Unerfüllter Kinderwunsch: Wieso ein Paderborner Paar ans Aufgeben dachte

Paderborn. Nina und Christian sind schon viele Jahre ein Paar, als sie sich entscheiden: &bdquo;Wir möchten ein Kind bekommen.“ Doch schwanger wird Nina nicht. Über ihre emotionalen und belastenden Erfahrungen auf diesem Weg haben sie mit der &bdquo;Neuen Westfälischen“ gesprochen. Nina (28) und Christian (29) heißen eigentlich anders. Dass das Thema unerfüllter Kinderwunsch immer noch ein Tabu ist, möchten sie mit ihrer Geschichte ändern. &bdquo;Gerade als junge Frau hört man immer: Du musst dir Gedanken um die Verhütung machen“, sagt Nina. Was man tun kann, wenn’s nicht klappt, lerne man nicht. &bdquo;Wenn sich bei regelmäßigem Geschlechtsverkehr nach mehr als einem Jahr keine Schwangerschaft einstellt, spricht man von einem unerfüllten Kinderwunsch“, erläutert Beata Szypajlo, Gynäkologin in der Bielefelder Kinderwunschklinik, die seit 2011 auch einen Standort in Paderborn hat. Die größte Belastung für Paare in dieser Zeit sei psychisch: &bdquo;Viele spüren einen immensen Druck.“ Sex nach Terminkalender Den empfinden auch Nina und Christian: Mit jeder einsetzenden Monatsblutung steigt die Enttäuschung. Sie ändern ihr Vorgehen: Zykluskalender, Temperaturmessung, Ovulationstests. Mit Spontaneität oder Romantik hat das nur noch wenig zu tun. &bdquo;Wir hatten Sex nach Terminkalender, egal wie anstrengend der Tag war – das war schon sehr belastend“, blickt Christian zurück. Fragen wie &bdquo;Wann kommen denn bei Euch die Kinder?“ schmerzen. Kleine Kinder habe er nicht gut sehen können, ohne zu denken: Das könnte unser Kind sein, erzählt Christian. Nina fällt es schwer, sich zu freuen, wenn jemand eine Schwangerschaft verkündet. Sofort ist die Frage da: Wann sind wir endlich dran? &bdquo;Job, Heirat, Haus, Kinder – man hat das Gefühl, alle entwickeln sich weiter. Nur wir verharren.“ .responsive23-2XeOmMUgmEGNvgLO-atlas-slideshow-kinderlosigkeit { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-2XeOmMUgmEGNvgLO-atlas-slideshow-kinderlosigkeit { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-2XeOmMUgmEGNvgLO-atlas-slideshow-kinderlosigkeit { padding-top: 142.86%; } } Nina und Christian sind nicht allein: Nach Angaben des Bundesfamilienministeriums ist in Deutschland fast jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59 Jahren ungewollt kinderlos. Die Zahl der Kinderwunschbehandlungen steigt seit Jahren. Das beobachtet auch Beata Szypajlo. Drei Prozent der Geburten seien heute durch künstliche Befruchtung entstanden: &bdquo;Das ist etwa ein Kind pro Schulklasse.“ Kostenübernahme nur für verheiratete Paare Ein Grund: Paare sind heute älter, wenn sie das erste Mal Eltern werden. &bdquo;Bei Frauen sinkt die Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden, ab 35 Jahren, bei Männern ab 45 Jahren“, sagt Szypajlo. Frauen, die in der Paderborner Kinderwunschklinik in Behandlung sind, seien im Durchschnitt 37 Jahre alt. Nina und Christian sind noch jung, das macht ihnen Hoffnung. Die beiden heiraten – nicht nur, aber eben auch, weil die Kosten einer Kinderwunschbehandlung nur für verheiratete Paare übernommen werden. Denn als Nina nach mehr als einem Jahr nicht schwanger ist, werden sie an die Kinderwunschklinik überwiesen. Der Schritt ist für beide geradezu eine Erleichterung: &bdquo;Wir konnten die Verantwortung erst mal abgeben“, sagt Nina. &bdquo;Ich war mir so sicher: Jetzt wird uns geholfen“, erinnert sich Christian. Verschiedene Methoden der künstlichen Befruchtung In der Kinderwunschklinik werden die Paare zunächst beraten und durchgecheckt, erläutert Gynäkologin Szypajlo: Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes, Fehlfunktionen der Schilddrüse oder auch ein Eisenmangel könnten schon eine Ursache sein. Endometriose, einer der häufigsten Gründe für einen unerfüllten Kinderwunsch, kann bei Nina ausgeschlossen werden. Das Spermiogramm von Christian weist keine Auffälligkeiten auf. Eine Diagnose, warum Nina nicht schwanger wird, haben sie bis heute nicht bekommen: &bdquo;Gefühlt war es immer nur ein Rumprobieren.