münster 2021 gegen ihn nicht nur eine fünfjährige Freiheitsstrafe wegen bewaffneten Raubes verhängte, sondern zudem seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnete, schien er auf einem guten Weg zu sein. Mark T. könne sich selbstkritisch reflektieren, bilanzierten die Therapeuten nach einem Jahr und wagten eine &bdquo;vorsichtig günstige Prognose“. Trotz Therapie konsumiert der 29-Jährige weiter Drogen Doch als sich zwischen dem 29-Jährigen und seiner Bezugspflegerin ein Liebesverhältnis entwickelte, ging es wieder bergab. Die Heimlichkeiten hätten ihn unter Stress gesetzt, erzählt Mark T. am ersten Prozesstag. Trotz Therapie konsumierte er Drogen, ließ sich nur noch ungern auf die Behandlung ein und floh schließlich aus der Klinik. Als dann auch noch die Liebesbeziehung scheiterte, sei es dann richtig bergab gegangen, sagt der 29-Jährige. &bdquo;Sie haben alles getan, um die Therapie vor die Wand zu fahren“, spricht Gutachter Frank Lindemann den Angeklagten direkt an, nachdem das Gericht die Beweisaufnahme beendet hat. Trotzdem empfiehlt er den Richtern die erneute Anordnung einer Entziehungsmaßnahme. Wenn die Drogenabhängigkeit des 29-Jährigen unbehandelt bleibe, seien weitere Straftaten zu erwarten, die entsprechende Gefängnisaufenthalte nach sich zögen. &bdquo;Der Weg ist vorgezeichnet“, sagt Lindemann. &bdquo;Zu jung, um ihn aufzugeben“ apellieren Experten an das Gericht Andererseits habe Mark T. ja schon einmal gezeigt, dass er in der Lage und auch willens sei, bei einer Therapie mit zuarbeiten. &bdquo;Er ist zu jung, um ihn aufzugeben“, appelliert der Experte an das Gericht - und läuft damit nicht nur bei Verteidiger Georg Schulze, sondern auch bei der Vertreterin der Staatsanwaltschaft offene Türen ein. Ohne eine Therapie werde das Leben von Mark T. so weiterlaufen wie bisher, sagt die Anklägerin, mahnt aber: &bdquo;Das ist Ihre letzte Chance.“ Rückblick auf 2024: Diese Verbrechen aus dem Kreis Paderborn beschäftigten &bdquo;NW“-Leser am meisten Das ist anscheinend dem 29-Jährigen klar. &bdquo;Ein Jahr lang war ich in der Unterbringung clean“, sagt Mark T., bevor sich die Richter unter dem Vorsitz von Anne Zacharias zur Beratung zurückziehen. &bdquo;So gut ist es mir in meinen Leben noch nicht gegangen. Da will ich wieder hin.“ Gericht ordnet erneute Unterbringung in der Entziehungsanstalt an Und so nimmt er schließlich erleichtert zur Kenntnis, dass die Richter nicht nur, wie am ersten Tag für den Fall eines Geständnisses zugesichert, drei Jahre Haft verhängen, sondern vor allem seine Unterbringung in der Entziehungsanstalt anordnen. &bdquo;Sie haben uns glaubhaft mitgeteilt, dass Sie eine Therapie machen wollen“, sagt Richterin Zacharias. Mark T., der es &bdquo;von frühester Kindheit an nicht leicht gehabt“ habe, hat nach Ansicht des Gerichts eine zweite Chance verdient. Die aber solle der Angeklagte, der vor Therapiebeginn noch etliche Monate Strafhaft hinter sich bringen muss, unbedingt nutzten. Denn, das stellt Anne Zacharias klar, &bdquo;einen dritten Versuch wird Ihnen kein Richter dieses Landes zugestehen.“

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