Chancen bei Reaktivierung alter Bahnstrecken in Stadt und Kreis Paderborn

Kreis Paderborn. Es gab Zeiten, da konnte man am Paderborner Hauptbahnhof in eine Straßenbahn einsteigen, am Rathaus aussteigen oder bis Detmold – sogar durch die Externsteine hindurch – fahren. Diese Zeiten sind lange vorbei. Da aber die Mobilitätswende kommen soll, gibt es vereinzelt Pläne, um ähnliche Angebote zu schaffen – etwa die Reaktivierung der Almetalbahn oder die Neue Mobilität mit autonom fahrenden E-Waggons. Aber es gab in der Vergangenheit noch viel mehr Ideen, Pläne oder Gutachten, die aber allesamt in irgendwelchen Schubladen verschwunden sind oder einfach verworfen wurden, wie Rainer Wester vom Fahrgastverband Pro Bahn weiß. Der Bahnexperte aus Upsprunge kennt viele Hintergründe, warum so manche Machbarkeitsstudie nur eine Studie geblieben ist. Geplante Stadtbahn Anfang der 90er Jahre reiften die Pläne, in Paderborn eine Stadtbahn zu installieren. Eine betriebliche Machbarkeit wurde dem Stufenkonzept seiner Zeit bereits nachgewiesen. Zwei völlig neue Stadtbahnstrecken sollten angelegt werden – vom Nordbahnhof über die Friedrichstraße und das Westerntor zum Hauptbahnhof und die zweite von Siemens-Nixdorf über das Westerntor und die Husener Straße hinauf zur Universität.Auch die alte Almetaltrasse sollte wiederbelebt werden, so dass Büren und vor allem auch der Flughafen in Ahden ans Schienennetz angeschlossen wären und auch die Sennebahn nach Bielefeld sollte mit an dieses Netz. Ebenso sollte es vom Nordbahnhof eine Verbindung nach Bad Lippspringe geben. &bdquo;Der Strecke Büren-Paderborn-Bad Lippspringe wurde damals ein sehr hoher Kostennutzenfaktor zugeschrieben – es rechnete sich also“, erklärt Wester. Daraus geworden ist aber nichts. Die Kosten waren damals zwar hoch, aber seien machbar gewesen für das Stadtbahn-Großprojekt, bei dem 47 Haltepunkte eingeplant waren. Die Fahrzeuge sollten schon vor 30 Jahren ein Mix aus Diesel- und Elektroantrieb sein. 288 Millionen Mark sollte das Gesamtpaket kosten, dank Zuschüssen von Bund und Land hätten die Kommunen und der Kreis Paderborn noch rund 43 Millionen Mark zuschießen müssen, wie damals berichtet wurde. &bdquo;Aber andere deutsche Städte hatten ihre Gutachten dazu schon in der Tasche. Bis Paderborn soweit war, war der Zug im wahrsten Sinne des Wortes schon abgefahren. Da war leider wieder eine Studie vergebens“, meint Wester. Strecke nach Bad Lippspringe Ab 1906 gab es eine Zugverbindung von Paderborn nach Bad Lippspringe – der Bahnhof war dort, wo heute die Berliner Allee ist. 1965 wurde der Verkehr aber eingestellt. Diese alte Bahnstrecke über Marienloh sei Ende der 80er Jahre abgebaut worden, die Gleise würden aber bis kurz vor Marienloh noch liegen, so Wester. Das Unternehmen Benteler nutzt noch einen Abschnitt als Privatanschlussgleis. &bdquo;Eine Reaktivierung der Strecke war in den 90er Jahren schwer im Gespräch, heutzutage wäre das nicht mehr umsetzbar, die Strecke ist schon zugebaut.“ Laut Wester folgte dann die Konzentration auf die Sennebahn, die hatte damals eine schlechte Auslastung, so der Upsprunger. Dafür gab es auch triftige Gründe: Ende der 80er Jahre fuhr am Freitagabend gegen 17.30 Uhr der letzte Zug nach Bielefeld, dann war Betriebsende bis Montagmorgen. &bdquo;Das ist heute unvorstellbar, war zu der Zeit aber so“, schmunzelt Rainer Wester. &bdquo;Da hat sich auf jeden Fall vieles verbessert, auch fährt alle 15 Minuten ein Bus von Bad Lippspringe ins Paderborner Zentrum.“ Strecke Hövelhof – Gütersloh Aktuell ist eine Wiederaufnahme des 25 Kilometer langen Abschnitts der früheren Teutoburgerwaldeisenbahn (TWE) geplant. Von Harsewinkel über Gütersloh nach Verl sollen bis 2027 wieder Züge fahren. Laut Wester gab es bereits 1997 dazu die ersten Überlegungen. Rainer Wester würde sich noch den Lückenschluss von Hövelhof nach Verl wünschen: &bdquo;Der würde den Netzgedanken stärken und man hätte weniger Probleme Richtung Hamm. Die Trasse liegt sogar noch.“ Almetalbahn Für die Reaktivierung der Strecke setzt sich Wester schon jahrelang ein. Sie würde die Lücke vom Sauerland (Brilon) über Büren nach Paderborn schließen. &bdquo;Vor zwölf Jahren war das Projekt schon tot“, gibt er zu. &bdquo;Durch die Klimadiskussion hat es aber wieder Fahrt aufgenommen und schnell wurde eine Machbarkeitsstudie angestoßen.“ Die Ergebnisse sollen eigentlich jetzt im Frühjahr vorgestellt werden. &bdquo;Wir sind gespannt“, sagt er im Namen vom Fahrgastverband Pro Bahn. Aber seit dem Start des Gutachtens seien die finanziellen Probleme in den Haushalten – vom Bund bis in die Kommunen – nicht zuträglich für das Großprojekt, sieht er wieder einen Stau in den Planungen. Ohnehin sei der Weg zu einer wirklichen Umsetzung noch sehr weit. Nach der Machbarkeitsstudie käme eine &bdquo;standardisierte Bewertung“ als nächster Planungsschritt. &bdquo;Die dauert ebenfalls Jahre, liefert dann aber auch belastbare Zahlen. Niemand reaktiviert einfach so drauf los“, weiß der Bahnexperte, der seit Kindheitstagen vom Bahnfahren und von der Aura der Bahnhöfe total angefixt ist. Als Bahnexperte schaut er natürlich auch über die Region hinaus und weiß, dass die Linie Münster-Warstein über Neubeckum und Lippstadt Superwerte bei der Machbarkeitsstudie hat. Neben dem bereits fertigen Gutachten ist die Reaktivierung des ersten Streckenabschnittes Münster-Sendenhorst beschlossene Sache. &bdquo;Damit steht die Almetalbahn im Wettbewerb. Wir brauchen deutlich positive Impulse aus der Region, um am Ende beide Projekte hinzubekommen“ meint der 50-Jährige. Die Studie, die aktuell erwartet wird, wäre übrigens die vierte für die Almetalbahn, wie Wester betont. Mitte der 1990er Jahre fing es an, dann folgten eine Einzelstudie zur Flughafenbahn Bielefeld-Ahden und eine standardisierte Bewertung Paderborn-Büren vor gut 15 Jahren. &bdquo;Die war übrigens auch positiv. Jahre hin, Jahre her, wenn wir es mit dem Klimaschutz und der Verkehrswende wirklich ernst meinen, muss man auch irgendwann einmal damit anfangen“, kritisiert er die langsamen Mühlen der deutschen Bürokratie.

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