Paderborner Geschäft Heinrichsdorff wird abgerissen: „Meine Entscheidung fiel ziemlich plötzlich“

Paderborn. Eigentlich hat Adolf Heinrichsdorff an diesem Mittwoch schon genug zu tun: Beispielsweise Kartons packen für den Umzug. Doch permanent klingelt das Telefon. Die Nachricht, die die Stadt Paderborn am Dienstagabend verbreitete, stößt offensichtlich auf große Resonanz. Heinrichsdorff verkauft sein Haus an die Stadtverwaltung, demnächst soll es abgerissen werden. Das Fachgeschäft für Hüte und Mützen zieht für ein paar Monate vom Marienplatz an den Königsplatz - doch dann endet eine mehr als 100 Jahre andauernde Ära. Früher als Heinrichsdorff selbst erwartet hat. &bdquo;Irgendwann wäre es sowieso vorbei gewesen“, sagt der 69-Jährige. &bdquo;Ich wollte das Geschäft eigentlich in sieben oder acht Jahren aufgeben.“ Dass sein Ruhestand nun bereits im Jahr 2024 eintritt, liegt am Stadthaus-Bau. Wie berichtet, ist sein Haus durch den Abriss des benachbarten Gebäudes akut gefährdet. Mit dem Abbruch hätte plötzlich eine Außenwand gefehlt. Diese Erkenntnis kam erst im laufenden Prozess, da ihm und der Stadt zuvor keine entsprechenden Bau-Unterlagen zur Verfügung gestanden hätten, sagt Adolf Heinrichsdorff. Ende 2023 habe sich die Dimension des Statik-Problems dann abgezeichnet. Entscheidung fiel kurz vor Weihnachten Um sein Gebäude zu behalten, hätte er ein Teil des städtischen Grundstückes mit der Außenmauer kaufen sowie eine weitere Wand davor hochziehen müssen. Und das innerhalb kürzester Zeit. Fachleute hätten die Kosten für eine Sanierung &bdquo;grob über den Daumen“ auf 100.000 Euro geschätzt. &bdquo;Das will und kann ich nicht bezahlen“, so Heinrichsdorff. &bdquo;Meine Entscheidung fiel ziemlich plötzlich kurz vor Weihnachten.“ So plötzlich die Entscheidung, so schnell auch das weitere Verfahren: Ab diesem Donnerstag, 1. Februar, kann er für den Abverkauf seiner Waren die Räume der &bdquo;Digitalen Heimat“ am Königsplatz 12 beziehen. Am 9. Februar übergibt er das Gebäude an die Stadt Paderborn. Ein Gebäude, das mehr als 100 Jahre in Familienhand war. 1911 eröffnete Heinrichsdorffs Großvater in der Westernstraße ein &bdquo;Pelzwaren-, Hut- und Mützen-Geschäft nebst Werkstatt“. Es folgte ein Umzug zum Rathausplatz und im Jahr 1916 wurde der Betrieb an den heutigen Marienplatz-Standort verlegt. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Wohn- und Geschäftshaus vollständig zerstört und ab 1947 wiederaufgebaut. Eigentlich wollte Heinrichsdorff Lehrer werden Der Sohn des Firmengründers führte mittlerweile das Unternehmen. Als dieser in den 1970er Jahren überraschend verstarb, hatte Adolf Heinrichsdorff eigentlich einen anderen Berufsweg eingeschlagen. &bdquo;Ich wollte Lehrer werden und hatte schon ein Studium angefangen“, erzählt er heute. Kurzerhand orientierte er sich um und trat in die Fußstapfen seines Vaters und Großvaters. Er absolvierte eine Lehre und eine Meisterprüfung zum Hut- und Mützenmacher. Nachdem seine verwitwete Mutter übergangsweise das Geschäft führte, übernahm er dieses im Jahr 1988. Seitdem haben er und sein zuletzt vierköpfiges Team zigtausend Mützen angefertigt und diese sowie als Handelsware auch Hüte verkauft. Beispielsweise für Schützenvereine, Theater, den Filmfundus in Babelsberg und natürlich Privatpersonen. &bdquo;Mittlerweile ist es für viele wieder ein modischer Aspekt, eine Mütze oder einen Hut zu tragen“, meint Adolf Heinrichsdorff, der selbst ein großer Hutliebhaber ist. In speziellen Fällen reisten Kunden bis zu 100 Kilometer an. &bdquo;Die Versorgung mit Hüten und Mützen wird künftig nicht mehr so einfach“, sagt er. Gebe es Fachgeschäfte wie seines doch sehr selten. Abverkauf startet demnächst mit Rabatten Bis voraussichtlich April können Kundinnen und Kunden beim Abverkauf die verbliebenen Waren erwerben - von Beginn an mit Rabatten versehen, kündigt Mützenmacher Heinrichsdorff an. Wann genau es los geht, sei noch unklar. Denn: &bdquo;Ein bisschen Atmosphäre soll schon da sein, wir wollen nicht aus Pappkartons verkaufen.“ Daher müsse in den Räumen am Königsplatz noch Mobiliar aufgebaut werden. Es sei geplant, Teile der bisherigen, von 1950 stammenden Einrichtung rüberzunehmen. Den Abriss des Gebäudes mit der Ladenfläche, Werkstatt- und Lagerräumen sowie einer nicht genutzten Wohnung werden Adolf Heinrichsdorff und seine Schwester Andrea Block, die seit fünf Jahrzehnten im Geschäft arbeitet, als Zaungäste verfolgen. Und sicherlich mit Wehmut. &bdquo;Das ist immerhin unser Eltern- und Geburtshaus“, so Block. Und Heinrichsdorff sagt: &bdquo;Seit meinem fünften Lebensjahr war ich im Geschäft. Angefangen hatte es, den Kunden die Tür aufzuhalten.“

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