Prozess um Anlegerbetrug in Paderborn: Zoff im Gerichtssaal

Paderborn. Im Januar geht der Prozess gegen Edgar K., der Mitte der 2000er Jahre in der Region als Vorzeigeunternehmer galt, und vier seiner ehemaligen Mitarbeiter vor dem Landgericht Paderborn ins dritte Jahr. Bis Ende Februar hat die 8. Große Strafkammer weitere Termine anberaumt. Einer der Angeklagten wird demnächst wohl nicht mehr fast im Wochenrhythmus seine Schritte zum Gericht lenken müssen. Die Vertreter der Bielefelder Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität haben den Antrag gestellt, das Verfahren gegen K.s Mitarbeiter Wolfgang W. einzustellen - gegen Zahlung einer Geldauflage. Diese Entwicklung hatte sich bereits im August angedeutet. Wie berichtet, ist in der Anklage davon die Rede, dass der 62 Jahre alte gelernte Bankkaufmann in 21 Fällen Kunden das von Edgar K. selbst entwickelte Produkt &bdquo;Safeguard“ wider besseres Wissen verkauft haben soll. Wolfgang W. habe gewusst, dass diese Anlage alles andere als sicher war und das Geld der Kunden nicht angelegt würde, sondern in das marode Unternehmen seines Chefs flösse. Deshalb sei W. für einen Schaden in Höhe von rund 390.000 Euro verantwortlich. Angeklagter beteuert: nicht in wirtschaftliche Interna eingeweiht Mit Blick auf eine mögliche Einstellung hat Wolfgang W. tatsächlich Ende September bereits seine Sicht der Dinge geschildert und beteuert, nicht in die wirtschaftlichen Interna seines Arbeitgebers eingeweiht gewesen zu sein. Ganz im Gegenteil habe er an das Produkt &bdquo;Safeguard“ geglaubt. Wie zugesichert, steht W. dann am 43. Verhandlungstag für Fragen des Gerichts und der Ankläger zur Verfügung, bietet aber nicht viel Neues, was über seine Einlassung hinausgehen würde. &bdquo;Etwas dünn“, finden Oberstaatsanwältin Sonja Lißeck und ihr Kollege Ernestos Tschaschnig seine Antworten. Der 62-Jährige sei &bdquo;offensichtlich nicht bereit“, sich als Mitangeklagter umfänglicher zu äußern. Trotzdem stellen sie den Antrag, das Verfahren gegen Wolfgang W. einzustellen. 10.000 Euro soll er im Gegenzug innerhalb von sechs Monaten an die Staatskasse zahlen, so ihre Vorstellung. Lesen Sie auch: Prozess um Anlegerbetrug in Paderborn: Hoher Kredit für marodes Unternehmen Ob sie dem Antrag der Ankläger folgen werden, wollen die Richter möglicherweise schon vor dem nächsten Verhandlungstag am Dienstag, 29. Oktober, auf schriftlichem Weg entscheiden. Angespannte Atmosphäre zwischen Verteidigung und Anklage Indes ist die Atmosphäre zwischen der Verteidigung des Hauptangeklagten Edgar K. und Ankläger Ernestos Tschaschnig äußerst angespannt. Matthias Cramer und Carina Tofall fordern zu Beginn dieses Prozesstages die 8. Große Strafkammer auf, darauf hinzuwirken, dass Tschaschnig als Sitzungsvertreter abgelöst wird. Der Ankläger übe Druck auf die Verteidigung aus, um diese &bdquo;mundtot“ zu machen, sagt Cramer. Tschaschnig hatte zwei Wochen zuvor im Zusammenhang mit einem neuerlichen Verteidiger-Antrag vor &bdquo;falschen Tatsachenbehauptungen“ gewarnt und von &bdquo;möglichen Folgen“ gesprochen. Damit verletze dieser Staatsanwalt seine &bdquo;Pflicht zur Objektivität“, die auch der Anklage obliege, sagt Cramer. Über sein Ansinnen, Tschaschnig als Ankläger abzuziehen, kann allerdings nicht das Gericht entscheiden, dazu ist allein die Dienstvorgesetzte des Anklägers, also die Leitende Oberstaatsanwältin der Staatsanwaltschaft Bielefeld, befugt. Nichtsdestotrotz schreitet die Kammer unbeirrt mit ihrer Beweisaufnahme weiter voran. Und so befragt sie einem Antrag der Ankläger folgend einen Zeugen, der vor mehr als zehn Jahren ein Bauprojekt für das Unternehmen des Edgar K. begleitete. Sehr gut kann sich der 66-Jährige noch daran erinnern, dass 2014 zwar alle Rechnungen beglichen und auch Verzugszinsen gezahlt wurden, jedoch mit gewaltigen Verzögerungen von mehreren Monaten. Von einer &bdquo;mündlichen Stundungsabrede“ berichtet dieser Zeuge. &bdquo;Wir wollten unser Geld ja bekommen“, sagt er. Und deshalb habe man gewartet, bis Edgar K. jeweils wieder zahlungsfähig war.

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