Bewährungsstrafe nach tödlichem Libori-Streit in Paderborn

Paderborn. Markus G. (Namen geändert) ist das, was man einen gestandenen Mann nennt. Der 60-Jährige tritt sicher auf, seine Stimme klingt fest und klar. So jemanden kann nichts erschüttern, meint man zu wissen, wenn man ihn erlebt. Doch Markus G. trägt seit Ende Juli eine schwere Last mit sich herum. Er ist nämlich für den Tod eines Menschen verantwortlich. Der 60-Jährige ist fast dem Zusammenbruch nahe, als sich die Richter der Paderborner Schwurgerichtskammer zu ihrer Urteilsberatung zurückziehen. Bei dem Versuch, zum wiederholten Mal sein Bedauern auszudrücken, bricht er in Tränen aus und schlägt entsetzt die Hände vor das Gesicht. Eine gute halbe Stunde später nimmt er gefasst Schuldspruch und Strafmaß an. Dass die Richter nur zwei Verhandlungstage benötigen, um über den Fall zu verhandeln, der das Liborifest 2024 überschattete, hat viel mit dem Verhalten von Markus G. zu tun. Denn der Angeklagte, der in Ludwigslust zu Hause ist, hat von Beginn an zugegeben, dass er dem Borchener Werner O. (71) einen Schlag ins Gesicht versetzt hatte an diesem ersten Abend in der Liboriwoche. Angeklagter zu tödlichem Libori-Streit: &bdquo;Es war niemals meine Absicht“ Kleine Plastiktüte löst Auseinandersetzung auf Libori-Fest aus Vorausgegangen war in dem Biergarten wohl ein kurzer Wortwechsel zwischen den beiden nur mäßig alkoholisierten Männern, die sich niemals zuvor begegnet waren. Auslöser war demnach eine schwarze kleine Plastiktüte mit Müll, die Markus G. bei seinem Eintreffen in dem Biergarten von einem Stehtisch auf eine in der Nähe stehende Bierzeltgarnitur befördert hatte. Dass dort Werner O. mit seiner Lebensgefährtin saß, habe Markus G. &bdquo;wahrscheinlich gar nicht bemerkt“, bilanziert der Vorsitzende Richter Eric Schülke. Der 71-Jährige aber echauffierte sich über dieses Verhalten und sprach wenig später Markus G. nochmals an, als er auf dem Weg zur Theke war, um für sich und seine Begleiter eine letzte Runde Getränke zu holen. Anders als Staatsanwalt Kai Uwe Waschkies sind die Richter davon überzeugt, dass Werner O. dem 60-Jährigen im Verlauf des Wortwechsels tatsächlich in den Nacken fasste. Dieses Geschehen habe eine Biergartenbesucherin eindeutig geschildert, rufen sie ebenso wie zuvor Verteidiger Jann Henrik Popkes die Aussage einer unabhängigen Zeugin in Erinnerung. Dass dieser Griff ein festes Zupacken war, hält die Kammer zwar nicht für nachgewiesen. Doch Markus G. habe diese Berührung als Übergriff empfunden und dann &bdquo;falsch reagiert“, wie Schülke sagt. Denn der 60-Jährige versetzte seinem Gegenüber einen recht wuchtigen Schlag mit der Faust ins Gesicht. Werner O. stürzte nach hinten und schlug mit seinem Hinterkopf auf dem Pflaster auf. Opfer aus Borchen stirbt in Paderborner Krankenhaus Der 71-Jährige erlitt schwerste Schädelverletzungen, an deren Folgen er wenige Stunden später im Krankenhaus verstarb. Nicht einmal ein Notarzt vor Ort hätte Werner O.s Leben retten können, hat am Ende der Beweisaufnahme der Rechtsmediziner Bernd Karger erklärt. &bdquo;Eine neurologische Entlastungsoperation wäre schon bei der Einlieferung hoffnungslos gewesen“, sagt er. Dass der 71-Jährige laut Zeugen &bdquo;ungebremst“ &bdquo;wie eine Bahnschranke“ umfiel und keine Reaktion zeigte, den Sturz selbst noch abzufangen, erklärt der Experte damit, dass der Schlag eine Gehirnerschütterung oder zumindest eine Benommenheit auslöste. In beiden Fällen seien keine körperlichen Reaktionen möglich. Der Angeklagte habe die Folge seiner Tat, nämlich den Tod des 71-Jährigen, sicherlich weder billigend in Kauf genommen noch gewollt, sind die Richter überzeugt. Sie verurteilen Markus G. wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer 21-monatigen Freiheitsstrafe, die sie zur Bewährung aussetzen. Sie folgen damit den Anträgen von Staatsanwalt Kai Uwe Waschkies und Verteidiger Popkes, der sich für eine milde Strafe ausgesprochen hat. Als Auflage muss der 60-Jährige, der seit dem Vorfall nicht mehr arbeitsfähig ist, 200 Sozialstunden ableisten. Paderborner Richter spricht von &bdquo;außergewöhnlichem Fall“ Dass dieser Fall ganz außergewöhnlich ist und so gar nicht in die Riege all der Gewalttaten passt, die gemeinhin vor dem Schwurgericht verhandelt werden, darauf weist der Vorsitzende Richter gleich zu Beginn seiner Urteilsbegründung hin. &bdquo;Hier haben wir eine völlig anders gelagerte Situation“, sagt Schülke. Denn es seien zwei gestandene Männer im eher höheren Alter über eine Nichtigkeit aneinandergeraten - &bdquo;mit einem furchtbaren Ausgang“. Dann spricht er die Lebensgefährtin des Getöteten, seine Kinder und seine Freunde, die den Prozess verfolgt haben, direkt an. &bdquo;Kein Urteil dieser Welt“, gibt er zu bedenken, &bdquo;wird Ihnen den Lebenspartner, den Vater, den Freund wiedergeben können.“

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