Meinung

Razzia gegen Menschenhandel: Gegen das Vollzugsdefizit

Die Razzia gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution wurde höchste Zeit. Gegen diese Verbrechen benötigen wir keine neuen Gesetze, sondern sollten die bestehenden durchsetzen. Allerdings ist gerade OWL in diesem Bereich kein Ponyhof.

Nach der Razzia gegen Menschenhandel mit Schwerpunkt in OWL kommentiert unser Autor: Einen Ruf nach härteren Gesetzen braucht es nicht. | © Friso Gentsch/dpa

Carsten Heil
19.02.2025 | 19.02.2025, 17:48

Die große Razzia gegen Menschenhandel in Deutschland ist gut und richtig. Denn hinter dem Begriff Menschenhandel steckt nichts anderes als Zwangsprostitution. Frauen, meist aus Osteuropa, werden mit falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt und hier zur Prostitution gezwungen. Mit körperlicher und psychischer Brutalität und durch Druck auf deren Familien in der Heimat.

Das ist kriminell und muss verfolgt werden. Deutschland gilt inzwischen als Bordell Europas. Der Versuch der rot-grünen Bundesregierung nach der Jahrtausendwende, Prostitution zu legalisieren, die Sexarbeiterinnen in die Sozialversicherung zu bringen und aus der Schattenwelt zu holen, war gut gemeint. Hat aber nicht funktioniert. Die Kriminellen waren wie so oft schneller und skrupelloser. Das sonst oft so beschauliche OWL war einer der Schwerpunkte bei der Razzia. Wer mit offenen Augen durch die Region fährt, sieht hier und da die Landbordelle. Man mag sich das Frauenleid hinter diesen Mauern gar nicht vorstellen.

Jetzt aber nach skandinavischem Vorbild jeden Freier zum Kriminellen zu erklären und den Besuch bei einer Prostituierten mit Strafen zu belegen, ist der falsche Weg. Hurenverbände weisen darauf hin, dass das einem Berufsverbot für freiwillige Sexarbeiterinnen nahekäme. Das Sex-Bedürfnis ist nun mal in der Welt und wenn Frauen das freiwillig und auf eigene Rechnung bedienen wollen, sollen sie es machen können, ohne dass ihre Kunden Angst vor Strafverfolgung haben müssen. Auch wenn man das moralisch verwerflich finden mag.

Nicht immer sind schärfere Gesetze die Lösung

Es ist wie so häufig kein Gesetzgebungsdefizit, sondern ein Vollzugsdefizit. Das Risiko, bei ihren Verbrechen erwischt zu werden, ist für die Organisatoren und Hintermänner der Zwangsprostitution viel zu gering. Wann ist schon etwas von solchen Razzien zu hören? Nur vereinzelt. Der Druck auf die Täter muss zunehmen. Immer nach Gesetzesverschärfungen zu rufen, löst das Problem nicht. Da liegt insbesondere die CSU falsch. Sie verbrämt mit ihrer Forderung nach Kriminalisierung der Freier lediglich ihre moralischen Bedenken gegenüber bezahltem Sex.

Zur Nachricht: Razzia gegen thailändische Menschenhändler an mehreren Standorten in OWL

Auch wenn diese Bedenken nachvollziehbar sind. Wenn zwei erwachsene Menschen sich freiwillig zum Verkehr verabreden, der eine dafür bezahlt, kann das nicht kriminell sein. Auch eine Form von „mein Körper gehört mir“. Da ist die Sachlage übrigens anders als bei Kinderpornografie. Weil Kinder dabei keine eigene Entscheidung treffen können, gehören in diesen Fällen die „Nutzer“ - und wenn sie nur entsprechende Bilder im Internet betrachten - hart bestraft. Der Kampf gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution sollte jedoch verstärkt werden.