Nach tödlicher Gewalt: Paderborner Polizei will härter durchgreifen

Paderborn. Es war schon befürchtet worden, jetzt herrscht traurige Gewissheit: Das Opfer des brutalen Angriffs in der Marienstraße ist tot. Wie Polizei und Staatsanwaltschaft am späten Freitagnachmittag mitteilten, starb der 30-jährige Paderborner aufgrund seiner massiven Kopfverletzungen. Die bei dem Angriff erlittenen Verletzungen hätten einen unumkehrbaren Ausfall der gesamten Hirnfunktionen durch eine &bdquo;subarachnoidale Einblutung“ am Kopf zur Folge gehabt. Der Tote soll zeitnah obduziert werden. Die drei Täter sind immer noch auf der Flucht. Während die Fahndung nach ihnen weiterläuft, ist in Paderborn eine Debatte um die Sicherheit in der Innenstadt entbrannt. Die Polizei kündigt aufgrund des Vorfalls ein härteres Durchgreifen an. Update (6. Mai): Zwei der Verdächtigen haben sich bei der Polizei gestellt. Das fordert die CDU Paderborn von Polizei und Stadt Das Thema Sicherheit in der Innenstadt hat jetzt auch wieder die Paderborner CDU aufgegriffen. Sie fordert in gleich zwei Pressemitteilungen eine verstärkte Präsenz der Polizei sowie ein &bdquo;aktiveres und konsequenteres“ Vorgehen. Polizei und Stadtverwaltung müssten intensiver zusammenarbeiten. Zu Wochenbeginn hatte die CDU eine Anfrage für den nächsten Haupt- und Finanzausschuss gestellt. Darin geht es um eine mögliche Videoüberwachung und ein zusätzliches Alkoholverbot am Vorplatz der Herz-Jesu-Kirche, der sich bekanntlich zu einer Paderborner Problemzone entwickelt hat (die &bdquo;NW“ berichtete). Diese Anfrage erhalte &bdquo;durch die schlimmen Ereignisse in der Marienstraße eine traurige Zuspitzung und Brisanz“, so die Christdemokraten. Mehrere Ratsvertreter seien am Donnerstag nach der Tat direkt von Anwohnern und Gewerbetreibenden an Marienstraße und Marienplatz, speziell von Betreibern der Gaststätten und Clubs angesprochen worden. Diese hätten mehr Polizeipräsenz gefordert, aber auch immer wieder den Wunsch nach Videoüberwachung geäußert, schreibt die CDU. Wie ist die Stimmung vor Ort? Das sagen die Anwohner zur Situation in der Marienstraße Aus den Gesprächen mit Anwohnern und Geschäftsinhabern wird deutlich, dass sie misstrauisch sind. Ihre Namen möchten sie nicht nennen, aus Angst vor möglichen Konsequenzen. Und es bringe ja eh nichts, so der Tenor der befragten Personen in der Marienstraße. Nur ein Ladenbesitzer, der sich gegenüber der &bdquo;NW“ äußert, denkt, dass mehr Polizeipräsenz etwas ändern würde. Auch Videoüberwachung würde helfen, sagt er. Von einem Alkoholverbot hält er jedoch nichts: &bdquo;Was hat man davon? Das verlagert das Problem nur woanders hin.“ Eine Anwohnerin sieht das ähnlich: &bdquo;An ein Alkoholverbot würde sich doch eh keiner halten“, sagt sie. Die Polizei solle besser illegale Drogen in den Blick nehmen. Sie berichtet von offenem Cannabis- und Kokain-Konsum, auch Lachgas werde genommen. Lesen Sie auch: Brutaler Angriff in Paderborn: Opfer stirbt im Krankenhaus - Täter weiter auf der Flucht Ein weiterer Anwohner der Marienstraße scheint die Hoffnung gänzlich aufgegeben zu haben, dass die Gewalt und der nächtliche Lärm ein Ende finden könnten. Er habe schon Beschwerden bei der Stadt, der Polizei und dem Ordnungsamt eingereicht. Geändert habe es nichts. Ein Anwohner des nahe gelegenen Paderquellgebiets berichtet von ähnlichen Versuchen, die ebenfalls keine Veränderung gebracht hätten: &bdquo;Die Ordnungsbehörden lassen uns komplett im Stich.“ Eine Anwohnerin der Marienstraße ist ähnlich resigniert. Sie denkt nicht, dass mehr Polizeipräsenz die Gegend sicherer machen würde: &bdquo;Die Polizei macht ja nicht wirklich was.“ Sie schildert mehrere Fälle der letzten Wochen, bei denen sie Diebstähle, Gepöbel und Gewalt in der Marienstraße beobachtet habe. Einzig die Türsteher der Diskothek Container, die auch in der Mainacht Erste Hilfe geleistet hatten, würden zur Deeskalation beitragen. Gewalt habe es zwar schon immer in der Marienstraße gegeben, aber in den vergangenen Monaten sei es mehr geworden. So reagiert die Polizei Paderborn auf den tödlichen Angriff Für die Paderborner Innenstadt gibt es ein Präsenzkonzept, das die Kreispolizeibehörde mit weiteren Beteiligten abgestimmt habe, wie Pressesprecherin Corinna Koptik mitteilt. Die Polizei beurteile regelmäßig die Lage und passe ihre Maßnahmen entsprechend an. So seien in der Vergangenheit immer wieder anlassbezogen Kontrollaktionen durchgeführt worden. In dem Bereich sei Polizeipräsenz regelmäßig und kontinuierlich gegeben, betont Koptik. Zusätzlich sind die BOSS-Streifen den Angaben zufolge freitags und samstags bis 1 Uhr im Einsatz. Lesen Sie auch unseren Kommentar: Zeit zum Trauern, nicht zum Streiten Allerdings sei auch die Polizei an Recht und Gesetz gebunden und könne nur dann tätig werden, wenn die rechtlichen Grundlagen dafür vorlägen. Nach zwei brutalen Übergriffen im Februar waren diese gegeben: Christoph Rüther, Landrat und Behördenleiter der Kreispolizei, hatte nach den Übergriffen rechtlichen Möglichkeiten genutzt und intensive Anhalte- und Sichtkontrollen nach dem Polizeigesetz angeordnet. Sie können unter anderem Identitätsfeststellungen sowie Durchsuchungen – auch von Unbeteiligten – umfassen. Koptik: &bdquo;Dadurch wurde Kontrolldruck erzeugt, woraufhin sich die Situation in der Innenstadt wieder entspannte. Schwere Straftaten konnten seitdem nicht mehr festgestellt werden.“ Diese Maßnahmen, die mit erheblichen Grundrechtseingriffen einhergehen, sind allerdings zeitlich befristet und dürfen eine Dauer von 28 Tagen nicht überschreiten. Die Kontrollen endeten demzufolge im April. Nach der Gewalttat vom 1. Mai hat die Kreispolizeibehörde Paderborn ihr Konzept überprüft (die &bdquo;NW“ berichtete). Ergebnis: Es wurde angepasst. Behördenleiter Rüther hat demnach erneut polizeiliche Anhalte- und Sichtkontrollen angeordnet. Außerdem wurde eine Ermittlungskommission zur Bekämpfung der Straßenkriminalität eingesetzt. Die Polizei stehe in engem Kontakt zur Stadt Paderborn, um ihr gemeinsames Vorgehen im Innenstadtbereich abzustimmen. Das bestätigt die Pressestelle der Stadt zwar, verweist in ihrer Antwort auf eine &bdquo;NW“-Anfrage ansonsten aber auf die CDU-Anfrage im Ausschuss am 14. Mai.

Meistgelesen