Hitzige Diskussion um iPad-Einführung an Paderborner Schulen

Paderborn. Spätestens die Pandemie hat vor Augen geführt, wie wichtig digitale Unterrichtsmittel in der Schule sind. Distanzlernen ist nur ein Aspekt in einer Reihe von Einsatzmöglichkeiten und Digitalisierung schon heute an vielen Stellen ein Teil des Lernalltags. Dazu zählt auch die Ausstattung der Schülerinnen und Schüler mit iPads. An einigen weiterführenden Schulen in Paderborn lief die Anschaffung der Geräte dabei über die Eltern. Ganz aktuell am Pelizaeus-Gymnasium. Dahinter steckt jedoch ein grundsätzliches Dilemma, erst recht angesichts rundum stark steigender Lebenshaltungskosten: Das Land NRW möchte die Digitalisierung der Schulen, finanziert sie aber bisher nicht. Für die Stadt Paderborn als Schulträger zählen die Tablets nicht zu Lernmitteln, weshalb sie nicht verpflichtet ist, die Geräte flächendeckend zu stellen. Und gezwungen werden können die Eltern auch nicht. "Was sollen wir da tun", sagte Peter Lütke Westhues, Leiter des Pelizaeus-Gymnasiums. Es gehe nur mit einer Einführung ohne Zwang. Die Schulpflegschaft des Gymnasiums befürwortet das Anschaffungs- und Finanzierungsmodell durch die Eltern und es gibt einen einstimmigen Beschluss der Schulkonferenz. "Die Schulgemeinde steht hinter diesem Konzept", sagte Lütke Westhues. Hierüber wurden die Eltern der aktuell betroffenen Stufen 7 und 9 informiert, in denen die iPads eingeführt werden. Die pädagogischen Konzepte sollen bis zum Beginn des zweiten Schulhalbjahres fertig sein. Wie Lütke Westhues in einem Elternbrief schreibt, sei das Pele bewusst das letzte städtisches Gymnasium, an dem die Schülerinnen und Schüler mit elternfinanzierten mobilen Endgeräten ausstattet werden: "Wir haben bewusst gewartet, um aus den Erfahrungen der anderen Gymnasien zu lernen." Post für den Petitionsausschuss Die Apple-Tablets der neunten Generation kosten in der Basisausstattung rund 400 Euro - ohne den vorgeschriebenen Pencil oder sinnvolles Equipment wie einer Schutzhülle. Für Eltern, die den Betrag nicht auf einmal zahlen können, besteht die Möglichkeit zu einer Finanzierung über 36 Monate. Auch der Förderverein habe sich des Themas angenommen, sagte Lütke Westhues. Sollte auch dies aufgrund von Bedürftigkeit problematisch sein, so besteht die Möglichkeit eines 50-Prozent-Zuschusses. Die Monatsraten betrügen dann 5 Euro. Zudem gebe es an der Schule einige Restgeräte vom Digitalpakt Schule, die leihweise gestellt werden könnten. Ein Vater sowie eine Mutter kritisieren die Kosten und die private Anschaffung. "Ich kann nicht erkennen, dass dieses Konzept soziale Härtefälle nicht im Blick hat und entsprechend reagiert", so der Pelizaeus-Leiter. Eltern haben auch die Möglichkeit, ein vorhandenes iPad (mindestens achte Generation) zu nutzen. In diesem Fall muss jedoch noch das für den Einsatz notwendige Managementsystem installiert werden. Lesen Sie auch: 6.400 Tablets für Schüler und Lehrer: Stadt Paderborn fördert Digitalisierung Außerdem wird von den beiden Elternparteien der Einsatz von Microsoft Teams hinterfragt. Der bereits erwähnte Vater hatte hierzu schon den Petitionsausschuss des Landtags und das Landesamt für Datenschutz angeschrieben. Der Ausschuss rief jedoch beide Parteien nur auf, miteinander zu sprechen. Mittlerweile gibt es ein Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe zum Datenschutz unter anderem an Bildungseinrichtungen. Demnach können öffentliche Auftraggeber, also auch Schulen und Schulträger, darauf vertrauen, wenn ihnen IT-Anbieter wie Microsoft Datenschutz-Kompatibilität zusichern. Im Besitz der Stadt