Mördertrio tötet Paderborner: "Sie wollten sehen, wie es ist, wenn ein Mensch stirbt"

Paderborn. Es ist eine Szene, wie man sie aus unzähligen Kriminalfilmen kennt: Ein Hundebesitzer streift im Juni 2009 an einem frühen Sommermorgen über einen Trampelpfad durch die Natur. Er kennt hier in der Hochwasserschutzzone im Süden Paderborns jeden Stein, jedes Gesträuch von seinen täglichen Spaziergängen. An diesem Tag macht er eine entsetzliche Entdeckung: auf dem Pfad vor ihm liegt ein lebloser Körper - augenscheinlich ein Mann, an seinem Kopf sind schwere Verletzungen zu erkennen. Der Paderborner läuft zu den nahegelegenen Häusern und bittet einen Anwohner, die Polizei zu verständigen. Ihm ist klar, dass eine Gewalttat geschehen sein muss. Sie wird ein halbes Jahr später das Landgericht Paderborn beschäftigen, die Richter werden Urteile sprechen, doch warum Andreas F. (alle Namen geändert) sterben musste, werden sie nicht herausfinden. Dabei geht an diesem Sommermorgen alles ganz schnell. Innerhalb weniger Minuten sind zuerst die Rettungskräfte vor Ort, die nur noch den Tod des 34-Jährigen feststellen können. Kurz darauf nimmt die Mordkommission &bdquo;MK Hochstift“ ihre Arbeit auf. Benannt ist sie nach der nahegelegenen kleinen Straße. Als erstes sichert sie die Spuren am Tatort, unter anderem mit Hilfe des Spürhundes &bdquo;Inu“, der auf der Paderborner Polizeiwache seinen Dienst tut. Doch obschon &bdquo;Inu“ die Tatwaffe nicht aufstöbern kann, steht rasch fest, dass der Mann genau dort sterben musste, wo sein Leichnam gefunden wurde. Auch den zeitlichen Rahmen können die Beamten schnell feststecken, denn der Hundehalter, der den Toten entdeckte, war zuletzt am Nachmittag zuvor auf dem schmalen Pfad unterwegs gewesen. Während der Leichnam noch obduziert wird, gelingt es den Ermittlern, das Opfer zu identifizieren. Es handelt sich um Andreas F., der seit sechs Jahren in Paderborn lebte. Aufgrund einer psychischen Erkrankung wurde der 34-Jährige zwar von einem sozialpsychiatrischen Dienst betreut, konnte sich aber in seiner kleinen eigenen Mietwohnung selbst gut versorgen. Das Opfer hatte sich über einen Chatroom für Homosexuelle verabredet Eine knappe Woche später haben die Ermittler den Fall geklärt. Weil der Rechner von Andreas F. noch läuft, als sie in seiner Wohnung nach Hinweisen suchen, finden sie heraus, dass er am Abend vor seinem gewaltsamen Tod noch eine Verabredung hatte. Getroffen hatte sie der Paderborner über einen Chatroom für Homosexuelle. Die dort hinterlegte Adresse führt die Fahnder zu der Wohnung von Carsten T. Hier lebt der 20-Jährige zusammen mit seiner drei Jahre jüngeren Freundin Viola L. Seit ein paar Tagen hat bei ihnen Richard H. Unterschlupf gefunden, sein 18. Geburtstag steht kurz bevor. Konfrontiert mit den Erkenntnissen der Ermittler gestehen die drei jungen Leute, die zuvor niemals mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind, Andreas F. in das Rückhaltebecken gelockt und ihn dort mit einer Eisenstange brutal erschlagen zu haben. Warum sie das taten, können sie nicht erklären - auch nicht ein halbes Jahr später vor dem Landgericht Paderborn. Dort erzählen Carsten T., Viola L. und Richard H. viel über sich selbst, über ihre Kindheit, die bei allen eher unglückselig verlief, über das Scheitern in der Schule trotz ausreichender Intelligenz, von ihren vielen Stunden vor dem Computer, von ihrer Begeisterung für den Film &bdquo;Natural Born Killers“, der von einem jungen Killerpärchen handelt, das wahllos tötet und dadurch zu einem Star der Medien avanciert. Angeklagte können nicht erklären, warum das Opfer sterben musste Über den Menschen, den sie bei einem Treffen in der Wohnung von Carsten T. zu einem Abendspaziergang in das Rückhaltebecken überredeten, um ihn hier mit wuchtigen Schlagen von hinten töteten, nicht einmal von ihm abließen, als er bereits nach dem ersten heftigen Hieb mit der zwei Kilo schweren Eisenstange zu Boden gesunken war, sagen sie nur sehr wenig. Am Tag vor der Tat hatten sie ihn zum ersten Mal persönlich getroffen, nachdem Richard H. bereits mehrere Monate zuvor über das Internet Kontakt zu Andreas F. geknüpft hatte. Das zweite Zusammentreffen endete für den 34-Jährigen tödlich. Sein Gerede über Tattoos und die Schwulenszene habe genervt, sagen die drei und erzählen von sexuellen Avancen, die er den beiden jungen Männern gemacht habe. Doch warum er sterben musste, können sie nicht erklären. Ihr sei klar gewesen, dass Andreas F. &bdquo;die Nacht nicht überleben würde“, sagt Viola L. vor Gericht. Glaubt man ihr und Richard H., war Carsten T. der Spiritus rector. &bdquo;Er brannte darauf, Andreas zu töten.“ Sie selbst habe nur aus Angst auf das Opfer eingeschlagen. Die Täter werden wegen heimtückischem Mord verurteilt Dass Carsten T. vor Gericht plötzlich das vor den Ermittlern abgelegt Geständnis widerruft und seine ältere Schwester ihm urplötzlich ein falsches Alibi gibt, nützt dem Paderborner, der sich selbst in einem Chat als &bdquo;kriminelles Genie“ bezeichnet hat, nichts. Er gilt dem psychiatrischen Gutachter als &bdquo;gefährlich“, der Experte empfiehlt deshalb, den 20-Jährigen, bei dem er für die Tatzeit eine &bdquo;schizophrene Störung“ festgestellt hat, in der forensischen Psychiatrie unterzubringen. &bdquo;Sie wollten einfach mal sehen, wie es ist, wenn ein Mensch stirbt, wie es ist, wenn man ihn tötet“, bilanziert nach drei Verhandlungstagen der Staatsanwalt, bevor die 5. Große Jugendstrafkammer ihr Urteil spricht. Alle drei Angeklagten hätten sich des heimtückischen Mordes schuldig gemacht, befinden die Richter. Sie verhängen gegen Viola L. und Richard H. eine siebeneinhalbjährige und gegen Carsten T. eine achteinhalbjährige Freiheitsstrafe. Denn lebenslänglich kennt der Gesetzgeber für sehr junge Täter nicht, Besserung und Erziehung sind dann sein Ziel, nicht Strafe. &bdquo;Lebenslänglich haben aber Andreas F.s Eltern bekommen“, sagt der Rechtsanwalt, der in ihrem Namen den Prozess verfolgt hat. Das Trio habe ihnen den Sohn genommen, bis an das Ende ihres Lebens müssten sie nach der Antwort suchen, warum.

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