Nach Correctiv-Recherche und Demos: Großer Zuwachs für Parteien im Kreis Paderborn

Kreis Paderborn. Deutschlandweit demonstrierten Millionen Menschen gegen Rechtsextremismus. Laut ZDF-Politbarometer verliert die AfD zunehmend an Zuspruch - und das deutlich. Gleichzeitig treten immer mehr Menschen in Parteien ein, auch in die AfD. Wer im Kreis Paderborn profitiert. CDU: &bdquo;Jeden zweiten Tag tritt jemand ein“ &bdquo;Der Januar 2024 ist bezüglich der Parteieintritte tatsächlich fast doppelt so stark wie der Durchschnitt der Januare von 2021, 2022 und 2023“, sagt Hartwig Höschen, Kreisgeschäftsführer des CDU-Kreisverbands Paderborn. Im Januar 2024 sind laut Höschen 14 Personen eingetreten - ein deutliches Plus gegenüber den Januar-Durchschnitten der Jahre 2023 (6), 2022 (8) und 2021 (9). Ende Januar 2024 stehe die CDU im Kreis bei 4.091 Mitgliedern. In den vergangenen Jahren hätten in durchschnittlichen Monaten Neueintritte die Austritte kompensiert, die Sterbefälle konnten jedoch oft nicht ausgeglichen werden. Entsprechend verlor die CDU im Kreis im Schnitt zwei Prozent Mitglieder. &bdquo;Das ist jetzt anders“, sagt Höschen. Der CDUler schätzt, dass rund 60 Prozent der Neuzugänge auf &bdquo;Angst vor Neo-Nazis und den damit einhergehenden zu befürchtenden Veränderungen im Land“ zurückzuführen sind. Etwa 40 Prozent der Eintritte seien vorrangig durch die Ampelregierung motiviert. Sorge vor rein symbolischen Parteieintritten habe Höschen dabei nicht: &bdquo;Man braucht beides: Menschen, die sich aktiv einbringen und auch diejenigen, die Sympathie bekunden wollen, ihren Mitgliedsbeitrag zahlen und Farbe bekennen.“ Es sei ein &bdquo;absolutes Statement für die Demokratie“. SPD: &bdquo;Seit Jahresbeginn so viele Mitglieder wie sonst in einem halben Jahr“ &bdquo;Gerade seit Jahresbeginn nehmen wir ein stark gestiegenes Interesse am SPD-Eintritt wahr“, sagt SPD-Kreisverbandsgeschäftsführer Florian Götting. Weil noch nicht alle Mitgliedsanträge erfasst seien, gebe es bisher keine konkreten Zahlen. &bdquo;Wir können aber bereits heute abschätzen, dass wir seit Jahresbeginn etwa so viele Mitglieder neu hinzugewonnen haben, wie üblicherweise in einem Zeitraum eines halben Jahres.“ Zum Jahreswechsel seien gut 750 Mitglieder im Gebiet des Kreisverbands gemeldet gewesen. Insgesamt seien im Januar &bdquo;mehrere Hundert Neumitglieder“ der SPD in Nordrhein-Westfalen beigetreten, sagt Frederick Cordes, Generalsekretär der NRW-SPD. Grüne: 23 Personen seit Jahresanfang &bdquo;Dienstagnacht nach der Kundgebung beim Schützenplatz hatten wir schlagartig mehr als eine Handvoll Online-Mitgliedsanträge“, sagt Johannes Menze, Kreisgeschäftsführer der Grünen Paderborn. &bdquo;Seit Jahresanfang haben 23 Personen ihren Beitritt erklärt. Damit haben wir die Grenze von 500 Mitgliedern überwunden.