Streit um Baumschutzsatzung in Paderborn: Regelung soll gekippt werden

Paderborn. Erst vor zwei Jahren wurde die Baumschutzsatzung für Paderborn beschlossen. Doch bald soll damit wieder Schluss sein. In einem Antrag im Umweltausschuss fordert die FDP-Fraktion die Aufhebung der Baumschutzsatzung - und die damit verbundenen Bürokratiekosten anderweitig in der Stadt zu verwenden. Gleich zu Beginn ist klar: Eine eindeutige Meinung liegt zu dem Thema nicht vor. Im Gegenteil. An der Sitzung des Umweltausschusses nahmen einige Dutzend Zuschauer teil, die zuvor vor dem Rathaus gegen den Antrag der FDP demonstrierten, wie die &bdquo;NW“ beobachtete. Der Vorsitzende des Ausschusses, Klaus Schröder (Grüne), mahnte das Publikum zur Zurückhaltung: &bdquo;Ich weiß, wir sind nicht so wichtig wie der Bundestag, aber hier gelten dieselben Regeln“, sagt er. Bekundungen sollten unterlassen werden. Kurz vor dem Paderborner Ausschuss fand eine Demo statt &bdquo;Ich hatte 20 angemeldet, würde aber schätzen, es waren 50 Personen da“, sagte Dieter Dubisch, Vorstandsmitglied beim Umweltverein Pro Grün, der ebenfalls vor Ort war. Gegen den Antrag haben sich Paderborner Natur- und Umweltschutzverbände, wie Greenpeace, Nabu, Bund, der Naturwissenschaftliche Verein und Pro Grün in einem offenen Brief an die Fraktionsvorsitzenden im Paderborner Stadtrat und an die Mitglieder des Umweltausschusses geäußert. Lesen Sie auch: Mehr Grünflächen gegen Hitze in der Paderborner City gefordert Alexander Senn (FDP) begründete den Antrag seiner Partei mit einem &bdquo;fragwürdigen Menschenbild“, dem die Baumschutzsatzung zugrunde liege. Die FDP traue den Bürgern einen verantwortungsvollen Umgang mit Bäumen auf ihren privaten Grundstücken zu – auch ohne Baumschutzsatzung. &bdquo;Es würde ja nicht jeder unliebsame Baum plötzlich gefällt werden“, sagte Senn. Zudem sei die Anzahl der beantragten Baumfällungen überschaubar. Die Satzung schaffe nur Verunsicherung, Kosten und Aufwand, erklärte er weiter. Unterstützt wurde Senn von Constance Montino (Für Paderborn), Alexander Lex (AfD) und der gesamten CDU-Fraktion. André Springer (CDU) erklärte: &bdquo;Wir kennen auch noch die Zeit vor der Satzung.“ Damals seien auch nicht massenweise Bäume gefällt worden. Springer bittet jedoch um Ergänzung und erklärt, dass das für die Satzung verantwortliche Personal anderweitig beschäftigt werde. Der FDP-Antrag erhält viel Kritik aus Paderborn Der Antrag der FDP stieß auch auf Gegenwehr. Martina Gamm (Grüne) unterstellte der FDP, dass sie unter dem &bdquo;Deckmäntelchen des Bürokratieabbaus“ angeblich vernünftig handeln wollten. &bdquo;Da kann doch kein Grüner Nein sagen“, spottete Gamm. Die Grünen lehnen diesen Antrag entschieden ab. Wenn ein großer Baum gefällt werden würde, hätte das enorme Folgen für den Tier-, Klima- und Umweltschutz sowie die Biodiversität. Auch Franz Gerhard Todt (Linke) findet, dass die Lage eigentlich anders sei, als die FDP schildere. Er verweist dabei auf den Hitzecheck der Deutschen Umwelthilfe, bei dem Paderborn bundesweit Platz 130 von 190 belegte und wenig Grünflächen, aber viele versiegelte Flächen aufweist. Lesen Sie auch: Hitze-Check der Deutschen Umwelthilfe: Hier ist es in Paderborn am heißesten Die Technische Beigeordnete der Stadt Paderborn, Claudia Warnecke, erklärte, dass die bisherige Laufzeit zu kurz wäre, um bereits zu evaluieren, ob die Satzung wirklich sinnvoll sei. Und: Die Satzung vereinfache eher die Frage, ob ein Baum gefällt werden sollte, oder nicht. Die Angaben sind auf der Webseite der Stadt Paderborn einfach nachzulesen. Viele Argumente der FDP entkräftet Zudem halte sich der angebliche bürokratische Aufwand, den die FDP kritisiert, in Grenzen. Jessica Schütte, Leiterin des Amtes für Umwelt und Grünflächen, erklärte, dass aktuell zwei halbe Stellen für die Durchführung der Baumschutzsatzung notwendig seien. &bdquo;Eine halbe Verwaltungsstelle und eine halbe Stelle für einen Baumkontrolleur“, sagte Schütte. Und unterm Strich würde die Stadt sogar mit einem hohen fünfstelligen Gewinn herauskommen. Denn im Zuge einer Baumfällung müssten Bürger gewisse Kosten selbst tragen und Ersatzpflanzungen finanzieren, von denen die Stadt profitiere, erklärte Schütte auf &bdquo;NW“-Nachfrage. Lesen Sie auch unseren Kommentar: Die FDP ignoriert Tatsachen: AfD-Stimme wird zum Zünglein an der Waage Senns Argument, dass die Stadt von einem falschen Menschenbild aus agiere und nicht viele Bäume gefällt werden würde, konterte Warnecke: &bdquo;Ich würde Herr Senn empfehlen, zu uns ins Umweltamt zu kommen.“ Zur Anzahl der Anträge sagte Schütte: &bdquo;Im ersten Jahr der Satzung hatten wir 116, im zweiten Jahr 142 Anträge bezüglich einer Baumfällung.“ Paderborner Baumschutzsatzung immer noch gültig Auch Dieter Dubisch erklärte auf &bdquo;NW“-Nachfrage: &bdquo;Uns sind Fälle bekannt, wo Menschen mit den Füßen scharren, um Bäume zu fällen.“ Er nennt als aktuelles Beispiel zwei alte Buchen, die an der Mönchebrede gefällt werden sollen. &bdquo;Jetzt hat der Anwohner grünes Licht“, sagte Dubisch nach der Entscheidung des Umweltausschusses zum FDP-Antrag. Dieser fand mit den Stimmen von CDU, Für Paderborn und der AfD eine Mehrheit. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Entscheidung bereits gültig ist. Denn dieser Antrag muss erst vom Rat bestätigt werden. Erst dann könnten Bäume unabhängig von der Baumschutzsatzung gefällt werden.

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