Silvester im Kreis Paderborn: Wenn Feuerwehr und Polizei selbst angegriffen werden

Kreis Paderborn. Sie kamen, um zu helfen – und wurden selber Opfer: Beim Jahreswechsel vor einem Jahr wurden Feuerwehrleute in Büren bei Löscharbeiten mit Böllern beworfen. Zwei von ihnen erlitten Verletzungen. Wie haben sie und ihre Kollegen diesen schlimmen Vorfall verkraftet? Und wie blicken Polizei und Feuerwehr im Kreis Paderborn angesichts zunehmender Angriffe auf Rettungskräfte auf die bevorstehende Silvesternacht? Der betroffene Feuerwehrmann &bdquo;Das löst schon Wut aus“, sagt Michael Stork, Leiter der Bürener Feuerwehr und einer der beiden Verletzten, wenn er an jene Nacht vor einem Jahr denkt. Ein Knalltrauma mit lautem Rauschen im Ohr hätten er und sein Kollege durch die Kanonschläge in unmittelbarer Nähe erlitten. Glücklicherweise war die Verletzung nach einer Woche abgeheilt. Und die seelischen Folgen? Der Ärger habe nur bis zum nächsten Einsatz angehalten, zu dem die Bürener Feuerwehr bereits nach wenigen Tagen ausrückte, sagt Stork. Da habe sich die Anspannung dann endgültig entladen. Sorge vor einem erneuten Angriff hat er nicht. &bdquo;Ich habe keinen Gedanken daran verschwendet, dass so etwas nochmal passiert“, versichert er. Für ihn war die Tat von Büren ein Einzelfall. Gegen die beiden Tatverdächtigen läuft laut Staatsanwaltschaft derzeit ein Verfahren wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung; für Stork ist die Sache damit abgehakt. &bdquo;Wir haben hier keine Berliner Verhältnisse“, betont der Feuerwehrleiter und betont, dass die Attacke nicht die Bevölkerung widerspiegele, die die Einsatzkräfte auch schon mal mit Essen und Getränken versorge. Mehr Angriffe im Kreis Paderborn Dennoch ist nicht nur deutschlandweit, sondern auch im Kreis Paderborn eine erhebliche Zunahme von Angriffen auf Polizisten, Rettungs- und Feuerwehrkräfte zu verzeichnen. &bdquo;Gewalt und Angriffe sind kein Phänomen einer Silvesternacht. Damit werden die Einsatzkräfte das gesamte Jahr belastet“, sagt Polizeisprecher Michael Biermann. Die Fälle von &bdquo;Widerstand gegen und tätlicher Angriff auf die Staatsgewalt“ sind der Statistik zufolge in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen: 115 gab es im Vor-Corona-Jahr 2019. Nach einem geringfügigen Absinken 2020 auf 107 Fälle, stiegen diese auf 120 in 2021 und 145 in 2022. Zahlen für das laufende Jahr liegen noch nicht vor. Auch gibt es keine Statistik über die Schwere von Verletzungen, die Genesungsdauer oder Dauer der Dienstunfähigkeit. Dennoch ist einiges bekannt. Biermann: &bdquo;Die häufigsten Verletzungen reichen von Kratzern, Prellungen, über Gelenk- und Sehnenverletzungen bis zu Biss-, Schnitt- und Stichwunden oder Frakturen.“ Neben diesen Fällen mit körperlichen Folgen seien Einsatzkräfte häufig von Beleidigungen, missbilligenden Äußerungen oder Gesten betroffen – wie zuletzt bei einem Einsatz an Heiligabend in Bad Lippspringe. Wie Helfern geholfen wird In Situationen mit Aggressions- und Konfliktpotenzial sei eher damit zu rechnen, dass auch Einsatzkräfte angegriffen werden. Biermann nennt als Beispiele Schlägereien, häusliche Gewalt, aber auch Demonstrationen oder Fußballeinsätze – so wie kürzlich das Heimspiel des SC Paderborn gegen Hansa Rostock. Während bei solchen Einsätzen körperliche Angriffe zumindest nicht unerwartet kommen, stechen Vorfälle wie jener aus der Silvesternacht aber besonders hervor: &bdquo;Erschreckend sind die Fälle, bei denen die Einsatzkräfte anderen zur Hilfe eilen und dann plötzlich Gewalt gegen sie ausgeübt wird“, sagt Biermann. Und wenn es dann passiert ist? Wie wird dann den Helfern geholfen? Die Kreispolizeibehörde biete &bdquo;jegliche Hilfestellung“. Die Angebote reichen demnach neben der vom Land NRW gewährleisteten medizinischen Versorgung für Gewalt-Betroffene von Gesprächen mit geschulten Kollegen über Kriseninterventionsteams bis zur Vermittlung zu Hilfseinrichtungen – so auch aktuell für die vom Gewalt-Exzess der Rostock-Fans betroffenen Kolleginnen und Kollegen der Hundertschaften. Die Sicht der Feuerwehren Von Gesprächen im Nachgang solcher Ereignisse berichtet auch Tobias Starke, Leiter der Leitstelle im Kreis Paderborn und stellvertretender Leiter des Katastrophenschutz-Amtes. &bdquo;In der Situation funktionieren die Kollegen“, weiß er. Doch anschließend würde das Erlebte aufgearbeitet. Denn solche Vorkommnisse belasteten die Männer und Frauen schon. Schließlich übten sie ihren Beruf aus, um anderen zu helfen. &bdquo;Da macht das schon was aus, wenn man plötzlich beleidigt oder sogar angegriffen wird“, sagt Starke. Er vermutet eine hohe Dunkelziffer an Übergriffen, da vor allem verbale Ausfälle seltener gemeldet würden. Die Paderborner Feuerwehr hat ihre Führungs-/Einsatzkräfte eigenen Angaben zufolge in Deeskalationsmaßnahmen geschult. Leiter Ludger Schmidt sagt: &bdquo;Gegen diese Art der Angriffe auf Einsatzkräfte kann man sich kaum schützen. Unser Schutz ist passiv ausgelegt.“ Die Leiter der Feuerwehren hätten sich bereits vor Jahren gegen aktive Maßnahmen ausgesprochen, da diese eskalierend wirken könnten. Zudem werde bei kritischen Situationen auch die Polizei mit alarmiert. Sollte eine Problemlage bereits bei der Alarmierung bekannt sein, würden die Einsatzkräfte entsprechend vorgewarnt. Gut gerüstet in die Silvesternacht Gut vorbereitet gehen Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst auch den bevorstehenden Jahreswechsel an. Im Vergleich zu &bdquo;normalen“ Wochenendnächten wurde die Personalstärke den Angaben zufolge deutlich erhöht. Das hat jedoch nichts mit jüngsten Warnungen vor Krawallen zu tun, die sich eher auf große Städte und Brennpunkte wie Berlin und Köln beziehen. Stattdessen ist die Aufstockung einfach den Erfahrungen geschuldet. So rechnen alle Verantwortlichen im Kreis Paderborn mit einem erhöhten Aufkommen an Alarmierungen. Dennoch eint sie ein Wunsch, den Ludger Schmidt von der Feuerwehr Paderborn so formuliert: &bdquo;Wir hoffen auf ein friedliches und möglichst einsatzfreies Silvester.“

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