Obdach für wohnungslose Frauen: Wie eine Paderbornerin wieder ins Leben findet

Paderborn. Klara ist Mitte 30, als sie sich von ihrem Mann trennt und ihre Welt auf den Kopf gestellt wird. Ihre Kinder bleiben bei ihrem Mann, der behält die Wohnung. Klara ist plötzlich wohnungslos, schläft in ihrem Auto. Über Wochen kämpft sie, strampelt, um nicht unterzugehen, denkt: &bdquo;Ich schaffe das schon irgendwie.“ Bis sie eines Tages zusammenbricht. Hilfe bekommt sie in der Anlaufstelle für Frauen, einer vom Verein KIM – Soziale Arbeit getragenen Wohngemeinschaft für Frauen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten. Klara heißt in Wirklichkeit anders, aber ihre Geschichte stehe beispielhaft für die vieler Frauen, die in der Wohngemeinschaft leben, erzählen die beiden Sozialpädagoginnen Kerstin Veenhof und Heike Kokenbrink. Insgesamt sechs Plätze bietet die teilstationär betreute Wohngemeinschaft für Frauen, die wohnungslos oder akut von Wohnungslosigkeit bedroht sind: Vier möblierte Zimmer gibt es in der WG mit gemeinsamer Küche und zwei Bädern, dazu zwei Appartements in dem blauen Haus an der Wollmarktstraße. Wohnungslosigkeit bei Frauen sei oft anders als bei Männern. &bdquo;Die meisten Frauen halten unglaublich lange die Fassade, bevor sie nach Hilfe fragen“, sagt Kokenbrink. Sie schlafen bei Bekannten oder im Auto, aber gehen in ordentlicher Kleidung und akkurat geschminkt zur Arbeit. Hausfrauen, Berufstätige, Studentinnen, Rentnerinnen – sie alle lebten schon in der Wohngemeinschaft. Die Scham ist groß &bdquo;All diese Frauen, die zu uns kommen, befinden sich in einer Lebenskrise, ausgelöst zum Beispiel durch ein Burnout, durch Scheidung oder Tod des Lebenspartners“, sagt Veenhof. Die Wohnungslosigkeit ist dann oft nur das Ergebnis der akuten Überforderung mit der gegenwärtigen Lebenssituation. Die Scham, sich das einzugestehen – überfordert, gescheitert, hilflos zu sein – sei bei allen groß. &bdquo;Auch Klara war so eine, die unten vor der Tür stand und sagte: Ich bleibe nicht lange“, erzählt Kokenbrink. Am Ende wohnt sie mehrere Monate in der Wollmarktstraße. In der Regel bleiben die Frauen zwischen sechs und zwölf Monate in der Wohngemeinschaft, gelegentlich auch länger. Bei einem ersten Gespräch nehmen sich Veenhof und Kokenbrink Zeit, die Frauen kennenzulernen – das Gruppengefüge der Wohngemeinschaft hat einen hohen Stellenwert. Frauen, die etwa vom (Ex-) Partner akut bedroht sind oder akut psychiatrisch erkrankt, seien in anderen Einrichtungen besser untergebracht. In der Wohngemeinschaft geht es darum, dass die Frauen ihr Leben wieder selbst in den Griff bekommen. Sie kochen und putzen selbst, zahlen Miete. Kokenbrink und Veenhof bieten zudem Unterstützung etwa beim Umgang mit Behörden und vermitteln Kontakte, zum Beispiel zur Schuldnerberatung. &bdquo;Das Wichtigste aber ist, dass die Frauen eine Struktur in ihren Alltag bekommen“, sagt Veenhof. Im besten Fall durch eine Arbeitsstelle, eine Bildungsmaßnahme vom Jobcenter oder durch andere Aufgaben. Die Frauen haben viele Päckchen zu tragen &bdquo;Wenn die Frauen hier landen, ist es ein langer Weg“, sagt Kokenbrink. Sie hätten viele Päckchen zu tragen. &bdquo;Wir helfen ihnen auch dabei, einen Zugang zu ihren eigenen Gefühlen zu finden.“ Zum Beispiel über Ergotherapie, Ausdrucksmalen oder therapeutisches Reiten. &bdquo;Wir versuchen, gemeinsam herauszufinden: Was sind Dinge, die mich zu Fall bringen? Welche Ressourcen habe ich? Welche Stärken?“, damit die Frauen im Idealfall ihr Leben wieder vollständig alleine meistern können. Wenn es soweit ist, steht allerdings die nächste Herausforderung an: die Wohnungssuche. In Paderborn eine geeignete – das heißt in erster Linie günstige – Wohnung zu finden, &bdquo;ist eine Katastrophe“, sagt Kokenbrink. Selbst wenn etwas in Aussicht stünde, würden Vermieter oft einen Rückzieher machen. Das Problem: Diese Frauen belegen dann Plätze, die eigentlich andere dringender bräuchten. &bdquo;Aber wir setzen natürlich niemanden auf die Straße“, sagt Veenhof. Eine eigene Wohnung gefunden hat hingegen Klara, nachdem auch sie längere Zeit in der Wohngemeinschaft lebte. Bei ihr wurde ein Burnout diagnostiziert, zunächst Klinikaufenthalt, dann Therapie. Mit der Zeit hat sie gelernt, mit ihrem Ex-Mann umzugehen. Sie steht wieder auf eigenen Beinen, ihre Kinder kommen regelmäßig zu Besuch. Es geht ihr gut.

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