In Paderborn steht „ein ganz spezieller“ Krimineller vor Gericht

Delbrück/Paderborn. Es dürfte die ungewöhnlichste Beute des vergangenen Jahres gewesen sein, die ein 24-Jähriger im Blick hatte, als er in der Nacht des 25. Oktobers 2024 bei einem Delbrücker Getränkehändler einstieg. Dass er damit auch einen aufwendigen Polizeieinsatz provozierte, dürfte Sven V. (Name geändert) allerdings nicht im Sinn gehabt haben. Aber nicht nur deshalb musste er jetzt auf der Anklagebank der 8. Großen Strafkammer des Landgerichts Paderborn Platz nehmen. Der gebürtige Kasseler hält sich nämlich des Öfteren mit Kleinkriminalität über Wasser. &bdquo;Er ist anscheinend ein spezieller Mensch“, sagt eine erfahrene Polizeibeamtin über Sven V., den sie an einem frühen Morgen im Februar 2025 kennengelernt hat. Er befand sich damals erstmals im Gewahrsam der Paderborner Wache. Am Abend zuvor war der 24-Jährige unter dem Verdacht des Raubes in der Nähe des Bahnhofs festgenommen worden. Statt aber wie ein geübter Krimineller mit den Vernehmungsbeamten kein Wörtchen zu wechseln, sei es aus diesem Beschuldigten geradezu herausgesprudelt, erzählt die Polizistin vor Gericht. &bdquo;Die mussten mir Geld geben, sonst hätte es etwas auf die Fresse gegeben“, habe Sven V. sofort über die Geschehnisse erzählt, die sich gute zwölf Stunden zuvor vor dem Paderborner Hauptbahnhof im Bereich der Bushaltestellen abspielten. Dort hatten am frühen Abend zwei Montagearbeiter auf den Bus gewartet, der sie zu ihrem Hotel bringen sollte. Ihre Unterhaltung wurde gestört, als Sven V. hinzukam, sich völlig ungefragt ins Gespräch einmischte und von seinem schweren Schicksal erzählte. &bdquo;Er kam mir ziemlich betrunken vor“, erinnert sich einer der beiden Männer. Dass sie ihn ignorierten, kam bei dem 24-Jährigen möglicherweise nicht gut an, denn er wurde auf einmal aggressiv, zeigte seine mit einer stattlichen Gliederkette umwickelte rechte Faust und forderte Geld. &bdquo;Ich habe ihn 10 Euro gegeben, um die Situation zu beenden“, erzählt der 30 Jahre alte Zeuge. Ernst genommen habe er das Gebaren des jungen Mannes nicht. Als Sven V. immer noch keine Ruhe gab, legte er nochmals einen Zehner drauf. Tatsächlich trollte sich der 24-Jährige. Weil aber eine Frau das Geschehen beobachtet und die Polizei verständigt hatte, wurde er wenig später festgenommen. Dass Sven V. möglicherweise zu speziellen Straftaten neigt, lässt auch sein krimineller Besuch einer Delbrücker Getränkehandlung einige Monate zuvor vermuten. Dort quetschte er sich in einer Oktobernacht unter dem gut fünf Meter hohen Zaun hindurch auf das Gelände, um anschließend 32 Leergut-Kästen auf das benachbarte, verwilderte Grundstück zu werfen. In den Genuss des Pfandgelds kam er nicht, weil - von ihm unbemerkt - der Einbruchalarm den Marktleiter und auch die Polizei in Gang setzte. Die Ordnungshüter rückten mit einem Hundeführer an, der allein mit der Ankündigung, den Hund loszumachen, Sven V. dazu brachte, aus seinem Versteck hinter einer Mülltonne hervorzutreten. Ob er damals allein unterwegs war, blieb ungeklärt, obwohl die Polizeibeamten noch in der Nacht einen Hubschrauber anforderten, um das Gelände rund um den Getränkemarkt nach weiteren Tätern abzusuchen. All diese Geschehnisse nimmt Sven V. jetzt vor der 8. Großen Strafkammer auf seine Kappe, ebenso wie drei weitere Diebstähle, mit denen er teilweise erfolglos Wein oder andere Getränke an sich bringen wollte. Hintergrund ist seine Abhängigkeit von Alkohol und anderen Drogen, die ihn schon seit Jahren begleitet. Deshalb verhängen die Richter unter dem Vorsitz von Anne Zacharias zum guten Schluss für die angeklagten fünf Taten nicht nur eine 25-monatige Freiheitsstrafe, sondern ordnen vor allem die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt an. Dort soll Sven V. gegen seine Sucht angehen, bestimmen nämlich Drogen und Alkohol weiterhin sein Leben, ist laut Gutachter auch künftig mit Straftaten zu rechnen.

Meistgelesen