sind 6.800 Geräte "Wir nehmen den Datenschutz sehr ernst", sagte Lütke Westhues. Eine ausführliche Stellungnahme wurde an die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit verschickt, die Details abgefragt hatte. Diese wurde mit Unterstützung der Lernstatt für die Stadt Paderborn als Schulträger, dem Datenschutzbeauftragten und der Rechtsabteilung der Bezirksregierung verfasst. Wie Lütke Westhues sagte, dürfte die Entscheidung Mustercharakter besitzen. Für die circa 16.500 Schüler in Paderborn stehen laut Auskunft von Jens Reinhardt, Sprecher der Stadt Paderborn, in den Grund- und weiterführenden Schulen in städtischer Trägerschaft etwa 6.800 iPads zur Verfügung. Davon seien circa 3.000 Tablets aus der Sofortausstattung zum Ausgleich sozialer Ungleichgewichte finanziert worden. Ob sich über den angekündigten Digitalpakt 2.0 weitere Fördermöglichkeiten ergäben, bleibe abzuwarten. "Darüber hinaus werden an einigen weiterführenden Schulen in eigener Verantwortung in bestimmten Jahrgangsstufen oder Klassen elternfinanzierte Geräte eingesetzt", so Reinhardt. Am Gymnasium Schloß Neuhaus wurde im vergangenen Schuljahr zunächst die halbe Stufe 7 mit iPads ausgestattet, in diesem Jahr sei es die komplette 7. "In der Oberstufe bringen viele Schüler ihre privaten Endgeräte mit", sagte Schulleiterin Eva Sprenger. Bis zum Beginn des kommenden Schuljahres werde ein Konzept für den Einsatz der Geräte in der Oberstufe erarbeitet und wie in den Lückenjahrgängen - der dann halben 9 und der 10 - vorgegangen werde. Sollten Eltern die Anschaffung finanziell nicht stemmen können, unterstütze der Förderverein der Schule. iPads ganz bewusst nur in der Oberstufe Schon jetzt habe eine Arbeitsgruppe einen Medien-Knigge für den Umgang mit den Geräten erstellt, der fortlaufend aktualisiert werde. Komplett digital wird am GSN aber auch in Zukunft nicht gearbeitet, wo ebenfalls komplett auf Microsoft Teams als Grundplattform gesetzt wird. Damit gebe es auch "keine Probleme" so Sprenger. Als während der Corona-Zeit ausschließlich One Note genutzt wurde, hätten sich etwa bei der Handschrift die Grenzen des rein digitalen Arbeitens gezeigt. Richtig deutlich wurde dies, als vor einem Jahr die erste Stufe 7 iPads bekam. Deshalb werde teilweise bewusst auf Papier geschrieben. Am Goerdeler-Gymnasium werden die iPads dagegen nur in der Oberstufe eingesetzt. Dies sei in der Schulkonferenz gemeinsam mit Eltern und Schülern bewusst entschieden worden, sagte Schulleiterin Manuela Ziemer. Die älteren Schüler hätten - auch durch die iPad-Koffer in der Schule - bereits ein gewisses Vorwissen. Zudem gebe es einen iPad-Knigge. In der Unter- und Mittelstufe habe die Vollausstattung aus Goerdeler-Sicht dagegen "keinen Sinn". Mit diesem Vorgehen habe die Schule "gute Erfahrungen gemacht", so Ziemer. Grundsätzlich läuft die Anschaffung der Geräte auch am Goerdeler über die Eltern. Es könnten aber auch adäquate Geräte genutzt werden, die sich bereits im Besitz der Familien befinden. Ebenfalls in einigen Fällen stelle die Schule Leihgeräte. Gestartet wurde mit der EF zum Schuljahr 2021/22. "Die iPads werden in allen Fächern genutzt", sagte Ziemer. Für die Anwendungen sei das Kollegium extern und intern geschult. Um zu erfahren, wo es läuft und wo es Probleme gibt, wurde das erste Jahr nach der Einführung durch eine Arbeitsgruppe aus Lehrern, Schülern und Eltern begleitet. Dies habe auch die Akzeptanz erhöht, so Ziemer. Eine von Lehrkräften geleitete digitale Sprechstunde hilft dabei, alle mitzunehmen: Damit Lehrer wie auch Schüler das digitale Potenzial bestmöglich nutzen.

Meistgelesen