"Das war schon wild": Wie ein Salzkottener einen Raubüberfall vereitelte

Salzkotten-Niederntudorf. Eine Minute wie im Krimi. Die erlebte Leif Gilhaus im Combi-Getränkemarkt in Niederntudorf am 29. Dezember 2022. Er stand an der Kasse, als ihn ein junger Mann mit einem Messer bedrohte und Geld forderte. Seine Reaktion schlug den Täter in die Flucht. Mittlerweile ist das Urteil im Strafprozess gefallen, der Täter erhält eine Haftstrafe und muss in den Entzug. Leif Gilhaus blickt im Gespräch mit der "NW" zurück und schildert seine Erlebnisse. Gilhaus war an diesem Abend der einzige Mitarbeiter im Getränkemarkt. Es war kurz vor dem Feierabend, als ein dunkel gekleideter, junger Mann mit Maske den Laden betrat. Er streifte durch die Gänge, schien darauf zu warten, der letzte Kunde im Markt zu sein. "Da hatte ich irgendwie schon ein ungutes Gefühl", erinnert sich Leif Gilhaus. Dann kam der maskierte Mann zur Kasse und stellte eine Mischbier-Getränkedose hin. Er warf Gilhaus ein Zwei-Eurostück entgegen. Die Münze verhakte sich jedoch in einer Ritze. Nachdem Gilhaus mit einem Schraubenzieher vergebens nach den zwei Euro fischte, entschied er sich, die Kasse dennoch fürs Rückgeld zu öffnen. Die Münze könne er später aus der Spalte puhlen, dachte er sich. Doch in dem Moment, als er die Kasse öffnete, warf der maskierte Mann ihm eine Tüte zu. Er drückt binnen Sekunden die Kasse zu "Was ist das denn jetzt?", habe er sich in diesem Moment gefragt, erzählt Leif Gilhaus. Der 28-Jährige habe auf den ersten Blick nicht gesehen, was ihm da hingeworfen wurde. Dann sagte sein Gegenüber: "Pack das Geld in die Tüte, damit wir keine Probleme bekommen." Gilhaus sah ihn an und entdecke ein gezücktes Messer. "Da habe ich mir gedacht: Das ist kein Scherz", sagt Gilhaus. Doch anstatt in eine Schockstarre zu fallen, handelte Gilhaus. Er drückte binnen Sekunden die geöffnete Kasse zu und sagte: "So was machen wir hier nicht." Diesen Satz hört Gilhaus noch heute fast täglich. Es ist zu einem geflügelten Wort unter seinen Kollegen, aber auch in seinem Familien- und Freundeskreis geworden. "Meine Mutter hat sich nicht mehr eingekriegt vor Lachen, als sie hörte, mit welchen Worten ich den Täter in die Flucht geschlagen habe." Leerer Gaszylinder als Verteidigung Doch zurück zum 29. Dezember 2022. Als die Kasse geschlossen war, griff Gilhaus einen leeren Gaszylinder für Wassersprudler. "Ich stand auf, machte einen Schritt zurück und sah dem Täter in die Augen. Ich wäre bereit gewesen, ihm den Zylinder über den Kopf zu ziehen", sagt Gilhaus, der mehrere Jahre Selbstverteidigung lernte. Doch dazu kam es erst gar nicht. Denn dieses selbstbewusste Auftreten sorgte offenbar dafür, dass der maskierte Mann davonlief. Ohne dabei ein Wort zu verlieren. "Das war schon wild", resümiert Gilhaus heute. Gilhaus sah ihm noch nach. Dann bediente er sogar noch Kunden, "auch wenn meine Hände stark zitterten". Er rief im Supermarkt nebenan durch, ein Kollege kam ihm zu Hilfe. Sie schlossen den Markt und fuhren nach Hause. Gilhaus hatte bis zu diesem Zeitpunkt nicht daran gedacht, die Polizei anzurufen. Er hat sogar die Bierdose des Täters - mit potenziellen Fingerabdrücken - wieder ins Regal geräumt. "Ich weiß auch nicht, was da mit mir los war. Ich wollte einfach nur, dass alles wieder normal ist." Zur Arbeit mit mulmigem Gefühl Zuhause angekommen, rief er die Polizei. Am nächsten Tag war die Kripo zur Spurensicherung im Getränkemarkt. "Ich bin auch direkt wieder arbeiten gegangen am nächsten Tag, hatte aber dabei ein mulmiges Gefühl", sagt Leif Gilhaus. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als ihm eine Kollegin - eine Bekannte des Täters - eine Whatsapp-Nachricht zeigte. So wurde der Täter entlarvt. "Ich wusste, den wird man kriegen und ich wusste auch, dass er zumindest kein kriminelles Genie ist", sagt Gilhaus über den Täter, der sich selbst ans Messer lieferte. Nachdem er wochenlang nichts mehr von der Polizei hörte, folgte im April die Vorladung als Zeuge. Vor Gericht war er sehr nervös, doch seine Zeugenaussage sei auch eine Art Abschluss für ihn gewesen. "Zudem muss ich auch sagen, dass der Täter mir leid tut. Er hat eine sehr schwierige Lebensgeschichte und ich hoffe, dass er wieder auf die richtige Bahn kommt." Gilhaus zeigt sich empathisch, obwohl er von diesem Mann mit einem Messer bedroht wurde. Humorvoller Umgang mit dem Erlebten "Heute weiß ich, dass das ziemlich gefährlich und leichtsinnig war, was ich gemacht habe", betont der 28-Jährige. Im Supermarkt seien Mitarbeiter auch stets darauf hingewiesen worden, in solchen Fällen nicht den Helden zu spielen. Und auch die Polizei habe ihm gesagt, dass er lieber das Geld hätte herausgeben sollen. Der Salzkottener und sein Umfeld gehen heute humorvoll mit dem misslungenen Raubüberfall um. Wenn zwei Kollegen Pause machen und sehen, wie Gilhaus arbeitet, rufen sie ihm zu: "Leif, so was machen wir hier nicht." Bei diesen Witzen lacht er mit. "Es macht Spaß und mich belastet der Überfall auch nicht mehr. Und auch das macht mich froh."

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