Partnerschaft mit Istanbuler Stadtteil: Streit in Paderborn geht in die nächste Runde

Paderborn. Ein Antrag zur nächsten Sitzung des Integrationsrates in Paderborn sorgt weiter für Diskussionen. Nach wie vor lehnt die CDU-Ratsfraktion eine Städtepartnerschaft Paderborns mit dem Istanbuler Stadtteil Beylikdüzü ab. Nach Reaktionen dazu aus der Deutsch-Türkischen Gesellschaft (DTG) zeigt sich die CDU nun "verwundert": Ihre Haltung habe sie schon vorher zum Ausdruck gebracht, teilt CDU-Fraktionsvorsitzender Markus Mertens mit. Dagegen unterstützen beispielsweise Johannes Menze, Catharina Scherhans, Sabine Kramm und Güven Erkurt, Mitglieder des Koalitionspartners Bündnis 90/Die Grünen, den Antrag weiter. &bdquo;Das Signal aus Beylikdüzü steht auf Grün, und es ist an der Zeit, auch in Paderborn diese Frage zu entscheiden", teilt Scherhans mit. Mit einer Partnerschaft würden dort "die demokratischen und reformorientierten Kräfte" gestärkt. Kritik an der Haltung der CDU gibt es zudem von Ratsherr Verani Kartum, Mitglied im Integrationsrat. Den Antrag hatte die DTG eingereicht. Unterstützung gibt es hierfür laut der durch die Stadt veröffentlichten Tagesordnung von den Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und SPD, Volt WG sowie von den Gruppen Die Unabhängigen und Deutsch-Russische Gesellschaft. Der Beschlussvorschlag lautet, dass der Stadtrat die Empfehlung des Integrationsrates annimmt und einer Städtepartnerschaft mit dem Istanbuler Stadtteil Beylikdüzü zustimmt. An diesem Donnerstag, 14. September, berät der Integrationsrat von 17 Uhr an im Libori-Forum, Grube 3, unter anderem darüber. Zuletzt hatte die Haltung der CDU Kritik seitens der DTG ausgelöst. So fand Wolfgang Weigel, Vorsitzender der DTG, die Argumente der CDU-Fraktion nicht überzeugend. Bereits seit einiger Zeit arbeite die DTG auf diese Städtepartnerschaft hin. Dabei hätten CDU-Mitglieder bisher ihre Unterstützung signalisiert. Die CDU reagiert auf Kritik der Deutsch-Türkischen Gesellschaft Auf die Kritik Weigels reagiert nun die CDU. Sie zeige sich "verwundert über manche Reaktion aus Kreisen der Deutsch-Türkischen Gesellschaft", teilt Mertens mit. Zugleich hebt er einige Punkte hervor. Demnach fehle, so Mertens mit einem Verweis auf Bürgermeister Michael Dreier (CDU), ein Fundament für solche eine Städtepartnerschaft. Zunächst müssten "Kooperationen unter Vereinen, Verbänden, Schulen, Unternehmen oder anderen Institutionen aus zwei Städten (...) über eine längere Zeit wachsen". Zudem betont Mertens: "Eine momentane Interessenbekundung von einzelnen Mitbürgerinnen und Mitbürgern und eine Kooperation von zwei Schulen, die wir durchaus positiv wahrnehmen, reicht für eine Städtepartnerschaft längst nicht aus." Aus Sicht von Scherhans sei die mögliche Partnerschaft dagegen "breit angelegt, dies sieht man beispielsweise anhand der bereits bestehenden Schulpartnerschaft zwischen dem Reismann-Gymnasium und dem TED-Kolleg, einer europäisch ausgerichteten Schule". Hier würden "wichtige Begegnungsmöglichkeiten geschaffen." Aus Sicht der CDU ist auch die Politik des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdo?an ein Thema, Kritik daran habe die Fraktion "immer wieder deutlich formuliert". Die DTG-Gesprächspartner hätten "seinerzeit großes Verständnis (...) gezeigt und auf eine Niederlage Erdogans bei den zurückliegenden Wahlen gesetzt", so Mertens weiter. Und auch mit Blick auf bereits bestehende Städtepartnerschaften mit Przemysl in Polen und Debrecen in Ungarn würden kritikwürdige Punkte angesprochen. So habe es 2021 ein klares Signal aus dem Paderborner Stadtrat in Richtung Przemysl gegeben: Das habe mit dazu geführt, "dass der dortige Rat seine umstrittene Stellungnahme gegen die sogenannte LGBT-Ideologie per Beschluss" zurückzog. Weitere Kritikpunkte Auf "Menschenrechtsverletzungen und Demokratiedefizite" in Ungarn und Polen verweist auch Verani Kartum in seiner Stellungnahme. Und damit gibt er zu bedenken, dass die CDU gerade mit ihrer kritischen Haltung zum aktuellen Antrag auch bestehende Städtepartnerschaften hinterfragen müsste. Auch die Grünen würden die Ausgangslage für Menschenrechte in der Türkei "durchaus kritisch" sehen, so Güven Erkurt, Mitglied im Integrationsrat. Dies bezieht er auf die "Verfolgung von Oppositionspolitikern, die Inhaftierung von Regimekritikern und Journalisten" sowie beispielsweise auf die "Rechte und Rolle der Frauen in der Gesellschaft". Durch eine Städtepartnerschaft würden aber, so Erkut weiter, die "fortschrittlichen und reformorientierten Kräfte in der Türkei" gestärkt. Und: "Ein Dialog über die Menschenrechte muss Bestandteil der Städtepartnerschaft sein“, teilt Erkurt mit. Zudem findet Sabine Kramm (Grüne), dass die vorgeschlagene Städtepartnerschaft "für die türkische Community ein Zeichen der Wertschätzung" sein und sie "eine Brücke zwischen früherer und neuer Heimat" bauen könnte. Islamische Gemeinde wendet sich an die CDU Auch die &bdquo;Türkisch Islamische Gemeinde zu Paderborn“ meldete sich zu Wort. &bdquo;Mit großer Enttäuschung“ reagiere die Gemeinde auf die kritische Haltung der CDU. Das teilt Vorstandsvorsitzender Ümüt Yurdaer mit. Die Gemeinde äußert &bdquo;Bedenken und Unverständnis über die Entscheidung“ der CDU und bekunde &bdquo;unsere uneingeschränkte Unterstützung für die Städtepartnerschaft zwischen unseren beiden Städten“. Der Austausch zwischen Paderborn und Beylikdüzü habe in den vergangenen Jahren &bdquo;zu einer starken Verbindung“ zwischen zwei Städten geführt. &bdquo;Sie hat den kulturellen und wirtschaftlichen Austausch gefördert und dazu beigetragen, Verständnis und Freundschaft zwischen unseren Bürgerinnen und Bürgern zu entwickeln. Diese Partnerschaft hat die Türkische Community bereichert und vielfältige Möglichkeiten zur Zusammenarbeit eröffnet“, schreibt Yurdaer. Zudem könne die Städtepartnerschaft &bdquo;eine wichtige Rolle bei der Förderung von Frieden, Toleranz und Integration“ spielen. Aufgrund dieses &bdquo;Potenzials“ hofft die Gemeinde darauf, dass die CDU ihre Haltung überdenkt. Die &bdquo;Türkisch Islamische Gemeinde zu Paderborn“ gehört dem Dachverband &bdquo;Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion“, kurz Ditib, an. Ebenfalls unter dem Dach der Ditib ist die &bdquo;Fatih Moschee“. Anm. d. Red. Dieser Artikel wurde aktualisiert und um das Statement der Islamischen Gemeinde ergänzt.

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