„Die wollen mich weg haben“: Paderborner Schüler sprechen über ihre Rassismus-Erfahrungen

Paderborn-Schloß Neuhaus. &bdquo;Wenn die AfD an die Macht käme, müsste ich echt überlegen, ob sich eine Ausbildung hier noch lohnt – die wollen mich dann doch sowieso weghaben." Betretenes Schweigen macht sich breit, als Hilal-Zeyneb Ari, Schülerin am Berufskolleg Schloß Neuhaus (BKSN), diesen Satz ausspricht. Sie bezieht sich dabei auf die aktuellen Correctiv-Enthüllungen, die seit einigen Wochen diskutiert werden. Im November hatten sich AfD-Mitglieder und Rechtsradikale in Potsdam getroffen, um unter anderem über die Möglichkeit der Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund, zu beraten. Angst vor der Umsetzung solcher Pläne und einem politischen Rechtsruck haben am Berufskolleg in Schloß Neuhaus viele junge Menschen. Weit mehr als die Hälfte der Schülerschaft habe eine Einwanderungsgeschichte, erklärt Schulleiter Matthias Groß. Deutschlehrerin Katja Werth berichtet von der entsetzten Reaktion einer Klasse, als sie die Investigativrecherche im Unterricht besprechen wollte. &bdquo;Aber dann wäre ja nur noch Markus hier", hätten die Schülerinnen und Schüler gesagt. Schließlich entstand an der Schule die Projektwoche &bdquo;15 Jahre: Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage". Die Schüler wurden dabei bewusst in die Organisation miteinbezogen, erzählt Ralf Spitzbarth, Lehrer für Mathe und Sport. Bei der Projektwoche solle es auch um die eigenen, persönlichen Vorurteile gehen, sagt er. Diese habe schließlich jeder, fügt Katja Werth hinzu. &bdquo;Vorurteile sind eine Möglichkeit für unser Gehirn, Dinge einfacher zu verarbeiten. Es liegt aber auch an uns, diese regelmäßig zu reflektieren", erklärt Werth. Die Methode zeige Wirkung. &bdquo;Mir war gar nicht bewusst, wie viele Vorurteile ich selbst habe", erzählt Mimoza Abdollahu und dass, obwohl sie selbst schon von Diskriminierung betroffen war. Die Schülerin der Höheren Handelsschule, deren Eltern aus dem Kosovo stammen, hatte an ihrer ehemaligen Schule mit einigen Mitschülern und Mobbing zu kämpfen. Der einzige Kommentar ihres damaligen Lehrers sei dazu gewesen: &bdquo;Ich weiß, dass da, wo du herkommst, der letzte europäische Krieg war, und ich will nicht, dass du den Krieg hierher holst." Alltagsrassismus weit verbreitet Sie ist nicht die einzige Schülerin mit solchen oder ähnlichen Erfahrungen. Einige berichten von Vorfällen auf dem Weg zur Schule, abfälligen Kopftuch-Bemerkungen oder rassistischen Witzen. Am Berufskolleg halte die Schülerschaft eng zusammen. Das große Problem sei aber, dass außerhalb der Schule viele wegschauen würden, so die Erfahrung der Schüler. Zeinab Afshar, die gerade auf ihr Fachabitur hinarbeitet, wünscht sich von Nichtbetroffenen deshalb mehr Zivilcourage. Oft sei es aber auch schwierig, Rassismus so klar zu benennen. &bdquo;Viele Kommentare sind unterschwellig diskriminierend", erzählt Özcan Selim-Oglou. Mitschüler Nils Münsterteicher stimmt ihm zu: &bdquo;Ich komme vom Dorf, da ist der Ton oft schroffer", erzählt er. Kommentare gingen immer mal wieder zu weit. Da sei es wichtig, das Fehlverhalten anzusprechen und trotzdem weiterhin den Dialog mit Andersdenkenden zu suchen, sagt Schülersprecher Jan Brauner. &bdquo;Vielleicht kann man sie dann sogar mit Gegenargumenten überzeugen", hofft Petrus Önder. Zum Beispiel mit dem Argument, dass eine rechtsradikale Regierung auch enorme Folgen für die deutsche Wirtschaft hätte. Schulleiter Matthias Groß bestätigt das: &bdquo;Wenn solche Pläne, wie bei Correctiv beschrieben, umgesetzt würden, dann wäre das für den Wirtschaftsstandort Deutschland eine Katastrophe." Die Absolventen des Berufskollegs bringen alle Voraussetzungen für den deutschen Arbeitsmarkt mit, betont er. Lehrer und Schüler sind sich einig: Es braucht vor allem Bildung, um Rassismus und Diskriminierung nachhaltig etwas entgegenzusetzen.

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