Als der Tornado Paderborn verwüstete: Ein persönlicher Rückblick

Paderborn. Nur wenige Minuten reichten an jenem Freitagnachmittag aus, um schwerste Schäden zu hinterlassen und das Stadtbild nachhaltig zu verändern. Der Tornado infolge des Sturmtiefs Emmelinde schlug eine Schneise der Verwüstung von West nach Ost quer durch die Paderborner Kernstadt. 43 verletzte Personen, darunter 13 Schwerverletzte, Hunderte Wohnhäuser und eine mittlere zweistellige Zahl an Gewerbegebäuden, die teils schwer beschädigt wurden, unzählige kaputte Autos sowie zerstörte Baumbestände in drei städtischen Parkanlagen: So lautete letztlich die Bilanz. Für die Menschen in Paderborn wird das Ereignis noch lange in Erinnerung bleiben, auch in der Lokalredaktion der "NW". In Anbetracht der Unwetterwarnung waren nahezu alle Redakteure und Redakteurinnen schon ins Homeoffice gewechselt. Gegen 17.25 Uhr berief Redaktionsleiterin Viktoria Bartsch eine Videokonferenz ein, die sie mit den Worten "wir kommen gerade aus dem Keller" eröffnete. Im Riemekeviertel wohnend hatte es in ihrer Wohnung geborstene Scheiben und vom Haus gewehte Dachpfannen gegeben. Während der Tornado in der Umgebung die Fassade des Technischen Rathauses abriss, ganze Dachstühle anhob, Häuser abdeckte und Bäume an Riemekstraße und -park völlig zerfetzte. Der in der Redaktion verbliebene "NW"-Redakteur Hans-Hermann Igges berichtete von Fassadenteilen, die an seinem Fenster vorbeigeflogen waren. Die Zeitungsseiten wurden umgeplant - von nun an galt es so schnell es ging online, über den Tornado zu berichten. Erste Feuerwehreinheiten kamen kaum durch Abseits der mehr als 4,5 Kilometer langen Tornadoschneise nahm man den Wirbelsturm dagegen kaum direkt wahr. "Auch für uns sah es erst mal nur nach einem schweren Sturm aus", berichtete etwa Feuerwehrchef Ralf Schmitz, der zum Unwetterzeitpunkt in der Wache Süd war. Erste Einheiten waren früh zu Alarmierungen durch Brandmeldeanlagen ausgerückt, kamen wegen umgestürzter Bäume und blockierter Straßen allerdings kaum durch. Mit diesen Rückmeldungen und den zusätzlich auflaufenden Notrufen gab man deshalb Vollalarm für alle Einheiten. Allein von der Feuerwehr waren mehr als 450 Einsatzkräfte über Stunden im Einsatz. Je näher man der etwa 300 Meter breiten Schneise kam, desto eindrücklicher wurden die Anzeichen der Verwüstung. Vom Rosentor kommend nahm der Durchmesser der abgebrochenen Äste deutlich zu, am Westerntor ein erster komplett umgestürzter Baum. An der Kreuzung Friedrichstraße/Marienstraße ein Meer aus Dachpfannenscherben, querliegenden Ästen und Teilen einer Baustellenampel. Dazu zahlreiche beschädigte Autos und die abgerupften Baumstümpfe vor dem Arosa-Hotel. Viel Blaulicht und Einsatzkräfte, die Verletzte versorgten, Bereiche absperrten und die Kettensägen anwarfen. Wenige Meter weiter ein Linienbus, auf dem zwei Baumstämme lagen, die Fahrgäste wurden vom Rettungsdienst gesichtet. Auch an der Königsstraße Feuerwehrleute, die umgestürzte Bäume zerlegten und von zerstörten Autos räumten. Einer machte sich auf ins Paderquellgebiet; sein Auftrag lautete, einen gemeldeten Verletzten ausfindig machen. Szenen, wie sie sich ähnlich im gesamten Schadensgebiet abspielten. Anwohnern stand der Schreck noch ins Gesicht geschrieben Den Anwohnern des Paderquellgebiets stand knapp eine Stunde nach dem Wirbelsturm der Schrecken noch ins Gesicht geschrieben. Und doch versuchten einige schon, Äste zur Seite zu ziehen oder griffen zum Besen und begannen, Glas- und Ziegelscherben zusammenzukehren. Bei manchem glich das Reinigungswerkzeug für den Moment und beim Blick auf die vollkommen zerstörte Parkanlage vor der Haustür einer notwendigen Stütze. "Der Tornado hat das Herz der Stadt getroffen", sagte Bürgermeister Michael Dreier später. Doch wie groß und stark das Herz der Paderborner trotzdem noch war, zeigte sich schnell. Noch am Abend nach der Windhose kamen Nachbarschaften und Menschen aus den betroffenen Quartieren zusammen, um einander zu helfen. Am darauf folgenden Tag und der Woche nach dem Tornado waren unzählige tatkräftige Helfer unterwegs. Dachdeckerfirmen aus dem Kreisgebiet und darüber hinaus erledigten Notreparaturen in luftiger Höhe. Freiwillige unterstützen die Hausbesitzer und Bewohner beim Aufräumen der Trümmerteile. Aus der Feldmark bei Benhausen mussten Dämmmaterialien und Trümmerteile der im Dörener Feld schwerst beschädigten Gewerbebauten aus den Äckern gesucht werden. Lange Nachwirkungen beim Baumbestand Negativ in Erinnerung bleiben werden wohl die Meldungen über Schaulustige, die sich nicht an Absperrungen hielten und sogar Einsatzkräfte behinderten. Immerhin bestätigten sich Meldungen über Plünderungen letztlich nicht. Lange sichtbar bleiben werden die Tornado-Nachwirkungen besonders im Riemekepark, Paderquellgebiet und Geißelschen Garten, wo neue Bäume noch lange Zeit brauchen, bis sie an die Größe der zerstörten Riesen heranreichen werden.

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