Mit Messer auf Schwester eingestochen: Paderborner Gericht gewährt Bewährungschance

Paderborn. Es war ein schlimmer Vorwurf, dem sich Merith E. (Name geändert) vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Paderborn stellen musste. Die 31-Jährige hatte im Sommer ihre eigene Schwester mit einem Messer angegriffen und verletzt - nicht aus eigenem, echtem Willen, sondern weil sich bei ihr eine genetisch bedingte Schizophrenie Bahn gebrochen hatte (die &bdquo;NW“ berichtete). Nach viertägiger Verhandlung gewähren die Richter der Paderbornerin eine Bewährungschance. Von versuchtem Mord war in der Antragsschrift der Staatsanwaltschaft die Rede, ebenso davon, dass die junge Frau für diese Tat aufgrund ihrer Krankheit nicht verantwortlich gemacht werden kann. Zum guten Schluss mag aber Staatsanwalt Kuper an dem Hauptvorwurf nicht mehr festhalten. Tatmerkmale, die auf einen Mordversuch hinweisen würden, hätten nicht festgestellt werden können, so seine Bilanz. Allerdings sei Merith E.s Tat als versuchter Totschlag zu werten. Zwar sei das Leben ihrer vier Jahre älteren Schwester durch die drei Stiche, die vor allem Oberarm und Oberschenkel verletzten, nicht konkret in Gefahr gewesen, aber abstrakte Lebensgefahr habe eben doch bestanden. Anders sehen das Verteidiger Thorsten Fust sowie schließlich die Richter. Unisono gehen sie von gefährlicher Körperverletzung aus. Ein Tötungsvorsatz sei nicht nachgewiesen worden, sagt der Vorsitzende Richter Eric Schülke und erinnert daran, dass vor allem der Oberarm der 35-Jährigen verletzt worden war. &bdquo;Wir sind überzeugt, dass die Beschuldigte nicht den Vorsatz hatte zu töten.“ Es sei Merith E.s Ziel gewesen, die Schwester zu verletzten. Gericht ordnet für Angeklagte Unterbringung in der Psychiatrie an Einig sind sich aber alle Beteiligten, dass die junge Frau aufgrund ihrer Erkrankung, einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie, &bdquo;nicht in der Lage war, das, was sie tat, einzusehen, sie war nicht in der Lage, adäquat zu handeln“. Deshalb wird Merith E. auch nicht verurteilt. Um die Allgemeinheit vor ihr zu schützen, ordnen die Richter ihre Unterbringung in der Psychiatrie an. Wenn die Erkrankung der 31-Jährigen unbehandelt bleibe, seien weitere erhebliche Straftaten zu erwarten, bringt Richter Schülke die Auffassung des psychiatrischen Gutachters in Erinnerung. Trotzdem muss Merith E. an diesem Tag wahrscheinlich nur für kurze Zeit - und freiwillig - in die forensische Psychiatrie zurückkehren. Denn die Richter folgen den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung und setzen die angeordnete Unterbringung zur Bewährung aus - unter strengen Auflagen. So muss Merith E. künftig in einem Umfeld leben, in dem - anders als in ihrem Elternhaus - vor allem ihre Medikamentierung gesichert ist. Schizophrenie soll mit Medikamenten behandelt werden Dank der Bemühungen ihres Verteidigers und der Eickelborner Ärzte hat sie einen Platz in einer Wohngemeinschaft außerhalb einer Klinik in Aussicht. Hier wird demnächst ihre weitere Behandlung begleitet und kontrolliert. Denn ihre Medikamentierung muss gesichert sein, so eine der gerichtlichen Auflagen. Auch vom Cannabis-Konsum muss Merith E. lassen. &bdquo;Das ist sehr gefährlich“, sagt Schülke. Denn dieses Rauschmittel befördere ihre Krankheit. Und so steht für die junge Frau eine suchttherapeutische Begleitung ebenso an wie regelmäßige Drogenscreenings. Außerdem stellt das Gericht die studierte Pädagogin für drei Jahre unter Führungsaufsicht. &bdquo;Sie weiß, dass sie krank ist“, hat Verteidiger Thorsten Fust zuvor im Namen seiner Mandantin den Richtern mit auf den Weg in die Urteilsberatung gegeben. Aber vor allem sei Merith E. &bdquo;ausdrücklich mit jeglichen Kontrollmaßnahmen einverstanden. Sie unterwirft sich allen therapeutischen und anderen Auflagen.“ Eins hat der Vorsitzende aber schon gleich zu Beginn seiner Urteilsbegründung klargemacht, als er Merith E. direkt anspricht und sie daran erinnert, dass die bei ihr festgestellte psychische Erkrankung genetisch bedingt ist, denn schließlich leiden sowohl ihre Mutter wie auch ihre Schwester an Schizophrenie. &bdquo;Daran trägt man keine Schuld“, macht Schülke klar.

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