Wechseljahre: Beratungsangebot im Kreis Paderborn unzureichend

Sie halten den Begriff Wechseljahre für irreführend. Wieso? Dr. Ute Schulte: Das Wort Wechseljahre erweckt den Eindruck, man würde in eine Lebensphase eintreten, die gleich bleibt. Das ist nicht der Fall. Mit statistisch gesehen ungefähr 40 Jahren fallen Männer und Frauen gleichermaßen in einen Hormonmangel, der weiter fortschreitet und eine Vielzahl von Folgeerkrankungen nach sich zieht. Zunächst ist der Progesteronmangel führend. Das geschieht in unterschiedlichen Phasen? Genau. Mit ungefähr 40 Jahren beginnt die Prämenopause. Es folgt dann die Perimenopause, die ein bis zwei Jahre vor der eigentlichen Menopause - also der letzten Menstruation - liegt und als der eigentliche &bdquo;Wechsel“ gilt. Hier schwankt der Östrogenspiegel stark und Patientinnen berichten beispielsweise von Hitzewallungen oder weiterer Gewichtszunahme. Auf diese Phase folgt die Postmenopause. Sie sagen, dass besonders die Prämenopause vielen kein Begriff ist. Was können Symptome sein? Die Prämenopause hat einen regelrechten Absturz des Progesteronspiegels zur Folge. Diese Phase kann bis zu 15 Jahre andauern, doch das ist den wenigsten bewusst. Frauen beklagen in den meisten Fällen als Erstes ihre Schlafstörungen. Sie werden nachts häufig wach. Zusätzlich macht ein Progesteronmangel oft das Denken schwerer, die Merkfähigkeit und die Konzentration lassen nach. Das ist auch bei Männern der Fall. Bei Frauen ist in dieser Phase der Östrogenspiegel noch hoch, das kann dann zu Wassereinlagerungen führen. Doch da Frauen auch in dieser Phase noch regelmäßig ihre Periode haben können, denken sie nicht, dass sie schon in der Prämenopause sein könnten. Eine Blutuntersuchung kann dann das Gegenteil beweisen. Erleben Sie das in Ihrem Praxisalltag häufiger? Dass Frauen und Männer über Symptome klagen, die sie nicht auf die Wechseljahre oder die Prämenopause zurückführen? Auf jeden Fall. Wir machen dann Blutentnahmen und oft stellen wir fest, dass Handlungsbedarf besteht. Das kann auch schon bei jungen Frauen und Männern unter 40 Jahren der Fall sein. Was bedeutet Handlungsbedarf? In meiner Praxis wende ich die sogenannte individuelle bioidentische Hormontherapie nach Rimkus an. Damit habe ich gute Erfahrungen gemacht. Das Wohlbefinden meiner Patientinnen und Patienten steigt. Die Hormondosis wird im Behandlungsverlauf individuell angepasst. Was macht diese Behandlung aus? Es werden Hormone benutzt, die aus einer natürlichen Quelle kommen und keine chemischen Zusätze haben. Das ist nicht schulmedizinisch anerkannt, wird aber bei mir immer stärker nachgefragt. Lesen Sie auch: Wechseljahre: Wann endet die Menopause? Sie arbeiten als Hausärztin in Borchen, bieten diese pflanzliche Hormonersatztherapie aber zusätzlich an. Wieso? Weil der Bedarf enorm groß ist. Jeder Mensch ist von Wechseljahren betroffen, egal ob Mann oder Frau. Hormonmangel ist dann oft der Ausgangspunkt für chronische Erkrankungen und weitere Leiden. Ziel ist, eine Beschwerdearmut zu erreichen. Wir wollen den Prozess des Alterns nicht aufhalten, sondern ihm nur etwas entgegensetzen. Gibt es Ihrer Ansicht nach genug Beratungsangebote und medizinische Betreuung für Menschen in den Wechseljahren im Kreis Paderborn? Nein. Da gibt es zunächst einen drastischen Hausärztemangel und auch mit den Fachärzten sieht es nicht besser aus. Insgesamt fehlt auf alle Fälle ein größeres Beratungsangebot. Doch den Ärzten fehlt am Ende des Tages oft die Zeit. Zusätzlich gibt es auch Probleme, eine ausführliche Beratung für die Wechseljahre mit den Krankenkassen abzurechnen. Auch die pflanzliche Hormonersatztherapie ist eine Eigenleistung. Ich wäre froh, wenn an dieser Stelle ein Umdenken stattfinden würde. Fehlt Ihrer Ansicht nach auch aufseiten der Krankenkassen eine Sensibilisierung mit Blick auf die Wechseljahre? Ja, meiner Meinung nach schon. Denn es geht dabei nicht nur um eine Befindlichkeitsstörung, sondern um die generelle Leistungs- und Arbeitsfähigkeit sowie die Möglichkeit, sich auch im Alter länger selbst zu versorgen, wenn das körperliche und geistige Potenzial lange erhalten bleibt. Was raten Sie Frauen und Männern mit Blick auf die Wechseljahre? Aufmerksam sein und die Symptome wahrnehmen. Bei Frauen ist ein Leistungsabfall, oft im Zusammenhang mit Schlafstörungen, ein typisches Symptom sowie nächtliche Hitzewallungen. Beim Mann dominieren eher eine depressive Grundstimmung, Selbstzweifel, Versagensängste und ein Nachlassen der geistigen Leistungsfähigkeit. Wenn das zutrifft, rate ich zu einem Bluttest. Lesen Sie weitere Teile der Serie “Frauengesundheit im Fokus”: Das Geschlecht in der Medizin: &bdquo;Frauenherzen ticken anders“ Paderbornerin mit Endometriose: &bdquo;Ein Gefühl wie Messerstiche im Bauch“ Paderbornerin stirbt mit 28 an Brustkrebs: &bdquo;Alisia bleibt für immer ein Phänomen“ Inkontinenz bei Frauen: Zwei Paderbornerinnen teilen ihre Erfahrungen Unerfüllter Kinderwunsch: Wieso ein Paderborner Paar ans Aufgeben dachte

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