Nach Sexismus-Vorwürfen: Padersprinter muss Abmahnung zurücknehmen

Paderborn. Das Interesse an dem Rechtsstreit zwischen einer Busfahrerin und dem Padersprinter war groß. Das zeigte sich bei dem Kammertermin am Montag. Nicht alle fanden Platz im Sitzungssaal 1, die Tür blieb daher für die Zuhörer im Foyer geöffnet. "Diese Anzahl von Besucherinnen und Besuchern ist außergewöhnlich im Vergleich zu anderen Verhandlungen", sagte Arbeitsgerichtsdirektorin Corinna Bösing. Hülya U. (Name der Redaktion bekannt) ist Anfang April mit Sexismus-Vorwürfen gegen den Padersprinter an die Öffentlichkeit gegangen. Ihrem Beispiel folgten viele weitere Betroffene. Besonders von einem Padersprinter-Mitarbeiter sollen die Frauen sexuell belästigt sowie rassistisch und beleidigt worden sein. Die 50-jährige Hülya U. hat im Zuge dieser Vorwürfe den Padersprinter verklagt, weil der Kommunalbetrieb seiner Fürsorgepflicht nicht nachgekommen sei. Zur Unterstützung kamen am Montag unter anderem Kommunalpolitikerinnen sowie Vertreterinnen aus Frauenorganisationen. Weitere Betroffene, die von sexueller Belästigung und einer sexistischen Unternehmenskultur sprechen, waren ebenfalls zu der Verhandlung gekommen. Forderung Schadenersatz in Höhe von 6.000 Euro Der Rechtsstreit beinhaltete zwei Anträge von Hülya U. Erstens die Forderung nach einem Schadenersatz in Höhe von 6.000 Euro, zweitens sollte der Padersprinter die im Januar ausgesprochene Abmahnung wegen der "massiven Störung des Betriebsfriedens" zurücknehmen. Das Paderborner Arbeitsgericht lehnte die Forderung nach einer Entschädigungssumme ab. Doch die Abmahnung sowie ein anwaltliches Schreiben, das in diesem Zusammenhang steht, müssen zurückgenommen und aus der Personalakte von Hülya U. entfernt werden, urteilte Richterin Sandra Wullenkord. Während des Kammertermins wurde erneut klar, dass der Padersprinter die Vorwürfe vehement bestreitet. Dass der Kommunalbetrieb spätestens im Juli 2022 von Hülya U. über diverse sexistische und rassistische Vorfälle informiert worden sei und daraufhin keine Schutzmaßnahmen getroffen habe, wies Anwalt André Pleßner, der den Padersprinter in diesem Fall vertritt, entschieden zurück. "Das ist nicht der Fall", so Pleßner während der Verhandlung. Frau U. würde "Lügengeschichten verbreiten", zudem verfolge sie ein finanzielles Interesse. Der Padersprinter sei "keinesfalls bereit, Entschädigungen zu zahlen". Neue Abmahnung angekündigt Richterin Wullenkord ordnete bereits vor der Urteilsverkündung ein: "Für jeden Schadensersatzanspruch braucht es einen Pflichtverstoß. Wir haben nach der Aktenlage Bedenken, dass das der Fall ist. Wir fragen uns, wo der konkrete Schaden liegt." Zwar habe Frau U. von Migräneattacken und psychischen Problemen berichtet, die durch die Belästigungen ausgelöst worden seien. Doch die Frau U. entstandenen Schäden seien nicht "hinreichend substantiiert vorgetragen" worden. Zusammengefasst heißt das: Genauigkeiten und Details fehlten dem Arbeitsgericht. Als Richterin Wullenkord hingegen deutlich machte, dass Zweifel hinsichtlich der Abmahnung bestehen, reagierte André Pleßner prompt, dass in diesem Fall eine neue Abmahnung folgen werde. Nach der Urteilsverkündung wollten sich weder Rechtsanwalt Pleßner noch Padersprinter-Geschäftsführer Oliver Eikenberg gegenüber der "NW" äußern. Gleichzeitig kündigten sie an, eine Stellungnahme nach der Aufsichtsratssitzung (Dienstag, 25. April) abzugeben. Nicole Vieker, Anwältin von Hülya U., sagte: "Es ist ein gutes Zeichen, dass die Abmahnung nun zurückgenommen wird." Ratsfrau Elke Süsselbeck (Linksfraktion) sieht das Problem darin, dass der strukturelle Sexismus eines Unternehmens nicht anklagbar sei. Die Entscheidung sei daher keine Überraschung, da es in einem Arbeitsgerichtsverfahren um subjektive Perspektiven gehe und nicht um Strukturen, die Sexismus fördern würden. Hülya U. verließ den Sitzungssaal 1 mit gemischten Gefühlen. Auf die Ankündigung des Anwalts, dass eine weitere Abmahnung folgen werde, reagierte sie mit Tränen. "Aber ich bin auch erleichtert. Und ich möchte die Verletzung der Fürsorgepflicht des Padersprinter beweisen", sagte die 50-Jährige. Dafür müsste sie eine Instanz weiter gehen - zum Landesarbeitsgericht. Ob das ihr nächster Schritt sein wird, berät sie nun mit ihrer Anwältin.

Meistgelesen