Zwangsprostitution im Kreis Paderborn: Seltene, aber ernste Fälle von Ausbeutung

Paderborn. Was aktuell vor dem Paderborner Landgericht verhandelt wird, klingt wie eine besonders dramatische &bdquo;Tatort“-Folge: Auf offener Straße sollen drei Männer eine Frau angegriffen, in ein Auto gezerrt und entführt haben, um sie in einem Bordell nahe der Grenze zum Kreis Paderborn in Geseke zur Prostitution zu zwingen. Ein extremer Einzelfall? Tatsächlich seien Fälle von Zwangsprostitution im Kreis Paderborn &bdquo;die absolute Ausnahme“, sagt Polizeisprecherin Corinna Koptik. Zwei Ermittlungsverfahren habe es im vergangenen Jahr gegeben, beide seien eingestellt worden. In diesem Jahr laufe aktuell ein Verfahren wegen des Vorwurfs der Zwangsprostitution, das noch nicht abgeschlossen ist. Nach den offiziellen Zahlen des Bundeskriminalamtes gab es im Jahr 2022 deutschlandweit 346 Verfahren wegen sexueller Ausbeutung, worunter auch der Bereich Zwangsprostitution fällt – ein Anstieg von fast 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Expertinnen und Experten gehen allerdings davon aus, dass die Dunkelziffer groß und die tatsächliche Zahl von Frauen in Zwangsprostitution deutlich höher liegt. Zwangsprostitution: Mehr als 20 Beratungsgespräche im Kreis Paderborn So betreut die Beratungsstelle Nadeschda jährlich zwischen 80 und 100 Frauen in Ostwestfalen-Lippe, die von Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung betroffen waren, und das oft über mehrere Jahre. Im Kreis Paderborn wurden 2023 etwas mehr als 20 Beratungsgespräche mit von Zwangsprostitution betroffenen Frauen geführt. Lesen Sie auch: Entführung ins Bordell bei Salzkotten: Frau sagt unter Tränen aus Einen ersten Kontakt zu betroffenen Frauen zu knüpfen, sei nicht einfach. Oft kämen die Frauen erst auf Umwegen zu Nadeschda, berichtet Mira von Mach von der Beratungsstelle, die in Herford ihren Sitz hat und deren Trägerin die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen ist. &bdquo;Manchmal kommt es vor, dass eine Frau schwanger wird, etwa durch Vergewaltigung oder die Tätigkeit als Prostituierte“, sagt von Mach. Von Zuhältern würden sie dann oft regelrecht verstoßen. In anderen Fällen seien es Freunde und Bekannte oder manchmal auch Ärzte, die bei Verdacht auf Misshandlungen den Frauen dann entsprechende Hilfsangebote vermitteln. Auch zu den Flüchtlingsunterkünften der Region pflegen die Mitarbeiterinnen von Nadeschda engen Kontakt, da auch dort gelegentlich der Verdacht auf Menschenhandel bemerkt würde. &bdquo;Auch mit den Polizeibehörden arbeiten wir eng zusammen, etwa wenn bei Razzien Frauen angetroffen werden, die nicht freiwillig als Prostituierte arbeiten“, sagt von Mach. Razzien der Paderborner Polizei in angemeldeten Bordellbetrieben Auch die Polizei führt zusammen mit dem Gesundheitsamt des Kreises Paderborn regelmäßig solche Razzien durch. Im Kreis Paderborn seien offiziell 14 Bordellbetriebe registriert, die regelmäßig kontrolliert würden, sagt Polizeisprecherin Koptik. Darüber hinaus finde – freiwillige – Sexarbeit zunehmend in einer Vielzahl von Wohnungen statt, &bdquo;oft in Mehrfamilienhäusern, wo das gar nicht so auffällt“. Lesen Sie auch: Entführung ins Bordell bei Salzkotten: Schwester nimmt Angeklagten in Schutz Diese seien nicht offiziell angemeldet und könnten daher von der Polizei nur nach entsprechenden Hinweisen, etwa von Nachbarn, kontrolliert werden. &bdquo;Selbstverständlich gehen wir auch in solchen Fällen der Frage nach, ob die Frauen sich dort freiwillig aufhalten“, betont Koptik. Dies sei überwiegend der Fall, &bdquo;eine Ausbeutungssituation ist selten“. .responsive23-tlRpQiZTSIOxgXYF-bar-stacked-vertical-zwangsprostitution { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-tlRpQiZTSIOxgXYF-bar-stacked-vertical-zwangsprostitution { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-tlRpQiZTSIOxgXYF-bar-stacked-vertical-zwangsprostitution { padding-top: 142.86%; } } Dass es solche Fälle dennoch gibt, zeigt die Arbeit von Nadeschda. Seien früher oft Frauen aus Osteuropa in die Zwangsprostitution gedrängt worden, seien es inzwischen mehrheitlich Frauen aus Afrika. &bdquo;Sie werden mit dem Versprechen auf andere Jobs und Tätigkeiten nach Europa und Deutschland gelockt und dann unter Druck gesetzt“, sagt von Mach. Mit körperlicher und psychischer Gewalt und Angst würden die Frauen gefügig gemacht und in die Abhängigkeit getrieben. So würden beispielsweise ihre Familien bedroht und ihnen die Ausweispapiere weggenommen. In der Regel würden die Frauen bereits in ihren Heimatländern rekrutiert. &bdquo;Da stecken schon durchaus mafiöse Strukturen hinter“, weiß von Mach. Lesen Sie auch: Wie Frauen in OWL in die Zwangsprostitution getrieben werden Sexuell ausgebeutete Frauen sind oft traumatisiert Viele Frauen, die sie betreut, seien traumatisiert, wenn auch unterschiedlich stark. Ein erster Schritt sei es, die Frauen woanders unterzubringen, etwa in einem Frauenhaus. Die Beraterinnen helfen dann auch bei der Klärung des Aufenthaltsstatus und beim Beantragen von Sozialleistungen. &bdquo;Wir begleiten ihren Start in ein neues Leben“, sagt von Mach. Auch bei der Strafverfolgung oder vor Gericht würden die Mitarbeiterinnen von Nadeschda unterstützen, aber keine Frau würde gezwungen, eine Aussage gegen ihre Peiniger zu machen. &bdquo;Das bleibt ihre Entscheidung.“ Wünschen würde sich von Mach, dass den Frauen dafür mehr Bedenkzeit eingeräumt würde: &bdquo;Das wäre hilfreich, damit sich die Frauen stabilisieren können, Vertrauen und Mut fassen, um sich für eine Aussage zu entscheiden.“

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