Aggressive und ungeduldige Patienten werden zum Problem in Paderborner Arztpraxen

Paderborn. Der Ton der Patienten in der Paderborner Bereitschaftsdienst-Praxis ist rauer geworden. Einige seien heutzutage egoistischer, würden nur noch an sich denken, sagt eine Mitarbeiterin. &bdquo;Und manchmal haben wir Patienten, die rumschreien und aggressiv werden.“ In seltenen Fällen rufe das Team der ärztlichen Notfallambulanz dann sogar die Polizei. Mit dieser Entwicklung steht Paderborn nicht alleine da: Der Kassenärzte-Chef Andreas Gassen hat in dieser Woche beklagt, dass es immer mehr Gewalt in Praxen gebe. Eine Umfrage der Ärztekammer zufolge haben von 4.513 Ärzten 2.676 verbale Gewalt und 1.015 körperliche Gewalt erlebt. Letztere sei ihr zum Glück in der Bereitschaftsdienst-Praxis an der Husener Straße noch nicht begegnet, sagt die Mitarbeiterin, deren Name der &bdquo;Neuen Westfälischen“ bekannt ist. Aber Fälle von Gewaltandrohungen und Beleidigungen kenne sie. Es handle sich dann meist um Menschen, die psychische Probleme oder eine Medikamentensucht haben oder alkohol- und drogenabhängig sind. &bdquo;Wir haben hier mehr solcher Fälle als in der Vergangenheit“, sagt sie. Patienten seien unzufrieden, wenn sie warten müssen Mitunter fallen aber auch Menschen auf, die nicht die genannten Probleme aufweisen. Der Geduldsfaden dieser Patienten reiße schnell, wenn sie auf eine Behandlung in der Notfallambulanz warten. Diese ist in Paderborn eine Anlaufstelle, sobald die normale Arztpraxis geschlossen hat. Die Bereitschaftsdienst-Praxis hat unterhalb der Woche bis in die Abendstunden sowie an Wochenenden und Feiertagen geöffnet. Lesen Sie auch: Laut Medizinern sinkt die Hemmschwelle bei Patienten Wenn viel los ist, setzt das Team Prioritäten. &bdquo;Jemanden, der wegen einer allergischen Reaktion nach einem Wespenstich zu uns kommt, ziehen wir beispielsweise vor“, erklärt die Mitarbeiterin. Der Patient, dem eine Erkältung plagt oder der seit zwei Wochen ein Ziehen im Rücken verspürt, wird dann hinten angestellt. &bdquo;Wenn man eine halbe oder ganze Stunde warten muss, ist bei manchem die Geduld schon am Ende“, berichtet die Mitarbeiterin. &bdquo;Es kommen dann sogar Leute auf uns zu und fragen: Wann bin ich dran? Mein Bus kommt gleich.“ Teilweise herrsche Unverständnis darüber, dass das Ausstellen eines Rezeptes in der Notfallambulanz länger als in der Hausarztpraxis dauere. Im Gegensatz zum Hausarzt würden die Ärzte im Bereitschaftsdienst die Patienten meist nicht kennen, müssten sich also zunächst ein Bild über die richtige Medikamenteneinstellung verschaffen. Haltung, sofort einen Termin zu bekommen, nehme zu Apropos Hausärzte: Auch sie bekämen mit, dass die Ansprüche der Patienten gestiegen sind, sagt Ulrich Polenz. Er ist Bezirksstellenleiter der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) und Vorsitzender des Paderborner Praxisnetzes, außerdem hat er in Wewer eine Praxis. &bdquo;Die Grundhaltung hat sich verändert von Welche Folgen hat mein Verhalten für meine Umgebung? zu Was steht mir zu?“, meint der Allgemeinmediziner. Die Haltung &bdquo;Ich will jetzt sofort einen Termin für das MRT“ habe zugenommen. &bdquo;Die Erwartungshaltung deckt sich nicht immer mit dem, was das Gesundheitssystem leisten kann“, sagt Ulrich Behrends, Hausarzt im Gesundheitszentrum Mergelweg in Hövelhof. Er kritisiert, dass das derzeitige System die &bdquo;sprechende Medizin“ unterbewerte, also zu wenig Zeit für Gespräche mit den Patienten vorgesehen sei. Eingeführt während der Corona-Pandemie habe sich eine Notfall-Sprechstunde bewährt, die Behrends und seine beiden Arzt-Kollegen des Gesundheitszentrums jeden Tag anbieten. &bdquo;Da finden dann schnelle, aber prägnante Gespräche statt“, sagt Behrends. Diese Sprechstunde entschärfe ein mögliches &bdquo;Stresspotenzial“ mit den Patienten. Gewalt habe er in seiner Praxis aber noch nicht erlebt. In diesem Punkt fänden die Hausärzte im Kreis Paderborn noch eine &bdquo;Heile-Welt-Situation“ vor. Praxis-Mitarbeitende erhalten ein Deeskalationstraining So sieht es auch Ulrich Polenz. Dass Patienten in seiner Weweraner Praxis negativ auffallen, käme zwar mehrfach die Woche – und damit öfter als vor ein paar Jahren – vor, sei aber angesichts von täglich 80 Patientenkontakten eine Ausnahme. Ähnliches würden ihm seine Kollegen berichten. &bdquo;Die gewachsene Patientenbeziehung zum Hausarzt spielt dabei eine Rolle“, meint der Vorsitzende des Paderborner Praxisnetzes. Lesen Sie auch: Ärzte im Kreis Paderborn sind an der Belastungsgrenze Eine solche Beziehung liegt in der Bereitschaftsdienst-Praxis an der Husener Straße zumeist nicht vor. Der Entwicklung hier und in anderen Praxen trägt die Kassenärztliche Vereinigung insofern Rechnung, als dass sie Deeskalationstrainings anbietet. Das Team in der Paderborner Notfallambulanz soll noch dieses Jahr geschult werden, &bdquo;um ein Rüstzeug zu erhalten“, wie die Mitarbeiterin sagt.

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