Ein Original verlässt den Paderborner Weihnachtsmarkt

Paderborn. Ein bekanntes Gesicht werden die Paderbornerinnen und Paderborner auf dem Weihnachtsmarkt in diesem Jahr ein letztes Mal sehen: Hartmut Nessel wird seinen Glühweinausschank am Marienplatz "Nessels Gute Stube" zum Ende des Jahres aufgeben. So ganz geht er aber dann doch noch nicht. Er liebt den Kontakt zu den Besuchern, die meisten seien Stammkunden. "Aber irgendwann muss mal Schluss sein", sagt Nessel. Von morgens bis zum späten Abend steht er während des Weihnachtsmarktes täglich hinter dem Tresen, verkauft Glühwein, Punsch und heiße Schokolade. An Heiligabend wird er 65 Jahre alt, ab dem nächsten Jahr soll es für ihn beruflich dann ein wenig ruhiger zugehen: mal wieder länger Urlaub machen, den Garten umgestalten. Seit 17 Jahren betreibt die Familie den Stand auf dem Paderborner Weihnachtsmarkt. Zur "Guten Stube" baute er die Hütte vor elf Jahren aus. Seitdem bietet sie Platz für rund 100 Gäste. Verkaufstheke, Bartresen und Sitzbänke sorgen dafür, "dass die Gäste sich wohlfühlen, weil sie nicht an einer Bude draußen in der Kälte stehen müssen", erläutert Nessel das Konzept. Uriges Ambiente in der Glühwein-Hütte Zur urigen Atmosphäre tragen die rustikalen Holzelemente und die über die Jahre liebevoll zusammengetragene Dekoration bei. Es sind Erinnerungsstücke, zu jedem kann Nessel eine Geschichte erzählen: ein Foto vom früheren SCP-Trainer Steffen Baumgart etwa, der hier in der Hütte mal für den guten Zweck Glühwein ausschenkte, oder die Krone des amtierenden Paderborner Schützenkönigs, die jetzt weihnachtlich dekoriert unter der Decke hängt. Eine Woche dauert es, die Hütte komplett aufzubauen, erzählt Nessel, die Geräte zu reinigen, Leitungen zu verlegen, alles anzuschließen, zu dekorieren. Mit den ersten Tagen ist er zufrieden. Zum Auftakt am Freitag hatte es zwar noch geregnet, aber am Samstag herrschten dann perfekte Weihnachtsmarktbedingungen: knackig kalt, aber trocken. "Es war richtig voll, man merkte, dass die Menschen wieder Lust auf einen ganz normalen Weihnachtsmarkt haben." Die zwei Pandemie-Jahren waren hart, aber er habe in dieser Zeit auch viel Hilfsbereitschaft erlebt, sagt Nessel. Angefangen hat der Schausteller schon mit 18 Jahren: mit einem Hotdog-Stand auf einem Supermarkt-Parkplatz. "Sonntags hatte ich dann nichts zu tun und kam auf die Idee, Eis zu verkaufen", erzählt er. Premiere für die Eismaschine war das Schützenfest in Schwaney. Im nächsten Jahr schon brachte er ein Kinderkarussell mit. So wuchs der Bestand des Schaustellers mit der Zeit auf mehrere Softeiswagen und Karussells. Die Softeiswagen bleiben Auf allen bekannten Festen in der Region war Nessel fortan vertreten: Libori und Weihnachtsmarkt, Herbstlibori und Katharinenmarkt. Unterstützt wurde er dabei stets von seiner Frau Gaby, die eigentlich im Hotel Arosa arbeitet, aber in jeder freien Minute hilft. "Ich habe großes Glück, eine so tolle Frau geheiratet zu haben, die das alles mitmacht", sagt Nessel. Weil sie einige Jahre jünger ist, gibt es noch keinen gemeinsamen Ruhestand. Und so ganz aufhören will auch Nessel noch nicht. Zumindest die Softeiswagen - einer davon stand zuletzt am Gut Lippesee und brachte ihn quasi durch die Lockdown-Zeit - möchte er weiter betreiben, aber insgesamt etwas kürzer treten. Das historische Pferdekarussell, das er über Jahre aufwendig restauriert hat, hat er bereits vor einiger Zeit an Tino Noack verkauft - "schweren Herzens, aber ich weiß es in guten Händen". Noack ist es auch, der die Glühweinhütte übernehmen wird. Den Paderborner Weihnachtsmarktbesuchern bleibt der beliebte Stand also erhalten. "Sicherlich werde ich auch künftig ab und zu vorbeischauen", glaubt Nessel, dass er es noch nicht vollständig lassen kann mit der Arbeit. Er ist froh, dass er zum Abschied noch einmal auf einen guten, normalen Weihnachtsmarkt hoffen kann. Und freut sich auf den Heiligabend: Dann wird er zum 65. Geburtstag mit einer Tasse Glühwein anstoßen. "Das ist so Tradition. Während der Arbeit rühre ich keinen Schluck Alkohol an."

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