„Wir sind Paderborn“: Paderborner berichtet stolz von der Arbeit seiner Oma beim Stute

Paderborn. Wenn Grünen-Politiker Güven Erkurt (23) über seine Großeltern erzählt, dann berichtet er auch über folgenden Aspekt der jüngeren Paderborner Historie: die Rolle sogenannter Gastarbeiter. Welchen Anteil sie an der Entwicklung in der Stadt haben, zeigt das Beispiel von Güven Erkurts Großmutter Zehra Karaduman (75). Etwa 47 Jahre arbeitete sie bei Stute. Erst im Alter von 72 Jahren ging sie 2020 in den Ruhestand. Als 24-Jährige war sie mit Ehemann Haydar Ali Karaduman (79) Ende August 1973 nach Deutschland gekommen. Er war damals 28. Seit 50 Jahren leben sie in Paderborn. Haydar Ali Karaduman ging 2006 in Frührente, arbeitete zuvor unter anderem bei Stute, Hanning und Benteler. Paderborn als &bdquo;zweite Heimat“ &bdquo;Paderborn ist ihre zweite Heimat geworden. Sie wohnen schon immer in der Südstadt, haben Kontakte zu den Nachbarn. Dieses Gefühl kam relativ spät, aber es kam“, sagt Ratsherr Güven Erkurt. Auch, weil zunächst die Redewendung &bdquo;Zurück in die Heimat gehen“ eine Rolle spielte. Arbeiten und Geld sparen, um es den Verwandten in der Türkei zu schicken, war lange der Plan. &bdquo;Zurückgehen“ ist zugleich ein Begriff, der viele Jahre in Deutschland mit Blick auf die Generation der &bdquo;Gastarbeiter“ fiel. Grundlage für diese verbreitete Haltung war auch das Anwerbeabkommen zwischen der Bundesrepublik und der Türkei zwischen 1961 und 1973. Im Zuge dieses Abkommens war das Ehepaar Karaduman zur Firma Stute und damit nach Paderborn gekommen. Trauer: Getrennt von den Kindern So wohl sich Zehra und Haydar Ali Karaduman nach den Worten ihres Enkels in Paderborn fühlen, so deutlich wird auch die Trauer, die vor allem Zehra Karaduman lange gefühlt habe. Zwar holten sie 1975 Tochter Türkan (heute 53), Güven Erkurts Mutter, zwischenzeitlich nach Paderborn. Doch erst 1977 zogen die Tochter und Bruder Ismail (51) ganz nach Paderborn. &bdquo;Das war vorher eine harte Zeit, weg von den Kindern“, sagt Güven Erkurt. &bdquo;Ich habe jeden Tag geweint“, zitiert er seine Großmutter. Ursprünglich stammt ihre Familie aus der Provinz Yazgat. Die Familie des Vaters stammt aus der Provinz Zorum, wo noch heute viele Verwandte leben. Die Trennung der Familie, das Leben in zwei Ländern: Auch in der Familie von Güven Erkurts Vater Arap (55) gibt es diese Erfahrungen. So kam Arap Erkurt 1989 nach Deutschland, zunächst für ein Chemiestudium in Paderborn. Er wechselte später zur Lebensmitteltechnologie in Lemgo. Dessen Schwester Yosma Kadi (75) – etwa 20 Jahre älter – lebte da bereits in Deutschland. Und sie war es auch, die früher gegenüber Zehra und Haydar Ali Karaduman wohnte. Und so lernten sich Güven Erkurts Eltern in Deutschland kennen. Die deutsche Sprache: eine Hürde Erschwerend ist aber für Zehra und Haydar Ali Karaduman, dass sie kaum Deutsch sprechen, auch wenn es vor dem Rentenbeginn mehr war. Zehra Karaduman fiel es deshalb nicht leicht, Anschluss zu finden. Denn in den Produktionsbereichen, in denen sie in den ersten Jahren bei Stute tätig war, seien Türken überwiegend unter sich gewesen. Güven Erkurt: &bdquo;Sie hatte keine wirkliche Chance, Deutsch zu lernen.