“ Im Drei-Jahres-Vergleich gebe es rund ein Fünftel mehr Mitglieder. Konkrete Zahlen gibt der Kreisverband auf NW-Frage noch nicht heraus. Einen spürbaren Zulauf gebe es seit etwa September. In Gesprächen mit Neumitgliedern begegnen Menze nach eigenen Angaben zwei Motive: Angesichts des Rechtsrucks Partei zu ergreifen, um die Demokratie zu stärken, und der Nationalpark Egge. &bdquo;Selbst aktiv werden – egal, ob in demokratischen Parteien, Gewerkschaften oder Sozialinitiativen - ist ein klares Signal gegen das spalterische Schwarz-Weiß der Rechtsextremisten und Populisten“, sagt Menze. Die Linke: &bdquo;Langfristige Trendumkehr fraglich“ Auch Die Linke im Kreis Paderborn konnte in den letzten Wochen überdurchschnittlich vieleEintritte verzeichnen, sagt Holger Drewer, Schriftführer des Kreisverbands Paderborn. &bdquo;Die Entwicklung bestärkt uns in unserem Kurs, nicht nur die AfD als Symptom, sondern auch seine gesellschaftlichen Ursachen deutlich anzusprechen.“ Die Interessen von Teilen der Bevölkerung würden gegen die anderen gestellt. &bdquo;Vom populistischen Diskurs über Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger bis hin zur Verschärfung des Asylrechts müssen wir uns der gesellschaftlichen Spaltung entgegenstellen.“ Drewer betont allerdings, dass der neue Aufschwung mit Vorsicht beobachtet werden sollte. &bdquo;Parteien haben in den letzten Jahrzehnten mehrere Hunderttausend Mitglieder verloren, obhier von einer langfristigen Trendumkehr zu sprechen ist, ist fraglich.“ Rein symbolische Eintritte befürchtet er nicht: &bdquo;Aus den letzten Gesprächen haben wir im Gegenteil den Eindruck, dass aktive Mitarbeit angestrebt wird.“ AfD: &bdquo;Nicht wenige wollen die Gemeinschaft erleben“ Auch die AfD verzeichne einen Mitgliederzuwachs, sagt AfD-Kreissprecher Marvin Weber: &bdquo;Seit den Recherchen haben wir einen sehr großen Mitgliederzuwachs.“ 20 Neuzugänge habe die AfD im Kreis Paderborn seit den &bdquo;Lügenrecherchen“, wie Weber die Correctiv-Recherchen nennt, verzeichnet. Lag die Mitgliederanzahl Ende Januar 2021 noch bei 75, stieg sie Ende Januar 2023 auf 130 und Ende Januar 2024 auf 180. Viele Bürger seien in der Regel das erste Mal in einer Partei und seien von unpolitisch denkenden Bürgern durch die Politik der AfD zu politisch interessierten Bürgern geworden. &bdquo;Nicht wenige wollen auch einfach die Gemeinschaft erleben“, so Weber, um sich von der &bdquo;politischen Ohnmacht“ zu befreien. Weber macht die &bdquo;Meinungsdiktatur und die Aushöhlung des Grundgesetzes“ sowie die &bdquo;Ungleichbehandlung der AfD“ für den Zustrom verantwortlich. Die Neumitglieder würden sich aktiv einsetzen: &bdquo;Die Zeit der Karteileichen haben wir jetzt eher hinter uns." FDP: normale Entwicklung Die Mitgliederentwicklung der FDP im Kreis Paderborn verlaufe unabhängig von den Correctiv-Recherchen und Gegen-Rechts-Demonstrationen, sagt FDP-Kreisvorsitzender Marc Lürbke. &bdquo;Es sind normale Bewegungen, einige kommen, einige gehen.“ Absolute Zahlen nennt Lürbke nicht. In den vergangenen drei Jahren habe die FDP auf Kreisebene einen Zuwachs von 30 bis 40 Prozent verzeichnen können. Die Zahlen schwanken teils deutlich. &bdquo;Allerdings sind wir auch nicht so mitgliederstark wie etwa die CDU“, sagt Lürbke. Entsprechend schnell kämen hohe relative Zuwächse zustande. Vor allem vor Wahlen sei das Interesse an Politik erhöht. An den Zuläufen sei klarzusehen, dass durch Wahlkämpfe auch Parteiarbeit präsenter sei. &bdquo;Ich wünsche mir, dass die demokratische Mitte gestärkt wird, nicht die Ränder“, sagt Lürbke. Die Zuwächse der AfD bezeichnet er als &bdquo;besorgniserregend“.

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