“ Also folgen die nächsten Schritte: Üblicherweise beginne die Kinderwunschbehandlung mit einer hormonellen Stimulationsbehandlung der Eierstöcke zur Auslösung des Eisprungs, erklärt Szypajl. Bei Bedarf folge eine Insemination (IUI), bei der der aufbereitete Samen in die Gebärmutter übertragen wird. Eine weitere Option sei eine In-vitro-Fertilisation (IVF), wobei Eizellen und Spermien im Reagenzglas zusammengeführt werden und der Embryo dann in die Gebärmutter überführt wird. .responsive23-5fccmyTcM4aNZZ8m-atlas-slideshow-kuenstl-befruchtung { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-5fccmyTcM4aNZZ8m-atlas-slideshow-kuenstl-befruchtung { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-5fccmyTcM4aNZZ8m-atlas-slideshow-kuenstl-befruchtung { padding-top: 142.86%; } } Jede dritte Frau bricht die Kinderwunschbehandlung ab Die Behandlung ist anstrengend, denn Nina muss sich Hormone spritzen, zeitintensiv – fünf bis sechs Termine pro Zyklus, oft in Bielefeld – und auch teuer, denn sie müssen Zuzahlungen leisten. Beide reduzieren Hobbys, auch um füreinander da zu sein. &bdquo;Man richtet sein ganzes Leben danach aus“, sagt Nina. Dazu immer wieder Rückschläge: Die ersten Behandlungsversuche scheitern. &bdquo;Die psychische Belastung ist nicht zu unterschätzen“, sagt Szypajlo. Jede dritte Frau breche die Behandlung ab. Lesen Sie auch: Wenn der Kinderwunsch einfach nicht in Erfüllung gehen will Nina sucht sich eine Selbsthilfegruppe. Der Austausch tut ihr gut. Und auch wenn es ihr einen Stich versetzt, wenn jemand aus der Gruppe eine Schwangerschaft verkündet, macht es ihr doch auch Mut: Es kann klappen, auch wenn es dauert. &bdquo;Etwa 80 Prozent unserer Patientinnen werden ein Baby in den Armen halten“, weiß Szypajlo aus Erfahrung. &bdquo;Das ist die Schokoladenseite meines Jobs.“ 13 Eizellen - doch keine wächst zu einem Embryo heran Bis dahin braucht es Geduld. Nach etwas mehr als einem Jahr Kinderwunschbehandlung steht für Nina und Christian ein erster Versuch einer intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) an, bei der eine mit einem einzelnen Spermium befruchtete Eizelle eingesetzt wird. 13 Eizellen können von Nina gewonnen werden – doch keine wächst zu einem Embryo heran. &bdquo;13 Eizellen – und keine einzige ist gut genug? Da habe ich das erste Mal ans Aufgeben gedacht“, gesteht Christian. Erstmals sprechen sie über Adoption oder Pflegekinder. Wie viele Enttäuschungen können sie verkraften? &bdquo;Ich könnte niemals sagen: Das ist jetzt definitiv der letzte Versuch“, sagt Nina. Und als beide kaum noch daran glauben, geschieht ein Wunder: Eine einzelne befruchtete Eizelle entwickelt sich so gut, dass sie Nina eingesetzt wird. Kurz darauf der Anruf: &bdquo;Herzlichen Glückwunsch, Sie sind schwanger.“ Noch ist es früh. &bdquo;Nach allem, was wir erlebt haben, kann man sich nicht so unbeschwert freuen“, sagt Nina. Und doch keimt ganz vorsichtig Hoffnung bei den beiden auf, dass es doch klappen könnte mit ihrem Traum vom Kind. Christian hofft: &bdquo;Früher habe ich immer gesagt, dass ich gerne vier Kinder hätte. Jetzt wäre ich überglücklich, überhaupt eins zu bekommen.“ Lesen Sie weitere Teile der Serie “Frauengesundheit im Fokus”: Das Geschlecht in der Medizin: &bdquo;Frauenherzen ticken anders“ Paderbornerin mit Endometriose: &bdquo;Ein Gefühl wie Messerstiche im Bauch“ Wechseljahre: Beratungsangebot im Kreis Paderborn unzureichend Paderbornerin stirbt mit 28 an Brustkrebs: &bdquo;Alisia bleibt für immer ein Phänomen“ Inkontinenz bei Frauen: Zwei Paderbornerinnen teilen ihre Erfahrungen

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