“ Die Trennung der Familie, das Leben in zwei Ländern: Auch in der Familie von Güven Erkurts Vater Arap (55) gibt es diese Erfahrungen. So kam Arap Erkurt 1989 nach Deutschland, zunächst für ein Chemiestudium in Paderborn. Er wechselte später zur Lebensmitteltechnologie in Lemgo. Dessen Schwester Yosma Kadi (75) – etwa 20 Jahre älter – lebte da bereits in Deutschland. Und sie war es auch, die früher gegenüber Zehra und Haydar Ali Karaduman wohnte. Und so lernten sich Güven Erkurts Eltern in Deutschland kennen. Die deutsche Sprache: eine Hürde Erschwerend ist aber für Zehra und Haydar Ali Karaduman, dass sie kaum Deutsch sprechen, auch wenn es vor dem Rentenbeginn mehr war. Zehra Karaduman fiel es deshalb nicht leicht, Anschluss zu finden. Denn in den Produktionsbereichen, in denen sie in den ersten Jahren bei Stute tätig war, seien Türken überwiegend unter sich gewesen. Güven Erkurt: &bdquo;Sie hatte keine wirkliche Chance, Deutsch zu lernen.“ Zunächst lebten sie und ihr Ehemann in einer Zwei-Zimmer-Wohnung an der Borchener Straße – in jenem Haus, in dem heute der Stute-Betriebsrat seine Räume hat – später in der Liegnitzer Straße. Heute wohnt die Familie – auch Güven Erkurt, sein Onkel und dessen Familie – in einem Mehrfamilienhaus des Onkels. In kleinen Schritten sind die Großeltern dennoch in Paderborn angekommen. Opa Haydar Ali Karaduman ist ein Fan des Ringens und habe auch Kindern in der Nachbarschaft auf einem Spielplatz an der Liegnitzer Straße den Sport gezeigt. Alevitische Gemeinde Zudem engagiert sich die Familie in der Alevitischen Gemeinde, für deren Veranstaltungen Zehra Karaduman oft verschiedene Gerichte kochte. Der Großvater half bei Gottesdiensten. Was rassistische Erfahrungen oder Diskriminierung betrifft, habe Zehra Karaduman dies kaum wahrgenommen. Die Mutter von Güven Erkurt habe ihm aber von einem Kippen der Stimmung in Deutschland in den 1980er Jahren erzählt. Damals seien Anfeindungen gegen &bdquo;Gastarbeiter“ und deren Kinder spürbar gewesen. Ausgrenzung habe es zuvor eher mit Blick auf die sogenannte Mau-Mau-Siedlung in Paderborn, zwischen Borchener Straße und Frankfurter Weg, gegeben. Eltern hätten Kindern verboten, mit Kindern von dort zu spielen, sagt Güven Erkurt. Wegen des Wohnumfelds. Zusammenfassend stellt er für seine Großmutter Zehra Karaduman fest: &bdquo;Oma hat Deutschland erst relativ spät entdeckt.“ Sie interessiert sich aber umso mehr für das Geschehen, besonders für die Politik. Stolz auf den Enkel Beispielsweise dafür, dass Enkel Güven sich bei Bündnis 90/Die Grünen engagiert und Wahlkampferfahrung hat. &bdquo;Meine ganze Familie hat mich unterstützt. Meine Oma sagt: ,Toll, dass du dich einsetzt’“, so der Ratsherr. Und so hätten die Großeltern auch für den Enkel geworben. Angst habe die Familie, mit Wurzeln in der Sozialdemokratie der Türkei, vor der AfD. Und bis auf die Großeltern und eine Tante habe die Familie die deutsche Staatsbürgerschaft, teilweise die doppelte. Unterstützer von Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei, gebe es in der Familie übrigens nicht. Über eine Sache würde sich die Familie freuen: über eine Städtepartnerschaft mit dem Istanbuler Stadtteil Beylikdüzü. Nach langer Diskussion gibt es jetzt eine Städtefreundschaft. Eine Städtepartnerschaft könnte es spätestens nach fünf Jahren geben. Lesen Sie weitere Teile der NW-Serie &bdquo;Wir sind Paderborn“: Kosta Iakovidis ist als Hotelier und Kneipier bekannt

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